Lesermeinung

Veröffentlichungen in dieser Spalte geben die Meinung des Einsenders wieder. Zuschriften ohne genaue Angaben des Namens und der Anschrift bleiben unbeachtet. Leserbriefe verhetzenden oder rein ideologisch-polemisierenden Inhalts werden nicht oder nur so gekürzt veröffentlicht, dass das Pressegesetz nicht verletzt wird. Die Redaktion behält sich grundsätzlich Kürzungen vor.

Unser Leser Werner Vogt aus Oberursel meint zum städtischen Haushalt 2023:

Die Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B von 750 auf 947 Prozentpunkte (+26,3%) ist seit der Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstag für Oberursel beschlossene Sache.

Ob die in der Sitzung vorgerechneten 8,76 Euro pro Monat für eine beispielhafte 80-Quadratmeter-Mietwohnung als akzeptabel oder unangemessen hoch empfunden werden, kann der Bürger selbst entscheiden. Manchem Niedrigverdiener wird diese Mehrbelastung jedoch ebenso ein Loch ins knappe Budget reißen wie dem Rentner im eigenen Häuschen, wenn schnell mal 200 Euro und mehr jährlich aufzubringen sind.

Bei der Debatte um einen ausgeglichenen Haushalt 2023 konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Mehrheit im Parlament den scheinbar einfacheren Weg gehen möchte und nicht versucht, die Ausgabenseite deutlich und damit auch mit schmerzhaften Maßnahmen zu reduzieren, sondern lieber die Einnahmeseite über den Hebesatz erhöht. Die Anhebung auf „nur“ 947 Prozentpunkte – statt auf die ursprünglich vorgesehenen 980 Prozentpunkte – wirken da nur wie ein vorgehaltenes Feigenblatt.

Lernen konnte man vorige Woche, dass die Meinungsverschiedenheiten quer durch fast alle Fraktionen gehen und sie teilweise sogar zerreißen (FDP/ULO) oder aber auch „Kooperationen“ festigen (CDU und Grüne), die jedoch dann wiederum eigene und damit befruchtende Ideen der einzelnen Parteien vermissen lassen. Lernen konnte man auch, dass es zwischen den Partei- und Interessensblöcken wohl auch an Kompromissbereitschaft fehlt und dass man auch im beschaulichen Oberursel diffamiert und unter die Gürtellinie tritt. Und das kann manch Junger schon besser als die Alten!

Die Entscheidung ist also gefallen. Wir, die Bürger, müssen mit der Mehrbelastung im nächsten Jahr leben. Aber was kommt danach? Zum 1. Januar 2025 wird die „neue Grundsteuer“ eingeführt, die sicher nicht niedriger ausfallen wird als die bisherige. Das bringt für Steuerzahler weitere Belastungen. Für die Kommunen wird es hingegen Mehreinnahmen geben, die dann den Oberurseler Haushalt entspannen könnten. Spätestens in diesem Fall wird sich der Stadtkämmerer, Jens Uhlig an seinem Versprechen messen lassen müssen, das er bei der Präsentation seines Haushalts am 10. Oktober abgegeben hat:

„Wenn wir es schaffen, durch Sparanstrengungen, durch bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder unerwartete Gewerbesteuernachzahlungen in einem der nächsten Jahre einen Überschuss zu erzielen, dann werde ich vorschlagen, diesen über eine Senkung der Grundsteuer B an die Bürger zurückzugeben. Das bedeutet natürlich auch, dass dieses Geld nicht für zusätzliche Ausgabenwünsche zur Verfügung steht.“ Nicht zuletzt im Hinblick auf eine Lösung für das Rathaus und die Stadthalle bleibt es interessant, dieses Versprechen im Gedächtnis zu behalten.



X