Von einem, der mit der Kamera in die Ukraine zog

„Krieg ist doof, er hat immer den Tod im Gepäck.“ Thomas Römbke hat in der Ost-Ukraine Menschen und ihr Überleben fotografiert – das, „was übrig bleibt“. Foto: sura

Oberursel (aks). Seine siebentägige Reise in die Ostukraine sei nicht zur Nachahmung empfohlen, so beginnt Thomas Römbke, Fotograf aus Leverkusen, das Interview. Er habe viel „Schlimmes“ gesehen, aber längst nicht alles fotografiert, das gebiete der Anstand. Die Fotos, die er im Kulturcafé Windrose ausstellt, machen sprachlos.

Die ersten Fotos: Eine komplett zerstörte Siedlung von Hochhäusern, niemand wohnt mehr hier. Römbke erklärt, dass es sich hier nicht „um ein paar zerschossene Häuser handelt, sondern um eine Distanz von 80 Kilometer, die vom russischen Aggressor planiert, das heißt: so lange aus der Luft beschossen wurde, bis kein Stein mehr auf dem anderen ist. Die schlichten Holzkreuze von Izum, wo 450 Ukrainer, auch Frauen und Kinder, im dortigen „Polizeigefängnis“ ermordet und anschließend im Wald verscharrt wurden, zeugen vom Tod, die russischen Grausamkeiten, die dazu führten, erspart er den Gästen im Kulturcafé.

Und doch leben dort Menschen. Thomas Römbke hält ihre Porträts auf den Schwarz-Weiß-Fotografien fest. Den Zuschauer berühren die Schicksale von Menschen wie Vasily und Arthur, die in dieser fast menschenleeren Kriegswüste versuchen, zu überleben. Der Armenier Arthur hatte sich in der Ukraine ein neues Zuhause aufgebaut. Jetzt ist sein Lebenswerk zerstört. Mit 72 Jahren sei er zu alt, er habe keine Kraft mehr, zu fliehen. Vasily besaß einst eine beeindruckende Sammlung von Schallplatten der „Beatles“, jetzt hat er nichts mehr. Thomas Römpke will helfen: „Ich möchte, dass die Leute was zu essen haben und Wasser“. Und für den „Beatles“-Fan hat er ein besonderes Geschenk: eine „Beatles“-Sammlung aus Deutschland mit einem Notstromaggregat, damit er die Musik auch hören kann.

Der Fotograf möchte auch helfen, indem er seine Fotos in der Öffentlichkeit ausstellt: „Leute, guckt mal hin, so ist das wirklich.“ Eindrücklich sind seine Fotos eines fast zerstörten Krankenhauses, die Kantine ist komplett steril ohne ein einziges Lebensmittel. Der Hunger werde mit dem gestillt, was gerade an Konserven verfügbar ist und was in den Gärten wächst – oder auch nicht. Der russische Beschuss auf Hilfstransporte und Krankenhäuser, obwohl gegen das Völkerrecht, verschärfe den Überlebenskampf. Dabei gebe es so viel mehr Unrecht und Leid, von dem berichtet werden müsste: So werde die aufopfernde Arbeit der Feldärzte nirgends gezeigt. Römpke betont, dass seine Arbeit nicht politisch motiviert sei, sondern der Menschlichkeit verpflichtet.

Er hat mit eigenen Augen gesehen und mit seiner Kamera festgehalten, wie Menschen leben müssen, die überfallen wurden, ihre Liebsten und ihr Heim verloren haben. Das Jammern der Wohlstandsgesellschaft hier sei für ihn schwer erträglich, den Blick zu erweitern und mehr Empathie zu zeigen wäre dagegen hilfreich. Sein Appell ist deshalb klar und deutlich: „Die Ukraine kämpft für uns, lassen wir die Menschen dort nicht im Stich!“



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