Jüngste Blüte der Theaterszene sprießt in der Kleingartenanlage

„Roland, schau einfach demonstrativ weg nach links! Was die Mädels da gerade zu bequatschen haben, interessiert dich überhaupt nicht.“ Barbara Semeras, Julia Semeras, Margit Altheim und Roland Ruppel sind bemüht, die Anweisungen von Theaterchefin Anna Altheim (v. l.) möglichst rasch zu verinnerlichen. Foto: Bachfischer

Oberursel (ach). Die Besitzerin eines Esoterikladens kommt beim Besuch in der Anlage des Kleingartenvereins Concordia ins Schwärmen: „Schön haben Sie es hier draußen, ein richtiges Idyll. Da kann man so richtig entspannen.“ Doch der Vorsitzende holt sie zurück auf den Boden der Realität: „Könnte man, könnte man, wenn da nicht ein gewisser Gartennachbar wäre ...“

Der Traum von Schönheit und Harmonie zwischen Öko-Radieschen und Gartenzwerg, frischem Zwetschgenkuchen zum Kaffee und guten Freunden im blitzsauberen Gartenland entpuppt sich bisweilen als Alptraum, wenn ein Kleingärtnerkamerad den Vorschriften der Satzung nicht die gebotene Beachtung schenkt, seine Kohlrabis nicht in gerader Linie wachsen lässt, gar ganz andere Dinge zum Sprießen bringt oder sich in den Verdacht begibt, sittliche und moralische Normen der alteingesessenen Gemeinschaft zu missachten. Ob die Polizei da jeden Konflikt schlichten kann? Oder will? Es kann schon passieren, dass der Vorstand die Dinge selbst glaubt, in die Hand nehmen zu müssen. Und dann kann es auch passieren, dass bodenständige Tomatenzüchter und Birnenpflücker sich in geheimnisvolle Sphären versteigen, die ihnen schließlich selbst unheimlich werden.

Bekannte Gesichter im Szenenwechsel

Das ist der Stoff, aus dem Anna Altheim das Stück gestrickt hat, mit dem sich der Theaterverein Szenenwechsel in diesem Jahr erstmals dem Publikum präsentiert. Auch wenn der Verein neu ist, sind die Spieler in Oberursel und Umgebung keine Unbekannten. Elf Jahre lang standen sie mit der Neuen Bühne Oberursel, einer freien Theatergruppe unter der Leitung von Christel Popadiuk auf der Bühne, sorgten für vergnügliche Stunden im Hof der Äppelwoi-Straußwirtschaft Alt Orschel am Marktplatz, verzauberten Kinder und Erwachsene mit Grimm’schen Märchen in der Kunstbühne Portstraße, traten in der Taunushalle auf, pflegten die Verbindung von Speise- und Theaterkultur beim Theater-Dinner im Mövenpick- und Rilano-Hotel, erinnerten in bewegender Weise 2008 zum 500. Geburtstag der „Maria Crafft“ mit dem traditionsreichen Heimatspiel an die Rettung der Glocke und die Geschichte der Stadt im Dreißigjährigen Krieg und gaben Gastspiele in Kronberg, Bad Soden und Frankfurt.

Als sich Christel Popadiuk im Frühjahr 2019 aus persönlichen Gründen aus dem Theaterleben zurückzog, war es für die Mitglieder keine Frage, dass sie weitermachen wollen. Im Juli wurden der Verein Szenenwechsel gegründet und Anna Altheim als Vorsitzende gewählt. Sie blickt auf eine lange Erfahrung als Darstellerin in unterschiedlichsten Ensembles zurück, ist Mitglied im Vorstand der Volksbühne Bad Homburg, für die sie auch auf der Bühne steht und Regie führt. Nun hat sie mit dem Textbuch zu „Alles was recht ist“ ihr Erstlingswerk als Bühnenautorin verfasst. Als Regisseurin wird sie unterstützt von Regieassistentin Julia Semeras, die zugleich in der Kleingärtnerkomödie eine recht zwielichtige Rolle spielt. Außerdem in Aktion zu erleben sind Ulf Brossmann, Roland Ruppel, Barbara Semeras, Beppo Bachfischer, Margit Altheim, Thomas Sterzel, Lindi Schmidt-Haas und Alia Kidess.

Wie Anna Altheim auf das Kleingärtner-Thema gekommen ist? „Wenn ich das selber wüsste“, sagt sie. „Natürlich lese ich sehr viele Stücke, und irgendwann gingen mir die Kleingärtner nicht mehr aus dem Kopf. Dabei hab ich selbst nichts mit Kleingarten zu tun. Alle Ähnlichkeiten mit wahren Ereignissen, Vorkommnissen oder Konstellationen sind daher rein zufällig. Ich betone das deshalb, weil viele, die das Textbuch in die Finger bekommen haben, sagen: Genau so ist es bei uns.“

Schon das erste Stück, für das sich das Ensemble auf neuer Basis wieder zusammengefunden hat, macht deutlich, dass Aufgaben neu und auf breiterer Basis verteilt werden. Ideen von Ensemblemitgliedern fließen in neue Stücke ein, Altheim beteiligt Darsteller an der Regiearbeit. Bühnenbild, Requisiten, Kostüme, Frisuren und Schminken sowie Musik und Tontechnik liegen in mehreren Händen. „Wir freuen uns über neue Leute, die Freude an der Theaterarbeit in ihren unterschiedlichsten Facetten vor und hinter den Kulissen haben oder sie bei uns kennenlernen möchten“, sagt die Chefin. Natürlich sind die Aufgaben für „Alles was recht ist“ weitgehend verteilt, „aber Verstärkung können wir immer gut gebrauchen“, unterstreicht Altheim. Wer mehr über den Theaterverein „Szenenwechsel“ erfahren möchte, erreicht Anna Altheim unter Telefon 0176-34650493 oder per E-Mail an info[at]szenenwechsel[dot]net. Geprobt wird derzeit donnerstags ab 19 Uhr und samstags ab 11 Uhr in der Kursana Villa am Epinay-Platz.

Auch wenn der Szenenwechsel ein Oberurseler Verein ist, wollte es das Schicksal, dass die Premiere von „Alles was recht ist“ aus Termingründen bereits am Samstag, 25. April, in Liederbach stattfindet. Nach Oberursel kommt die Komödie am Freitag, 8., und Samstag, 9. Mai, wenn das Rilano Hotel, Zimmersmühlenweg 35, jeweils voraussichtlich ab 19 Uhr zum Theaterdinner lädt. Nähere Infos und Kartenreservierung im Rilano Hotel, Telefon 06171-5000. Freunde des Ensembles und der Äppelwoi-Straußwirtschaft Alt Orschel wird es freuen, dass Szenenwechsel am Donnerstag, 9., Freitag, 10., und Samstag, 11. Juli. im Hof der Familie Steden am Marktplatz an alte Zeiten anknüpft. Hoföffnung mit Bewirtung ist an allen drei Tagen um 18 Uhr, Vorstellungsbeginn gegen 19.30 Uhr. Karten sind im Ticketshop Oberursel, Kumeliusstraße 8, unter der Hotline 069-1340400 oder im Internet unter www.frankfurt-ticket.de erhältlich.



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