Lina befreit den Achat aus der Geode

Deutsch-Österreichische Freundschaft unter den Mineraliensammlern Peter Thurnwalder und Michael Ochel (v. l.)Foto: mr

Von Maximilian Rogalski

Oberursel. Am Wochenende mobilisierte die Abteilung Mineralogie und Geologie des Vereins für Geschichte und Heimatkunde Mineralien- und Fossilienexperten aus ganz Deutschland und sogar dem Ausland, um den Besuchern ein Erlebnis zu bieten. Auf der 44. Mineralien- und Fossilienbörse fanden sich in der Stadthalle so viele Besucher ein wie vor Corona.

Nachdem die Börse in der Pandemie aus den schwer aufzufindenen Räumen im Erdgeschoss in den großen Saal umziehen musste, will Ausstellungsleiter Sascha Staubach aus Wehrheim die Änderung beibehalten. Die Mineralien und Fossilien im großen Saal zu präsentieren, habe bei Ausstellern und Publikum guten Anklang gefunden, findet er. Allerdings sei die Saalmiete derzeit nicht finanzierbar. Deswegen hofft Staubach auf weitere Vergünstigungen der Stadt. Schließlich locke man Touristen an.

So auch Lina, die sich aus Waldsolms mit ihrer Mutter auf den Weg nach Oberursel gemacht hatte, um funkelnde Steine zu bewundern. Ein Stand hatte es ihr besonders angetan. In der Mitte des großen Saals hatte Michael Dittert aus Wetzlar seinen Geoden-Knacker aufgebaut, um Amethysten, Achate, Rauchquarze und Goethite aus ihrem steinernen Gefängnis zu befreien. Die Geoden aus Marokko und Mexiko waren wie Überraschungseier: Die Kinder wussten vorher nie, welche Mineralien sich in den Steinen befinden. Das Werkzeug hat zudem einen attraktiven Vorteil zu Geoden-Knackern der Konkurrenz, wie Dittert verriet: „Der Geoden-Knacker kann auch von Kindern bedient werden“. Als Lina an der Reihe war, zog sie an einem Hebel und wartete darauf, dass der Stein an einer Stelle aufbrach. Als es laut knackte, offenbarte sich der Kern der Geode. Lina hatte Glück. Ein rostbrauner Achat war eingeschlossen, der seine Farbe vom oxidierten Eisen erhalten hat. Zudem enthielt der Stein Calcitkristalle.

Aussteller Dittert war froh, dass er auf der Börse den Kindern ein Highlight bieten konnte, bot er die Mineralien doch eigentlich nur nebenbei an. In erster Linie präsentierte der Fossiliensammler seine Fundstücke aus dem Sengenthal in der Oberpfalz. Die Fossilien aus dem Jura, der Zeit der Dinosaurier, lockten allerdings eher das erwachsene Publikum an. Durch das gemeinsame Interesse an Fossilien hat er seine Frau kennengelernt, die am Stand ebenfalls Fossilien präsentierte und die Geschichte bestätigen konnte. In einem Steinbruch haben sie sich 2018 zum ersten Mal getroffen. Für den Laien klingt das nicht besonders romantisch, aber für die Fossiliensammler war das wohl anders. Sein erstes Fossil hat Dittert in Zornheim bei Mainz bei Brunnenbohrungen geschenkt bekommen. Sein erstes Mineral hat er in Idar-Oberstein gefunden, das als Zentrum für Edelsteine und Schmuck bekannt ist. Der Ort sei für Kinder, die sich für Mineralien interessierten, zu empfehlen, so Dittert.

Reinhard Schmode aus Rheurdt, der schon zum 15. Mal auf der Börse war, präsentierte auf seinem Stand ebenfalls Fossilien. In seiner Sammlung fanden sich Brachiopoden, Trilobiten, Seeigel, Korallen und verschiedene Muschelarten. Die großen Ammoniten stachen besonders hervor. „Sie können bunt sein. Dann sehen sie fast so aus wie damals, als sie gelebt haben“, erzählte Schmode. Die Ammoniten seien aus Norddeutschland aus einer Tongrube. Sie sind im Ton eingelargert und müssen mit einer Spitzhacke rausgeholt werden. Wenn ein kleines Stück Schale zu sehen ist, schließt man es wieder ein und präpariert den Ton mit einer Luftdruckmeißel. Schmode sammelt Fossilien schon seit 50 Jahren. Seitdem er 1970 sein erstes Fossil entdeckt hat, suchte er in Florida und in der Wüste Arabiens danach. Seit einigen Jahren kauft er auch Fossilien wie Ammoniten, wenn sie gut aussehen und aus dem Tertiär, dem Jura oder der Kreidezeit stammen. Fasziniert ist er von den Formen, vorallem aber davon, dass die Tiere vor Million von Jahren gelebt haben.

Peter Thurnwalder bot keine Fossilien an, sondern Mineralien. Der Österreicher aus Saalfelden hat in Bolivien unter anderem Kassiteriten, Vivianite, Wolframite und Bournoniten entdeckt. Von dort hat er auch eine handgearbeitete Kupfermaske, die eine Inka-Gottheit darstellen soll und Schutz gewährt. Außerdem präsentierte er Schwefelkristalle und Salzkristalle aus der größten Salzwüste der Welt, Uyuni.

Sein Standnachbar Michael Ochel aus Bad Homburg zeigte Halitkristalle, ein Ametystdrusen-Pärchen aus Brasilien und Barit- oder Sandrosen aus dem Norden Tunesiens. Er kennt die Mineralien- und Fossilienbörse schon seit es sie gibt und ist seit 15 Jahren Mineralienhändler. Er besuchte aber auch schon die Mineralienbörse in Sainte-Marie-aux-Mines in Frankreich, bei der über 1000 Händler Mineralien und Schmuck anbieten. An der Börse in Oberursel gefalle ihm, dass dort Schmuck verboten ist. Zudem seien die Preise fair. Zum ersten Mal in Kontakt mit Mineralien kam Ochel, als er mit fünf Jahren seinen ersten Bergkristall fand. Seine Leidenschaft habe er von einem Mineraliensammler übernommen, der im Mietshaus der Eltern gewohnt hat, erzählte er. Jedes Mal, wenn er bei ihm vorbeigekommen sei, um seine Sammlung zu bestaunen, habe er ein kleines Mineral geschenkt bekommen. Später besuchte er mit seinen Eltern das Salzburger Land auf der Suche nach Mineralien.

Mineralien finden Interessierte auch im Taunus, behauptete Börsenleiter Staubach. In Usingen gebe es Kappenquarze, die so heißen, weil man ihnen wie beim Brettspiel „Fang den Hut“ die einzelnen Kappen abnehmen kann. Es gebe viele kleine und alte Berggruben wie die Grube Hannibal in Heftrich, in denen Sammler nach Mineralien suchen. Hobbysammler haben sich im Geschichts- und Heimatverein vor 44 Jahren zusammengeschlossen und gründeten die Mineralien- und Fossilienbörse. „Die Leute wollten ihr Hobby in einer Börse zeigen. Zudem dient die Ausstellung dazu, Kontakt zu anderen Sammlern zu ermöglichen.“

Der Börsenleiter ist zum 15. Mal Aussteller. Seit er vor sechs Jahren die Leitung von Georg Oppermann übernahm, hat er nichts an der Mineralien- und Fossilienbörse verändert. Er hält am Konzept fest, keinen Schmuck und keine Deko zuzulassen. Das sei fast einmalig in Deutschland, sagt er. Je mehr eine Börse Schmuck und Deko anbiete, desto weniger reine Mineralien- und Fossiliensammler kämen. Nur bei reinen Mineralien- und Fossilienbörsen lohne es sich, exotische Waren anzubieten, was Sammler anlockt, die genau diese Ware begehren.

Georg Oppermann, der frühere Börsenleiter findet, dass Staubach seine Sache gut macht. Staubach habe die Börse digital aufgestellt, sodass sie auf der eigenen Webseite und in Fachzeitschriften besser beworben werden kann. Mit zwölf Jahren fand Oppermann in den Alpen seinen ersten Bergkristall. Jetzt präsentiert er seit 43 Jahren seine Berg- und Quarzkristalle sowie fluoreszierende Mineralien.

Staubach bot an seinem Stand Malachite, Chrysokolle, Kupferminerale und Dioptase aus der Republik Kongo an. Aus der Rogerley Mine in England zeigte er UV-Flourite, die nicht nur unter UV-Licht, sondern sogar schon bei Tageslicht hellblau leuchteten. Das Flourit werde exklusiv für den Sammlermarkt produziert, informierte er. Einzigartig sei aber das Wüstenglas aus der lybisch-ägyptischen Wüste. Durch einen Meteoriteneinschlag sei sauberes Quarzgestein aufgeschmolzen und habe das Wüstenglas gebildet. Die Mineralien habe er von der Tochter einer Frau gekauft, die das Glas vor 40 Jahren bei einer Expedition in Nordafrika gesammelt hat. Diese und andere Geschichten erzählten die Aussteller, wenn sie sich die Hintergründe über ihre Fundstücke auf Fragen der Besucher in Erinnerung riefen.

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