Neue Stellplatzregeln sollen die Nachverdichtung fördern

Die Zukunft gehört dem Fahrrad. Die neue Stellplatzsatzung sieht daher auch verstärkt Regelungen für die Bereitstellung von Abstellplätzen für Fahrräder vor. Bild: js

Oberursel (js). Eine neue Stellplatzsatzung für das gesamte Stadtgebiet soll Nachverdichtung mit Wohnraum fördern, Investitionshemmungen abbauen und geändertes Mobilitätsverhalten unterstützen. Sonderregelungen, die es bisher schon in der Oberurseler Altstadt gibt, sollen nun auch für die historischen Ortskerne der Stadtteile Stierstadt, Weißkirchen, Bommersheim und Oberstedten eingeführt werden. In der Altstadt im Kern müssen bei Bauprojekten nur halb so viele Parkplätze vorgehalten werden wie im restlichen Stadtgebiet, in den Ortsteilen ist eine Reduktion um 20 Prozent vorgesehen.

Große Worte hat Bürgermeister Hans-Georg Brum für die neue Stellplatzsatzung der Stadt. „Wir gehen voran in eine neue Welt“, so Brum, in eine Welt mit steigenden Baukosten und einem neuen zumindest erwarteten Verhältnis der Menschen zur Mobilität. Die neuen Vorgaben für die Pflicht zum Anbieten von Parkplätzen sollen angesichts der Wohnungsnot zum Abbau der Investitionshemmung potenzieller Investoren beitragen. Denn weniger Stellplätze, ein Kernpunkt der Satzung, bedeuten geringere Baukosten. In differenziert ausgewiesenen Zonen müssen zukünftig bei Neubauprojekten und Erweiterungsmaßnahmen im Bestand weniger Autoparkplätze als bisher angeboten werden. Gleichzeitig müssen mehr Fahrradstellplätze nachgewiesen werden.

Die Politik hat hart gerungen um die Neufassung der Satzung, die nach einigen Änderungen gegenüber der Magistratsvorlage in der jüngsten Sitzung des Stadtparlaments beschlossen wurde. Mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP, während Grüne, Linke und OBG das komplizierte, „von der Koalition weichgespülte“ Konstrukt (Grünen-Sprecherin Christina Herr) ablehnten und die AfD sich nicht festlegen wollte. Die „Verwässerung“, die auch Georg Braun (OBG) beklagte, bezog sich etwa auf die Senkung der ursprünglich angepeilten Ablösesumme von 15 000 Euro für einen nicht bereitgestellten Stellplatz auf 12 500 Euro. Ein Kompromiss, die CDU wäre am liebsten bei den bisherigen 10 000 Euro geblieben. „Wir wollen Nachverdichtung erleichtern und flexiblere Lösungen“, so CDU-Sprecher Michael Reuter, „es wird keine preisgünstigeren Wohnungen geben“, prophezeite indes Georg Braun. Außerdem: „Wer ablöst, darf nicht günstiger fahren als einer, der einen Stellplatz herstellt.“

Dass Ablösebeträge nur dann zu zahlen sind, wenn ein Stellplatz „faktisch nicht hergestellt werden kann“, soll die Satzung sichern. Andere Zauberwörter sind „ÖV-Zonierung, Mobilitätsmanagement, Ersetzungsbefugnis“. Ausgewiesen werden drei Zonen (grün, gelb und rot) im Zusammenhang mit der Erschließung durch öffentlichen Verkehr. Je näher die nächste Haltestelle (S-, U-Bahn, Bus) zum Bauplatz der Zukunft liegt, umso mehr kann die Zahl der Stellplätze gegenüber dem gültigen Tabellenwert reduziert werden. In der grünen „Nahzone“ (maximal 400 Meter zur S-Bahn) um 20 Prozent, in der mittleren „Gelbzone“ um 10 Prozent, in der roten Zone (bis zu 1200 Meter zur S-Bahn, 600 Meter zur U-Bahn, 360 Meter zum Bus) noch um fünf Prozent. Die Ausweisung der Zonen beruht auf wissenschaftlichen Untersuchungen, so Verkehrsplaner Uli Molter. „Je näher eine Haltstelle zum Wohnort gelegen ist, desto stärker werden Bus und Bahn genutzt.“ Entsprechend weniger Stellplätze würden benötigt.

Beim Baustein Mobilitätsmanagement muss der Bauher ein „stimmiges Gesamtkonzept“ vorlegen, wenn er auf reduzierte Stellplatzzahlen hofft. Die nach der Novellierung der Hessischen Bauordnung (HBO) mögliche Ersetzungsbefugnis erlaubt, einen Teil der Stellplätze für Pkw durch Fahrradabstellplätze zu ersetzen. Vier Fahrradplätze ersetzen einen Kfz-Stellplatz. Bei größeren Wohnungen und Wohngebäuden sind zukünftig drei (statt bisher zwei) Fahrradabstellplätze vorgesehen, auch müssen diese gewissen qualitativen Anforderungen genügen. Alle Regelungen der Satzung gelten nur bei Neubau und Erweiterungsbauten, im Bestand ändert sich nichts.



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