Doch lieber Kuchen statt Maikäfersuppe

Viel Spaß beim Keschern haben Kinder und Erwachsene während des „Frühlingserwachens“ im Schulwald. Foto: bg

Oberursel (bg). Nach langer Pause hat der Schulwald wieder seine Pforten geöffnet. Im Rahmen der „Waldzeit“ hatte der Förderverein zum „Frühlingserwachen“ in das grüne Unterrichtszimmer am Ende des Altenhöfer Wegs eingeladen und für den Neustart eine Menge an interessanten Angeboten vorbereitet.

Gerade junge Familien zog es mit ihrem Nachwuchs an diesem herrlichen Sonnentag in die Natur, wo jetzt alles grünt und blüht. Sie nutzten die Gelegenheit, das große Gelände mit Waldmuseum, Häschenschule, Apothekergarten, Biotop, Barfußpfad, Wildbienenhotel, Goldgrube, der historischen Säge und dem Tipi zu entdecken. Es wurde für sie ein abenteuerlicher, erlebnisreicher Ausflug.

„Mit allen Sinnen durch die Wiese“, diese Exkursion wurde von Stefanie Franz angeführt, die mit einer Gruppe zur nahe gelegenen Wiese aufbrach. Dort verteilte sie Aufgabenkarten an die Kinder, die eifrig auf Suche gingen und anschließend die unterschiedlichsten Gräser, Blumen und Pflanzen auf weißen Stofftüchern zu Kunstwerken gestalteten. Die gerade Knoblauchrauke, Gänseblümchen, Sauerampfer, sogar Giersch, ein Graus für jeden Gärtner, kann man essen. Für Koreaner ist die alte Kulturpflanze, die schon von den Kelten angebaut wurde, sogar eine Delikatesse. Auch Löwenzahn ist essbar, aber der enthält viele Bitterstoffe.

„Von der gelben Butterblume, auch Hahnenklee genannt, solltet ihr euch besser fernhalten, sie kann Hautausschläge verursachen“, erklärte die Pflanzenexpertin. Im Gepäck hatte sie auch Pflanzenführer und praktische Kinderlupen zum Bestimmen der eingesammelten Gräser, Blüten, Pflanzen und Blätter. Eine Herzensangelegenheit war ihr die Warnung vor dem gefleckten Schierlingskraut. Es gehört zur Familie der Doldenblütler, wächst an feuchten Orten und ist so giftig, das sie es nur mit Handschuhen anfasst. Noch gefährlicher ist das gelbblühende Jakobskreuzkraut, das sich seit einigen Jahren rasant breit macht.

Die spannende Welt der Käfer brachte Johannes Schwed den Kindern nahe. Der Förster ist ein exzellenter Käferexperte und erzählte gleich zu Beginn der Führung viel über den Maikäfer. Dabei unterscheidet man den Feld- vom Waldmaikäfer. Beide Arten benötigen drei bis fünf Jahre von der Eiablage bis zum Schlüpfen der neuen Generation, meist Ende April. Im Hessischen Ried kommt es alle vier Jahr zum Massenausflug der Sumsemänner. Dann schwirren Millionen von ihnen durch den Wald. Nicht nur für ihre Fressfeinde, Vögel, Fledermäuse, Spitzmäuse und Igel sind sie eine willkommene eiweißhaltige Nahrungsquelle. „Auch Menschen können sie essen. Es gibt Rezepte für eine Maikäfersuppe, die in früheren Zeiten in Maikäferjahren gekocht wurde“, informierte der Käferfachmann.

Unter der Anleitung von Alexander Rinken und Jens Gessner standen Kinder auf der dicken Bohle vor dem kleinen Teich, der sich aus frischen Quellen speist. Mit einem Kescher fischten sie nach kleinen Teichbewohnern wie Molchen, kleinen Fischen, Libellen, Larven und Wasserläufern, um sie sich anschließend mit der Becherlupe genauer anzusehen.

Das Projekt wurde bereits im Jahr 1994 ins Leben gerufen, damals noch als „Häschenschule“, Initiator war damals Förster Jörg Schultz. Der Schulwald befindet sich auf städtischem Gelände und ist zehn Hektar groß. Zur Erinnerung an den ehemaligen Revierförster trägt die große Blockhütte, deren Bau er energisch vorangetrieben hat, seinen Namen. Auf dem Gelände steht auch eine „Willy-Hief-Gedächtnis-Bank, die an den beliebten evangelischen Pfarrer der Christuskirche erinnert.

„Unser Schulwald ist ein umweltpädagogischer Lehr- und Lernort“, erklärte stellvertretender Vorsitzende Klaus Witzel. Er war mit einem großen Team den ganzen Tag im Einsatz. Um das leibliche Wohl kümmerten sich auch Helfer vom Seniorentreff, die Würstchen verkauften. Aus Hygienegründen war das großartige Kuchenbüfett – „alles gespendet“, betonte Klaus Witzel – im großen Blockhaus aufgebaut. Der Oberurseler Schulwald hat Vorzeigecharakter und strahlt in die gesamte Region aus. Gegen Mittag wurde die große Gästeschar von Bürgermeisterin Antje Runge begrüßt. Auch ihren Vorgängern ist dieser besondere Erlebnisort mitten im Stadtwald wichtig. Sowohl Hans-Georg Brum, der beim Getränkeausschank im Einsatz war, als auch Gerd Krämer waren erschienen, ebenso wie der amtierende Stadtverordnetenvorsteher Lothar Köhler. „Das ist ja fast eine Bürgermeister-Dienstversammlung“, stellte Antje Runge gut gelaunt fest. „Der Schulwald ist ein besonderer Erlebnisort für alle. Wir müssen die Natur lieben und bewahren. Dazu ist es wichtig, dass schon Kinder sie hier hautnah erleben und kennenlernen können“, betonte sie.

Der Schulwald wurde vor der Pandemie regelmäßig von Grundschulklassen und Betreuungseinrichtungen nicht nur aus Oberursel, sondern auch aus dem Frankfurter Raum besucht. Und war ein beliebter Ort für Kindergeburtstage. In diesem Jahr können in den Sommerferien voraussichtlich wieder Kurse wie „Der Natur auf der Spur“ oder „Spurensucher“ stattfinden. Das Angebot richtet sich an Abenteurer zwischen acht und elf Jahren. Bei den Expeditionen lernen sie viel Wissenswertes über heimische Pflanzen und Tiere, es steht auch das kreative Gestalten mit Naturmaterialien auf dem Programm. Dabei kommen auch Spaß, Spiel und Bewegung nicht zu kurz. Die Kurse werden von Experten, die als Honorarkräfte im Einsatz sind, durchgeführt.

Nähere Informationen rund um den Schulwald gibt es per E-Mail an schulwald[at]oberursel[dot]de.

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