Naturdenkmäler in der Allee stehen „bombig“ da

Johannes Wolf kontrolliert den Befall durch den Schwefelsporling im Loch der Eiche und misst die Größe der Stammverletzung.Foto: ach

Oberursel (ach). Die Friedenseiche und die Atlas-Zeder im Park der Adenauerallee sind zwei der insgesamt 94 Naturdenkmäler im Hochtaunuskreis und der elf Naturdenkmäler in Oberursel. Dazu zählen unter anderem (noch) das Lindenbäumchen im Mittelstedter Feld, die 800 Jahre alte Dorf- und Gerichtslinde in Weißkirchen, die Kastanie an der Bommersheimer Kirche oder der Park der Villa Gans.

Da Naturdenkmäler im Hochtaunuskreis durch die Untere Naturschutzbehörde (UNB) betreut werden, erfahren sie eine „Sonderbehandlung“. Die Ausführung der Arbeiten an Naturdenkmälern erfolge ausschließlich über die UNB. Der BSO ist somit in der Adenauerallee zwar für Gestaltung und Pflege des Parks zuständig, allerdings ohne Eiche und Zeder. Wobei jedoch hinsichtlich der Verkehrssicherheit im Park wiederum die Stadt Oberursel in der Pflicht steht – und damit der BSO. Eine enge Zusammenarbeit ist deshalb unerlässlich. Bestehen unterschiedliche Ansichten über die Notwendigkeit von Pflegemaßnahmen, muss eine Einigung gefunden werden. Bestes Beispiel: der Rückschnitt der Krone der Friedenseiche im vorigen Jahr. Die UNB, deren Aufgabe der Schutz der Naturdenkmäler ist, wollte den Schnitt auf das unbedingt Notwendige beschränken, der BSO, der die Sicherheit der Parkbesucher im Blick haben muss, schneidet im Zweifelsfall lieber etwas mehr ab, um zu verhindern, dass durch einen Astbruch jemand zu Schaden kommt. So wurde die Krone der Eiche um etwa 40 Prozent reduziert.

Dennoch sind allen anderslautenden Gerüchten zum Trotz UNB-Leiter Dr. Dr. Dieter Sezer und der in der UNB für den Vordertaunus zuständige Christian Annussek sowie der von der UNB beauftragte Baumsachverständige Johannes Wolf überzeugt, dass sowohl die Eiche als auch die Zeder in der Adenauerallee „bombig“ dastehen, wenn sie auch nicht verschweigen möchten, dass es auch Probleme gibt.

Bei der Eiche ist es insbesondere der Schwefelsporling, der seit einigen Jahren im Herbst aus einem großen Loch im Stamm sprießt. „Dieser Pilz ist nicht unproblematisch“, so Wolf. Es muss eine sehr große Stammverletzung des Baums gewesen sein, durch die der Schwefelsporling, der das Kernholz zersetzt, eindringen konnte. Entscheidend sei jedoch, dass die Restwandstärke durch den Pilz und durch ihn verursachte Braunfäule nicht zu sehr reduziert wird. Das sei bei der Eiche in der Allee nicht der Fall. Auch wenn sie innen hohl sei, sei das Splintholz im Mantel völlig intakt. Darauf komme es an, da sich dort die Versorgungsleitungen des Baums befinden, über die Wasser und Nähstoffe aufgenommen und von den Wurzeln bis hinauf in die dünnsten Zweige transportiert werden. Außerdem sei die Restwandstärke auch entscheidend für die Standfestigkeit eines Baums. Es gebe uralte, dicke Bäume, gerade Eichen, durch die man hindurchgucken könne, denen es aber trotzdem gut gehe. Selbst wenn Äste abbrechen, sei das normal für einen alten Baum, dennoch sei er standfest.

Daran, wie an der gestutzten Krone neue Äste aus den Stümpfen wachsen, werde die Vitalität und Stärke des Baums sichtbar. Würde der Baum an der Krone nachlassen, wäre das ein Zeichen dafür, dass der Pilz das Spindholz mit den Versorgungsleitungen angreift. Doch bei der Friedenseiche sei das Gegenteil der Fall. Der Baum schafft es sogar, das Loch aus der Stammverletzung Jahr für Jahr ein kleines Stück weiter zu schließen, wie mit dem Auge deutlich zu erkennen ist. Es sei durchaus möglich, dass das Loch komplett geschlossen wird und der Schwefelsporling damit abstirbt. Um diesen Prozess zu beobachten, die Entwicklung der Restwandstärke zu verfolgen und damit die weitere Entwicklung des Baums zu begleiten, finden ein- bis zweimal im Jahr Kontrollen durch den Baumsachverständigen statt. Dabei wurde auch festgestellt, dass der Baum trotz der vergangenen trockenen Sommer keine Wasserprbleme habe, obwohl der Riese mit einem Stammumfang von 4,85 Metern an einem heißen Tag im Sommer etwa 3000 Liter Wasser verdunsten dürfte. „Seine Wurzeln gehen in die Tiefe“, sagt Wolf. Als bei der Neugestaltung der Allee vor dem Hessentag die Gräben für die Randsteine zwischen Rasen und Schotterfläche unter der Eiche gegraben wurden – vorsichtig mit der Hand, um keine Wurzeln zu verletzen – seien keine Wurzeln zum Vorschein gekommen.

Ähnliches gelte für die Atlas-Zeder, so Wolf. Er habe sich um deren Gesundheitszustand gesorgt, als er sie zum ersten Mal so relativ transparent gesehen hat, da Zedern in der Regel viel dichter seien. Doch das sei mittlerweile Jahrzehnte her, der Baum habe sich nicht verändert und sei offensichtlich noch gesund. Ein Indiz seien die kräftigen Neutriebe. Auch dass der stolze Baum, dessen Doppelstamm es auf einen Umfang von gut 5,30 Meter bringt, sogar noch mächtiger daherkommt als die Eiche, gern als Kletterbaum genutzt wird und seine ausladenden Äste als Schaukel, dürfte ihm keinen Schaden zufügen. „Holz und Rinde sind hart, da müsste man schon mit Spikes darauf herumlaufen, um ihn zu verletzen.“

Dennoch machen Wolf, Selzer und Annussek kein Geheimnis daraus, dass Trockenheit, Hitze und Beanspruchung den Parkbäumen auch zu schaffen machen. Die Gefahr, dass sich ihr Zustand verschlechtern könnte, bestehe zwar, „aber wir sprechen da nicht von Jahren, sondern von Dekaden“.

Charmantes Ereignis am Rande: Ein Passant, der während des Gesprächstermins durch die Allee ging, blieb stehen, beobachtete die Szene und fragte besorgt: „Ist was mit den Bäumen? Nicht, dass die gefällt werden. Wir Orschler hängen sehr daran.“ Erst als ihm erklärt wurde, dass mit den Bäumen alles in Ordnung sei und über Pflegemaßnahmen gesprochen wird, setzte er seinen Weg beruhigt fort: „Na dann ist’s ja gut.“



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