Marianne Helfmann erinnert sich an die „dunkle Baracke“

Gewinnerin Marianne Helfmann freut sich über die Glückwünsche von Michael Boldt, Geschäftsführer des Hochtaunus Verlags (links), und von Helmut Hujer vom Geschichtsverein.

Oberursel (ach). Die „dunkle Baracke“ im Steinmühlenweg, wo es nach dem Zweiten Weltkrieg immer Bekleidung „vom Neckermann“ für die Pfarrgemeinde St. Ursula gab, damit sie an Bedürftige verteilt werden konnte, hat Marianne Helfmann noch deutlich vor Augen. Immerhin war sie selbst „um 1948/50“ als Schülerin oft an der Tür dieser Baracke. Als aktives Mitglied der katholischen Jugend von St. Ursula nahm sie Kleider, Hosen und Pullover entgegen. Ein Gedanke daran, dass ihr dieser ehrenamtliche Einsatz 70 Jahre später einen Gewinn beim Stadträtsel des Vereins für Geschichte und Heimatkunde in der Oberurseler Woche einbringen könnte, wäre zu jener Zeit völlig abwegig gewesen.

Als Josef Neckermann mit seiner Familie in Oberursel lebte, konnte niemand etwas mit diesem Namen anfangen, denn der Neckermann-Versand war erst noch im Aufbau. Immerhin gab es seit 1948 bereits die Textil-Gesellschaft Neckermann in Frankfurt. Die Produktion war angelaufen. Vermutlich handelte es sich um Ware zweiter Wahl, die nicht in den Verkauf gelangte, sondern von Josef Neckermann und seiner Familie der Pfarrei St. Ursula gespendet wurde.

„Als ich das Rätsel gelesen habe, war ich sofort wieder in dieser Zeit und habe mich an alles erinnert“, sagt die Gewinnerin Marianne Helfmann bei der Preisübergabe in den Räumen des Hochtaunus Verlags. Sie erzählt, wie sie selbst die Nachkriegszeit als junges Mädchen erlebt hat, erinnert sich, dass eine Neckermann-Tochter in Oberursel geheiratet hat, und berichtet davon, dass sie damals mit ihrer Familie in einer recht geräumigen Wohnung in einem der großen Häuser in der Kumeliusstraße gegenüber dem heutigen Ausgang der Holzweg-Passage gewohnt hat. Was Hemut Hujer, der den Preis im Namen des Geschichtsvereins übergibt, wundert. Denn die Wohnungsknappheit war damals enorm. Frankfurt war zerbombt, Flüchtlinge und Vertriebene strömten in das Rhein-Main-Gebiet, und in Oberursel kam hinzu, dass die Amerikaner Hunderte von Wohnungen für ihre Armeeangehörigen beanspruchten. Nur eines der großen Häuser in der Kumeliusstraße war ihrem Zugriff entzogen, weil es Eigentum eines Schweizer Staatsbürgers war. Es war das Haus, in dem die Gewinnerin damals wohnte. Von dort zog sie zur „dunklen Baracke“, um Bekleidung für St. Ursula abzuholen.

„Das Stadträtsel in der Oberurseler Woche lese ich jeden Monat, aber mitgemacht habe ich nicht, weil ich noch nie etwas gewonnen habe“, erzählt Marianne Helfmann. Doch bei m Neckermann-Rätsel konnte sie nicht widerstehen. Und nach dem prompten Erfolg will sie nicht ausschließen, dass sie ihr Glück nun doch häufiger versucht.



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