Kein Regentanz zum Rhythmus der Trommeln

Heimspiel: Die bunte Truppe „ImPuls“ um Trommelmeister Baye Cheikh Natala Mbaye (Mitte) bringt die Leute im Afrika-Dorf zum Mittanzen. Foto: js

Oberursel (js). Immer wieder sind es Trommeln, die den Takt vorgeben an diesem heißen Wochenende. So ist das traditionell beim Afrika-Festival, mit dem stets das Finale des „Orscheler Sommer“ eingeleitet wird. Nach Corona-Zwängen im vergangenen Jahr durfte es bei der achten Auflage nun wieder im Rushmoor-Park an der Christuskirche gefeiert werden.

Die Wiese unterhalb der Kirche zwischen Weiher, Urselbach und Schulzentrum erinnert im aktuellen Zustand an die afrikanische Savanne. Kein grüner Grashalm mehr, nur gelbbraunes Steppengras, gesprenkelt von frühzeitig verdorrtem Laub. Auf der Händlermeile im improvisierten Runddorf ist der Boden ausgetrocknet, die Erde dürstet. Die bunten Farben vor den Verkaufszelten, all die Waren vom afrikanischen Kontinent, Kunst und Klamotten, Stoffe und Taschen, Schmuck und viel Kunsthandwerk, bieten einen schönen Kon trast, der im ersten Frühabendlicht vor allem für angenehme Weichzeichnung sorgt.

Und immer wieder die Trommeln. Die Macher des „Orscheler Sommer“, also vor allem der Verein „Kunstgriff“, hatten es versprochen. Die Gruppe „ImPuls“ werde endgültig den Pandemie-Blues vertreiben und die Sonne wieder ins Leben locken. Ist ja schließlich ein Heimspiel für die bunte Truppe, die mit viel Begeisterung bei der Sache ist. Hervorgegangen aus einem Afro-Drumming-Kurs der Volkshochschule und inzwischen in wechselnder Besetzung ein gesetzter Programmpunkt. Vorne dirigiert der aus Senegal stammende Frontmann Trommel-Combo und Publikum, bei dem um die Nachmittagszeit allerdings das Sitzfleisch im Camping- oder Liegestuhl schwerer wiegt als die Lust am Tanz und der Drang nach vorne vor die Bühne. Das ändert sich am ersten Abend des zweitägigen Festivals erst bei Einbruch der Dunkelheit und mit der Musik von „Abbas & Band“. Und am Sonntagabend getreu dem Motto „Das Beste kommt zum Schluss“ mit Reggae-Klängen, die fast jeden in der Rushmoor-Savanne in Bewegung bringen. Die Trommeln verstummen nur selten, auch nicht beim Glockenschlag vom Turm der benachbarten Christuskirche. Eine feine Klangmischung ergibt das für die Ohren, wenn man den Sound mag. Egal, ob er von der Bühne kommt oder aus dem Zelt mit seinem Vorplatz, wo jedermann und jedefrau darauf spielen und sie natürlich auch kaufen kann. Gibt’s auch in gaaanz klein für den jüngsten Nachwuchs, der mit reichlich Begeisterung dabei ist. Ein Hauch von Afrika soll durch den Klang und den Geruch der afrikanischen Küche durch den „Orscheler Kral“ wehen, wie der „Kunstgriff“ im Programmheft die Festival-Location nennt. Man kennt sich, viele Handlungsreisende aus Afrika und auch einige der Musiker sind nicht zum ersten Mal dabei, einige Hilfsorganisationen, die für Projekte in Afrika werben, sind Stammgäste.

Alles in bester Ordnung eben. „Hakuna Matata“, wie es in der afrikanischen Sprache Swahili heißt. An einem Stand gibt es als krönenden Abschluss auf der knappen Speisekarte den „Hakuna Matata Teller“ für 14 Euro, mit allem, was die afrikanische Küche hier zu bieten hat. Dazu einen 2019er Sauvignon Blanc, aus Südafrika-Direktimport von Gabriele Bildhauer und ihrem Mann, die bei direktem Weiterverkauf einen „Kennenlernpreis“ mit zehn Prozent Rabatt bieten. Der „Azania“ mit Aromen von gelben Stachelbeeren und Passionsfrucht am Gaumen bei „langem Abgang“ hat besonders gut gefallen. Kein Wunder, Azania bedeutet „Ort der Geburt“.

Die Trommeln verstummen früher als sonst. Ein Feuer, um das man sonst bis spät in die Nacht sitzt und leiser werdenden Klängen lauscht, gibt es in diesen trockenen Zeiten aus Sicherheitsgründen nicht. Dabei wäre ein gemeinsamer Regentanz doch angesagt, die schon am Spätnachmittag auftauchenden dunklen Wolken am Himmel bringen kein Geschenk für die trockene Erde mit. Ein schönes Geschenk aber der Reggae zum Abschied des Afrika-Festivals 2022.

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