Neuer Windrose-Hilferuf: Lernpaten dringend gesucht

Im Windrose-Haus mit Kneipe in der Neutorallee ist der Gastbetrieb ausgesetzt, nur ein kleines Licht brennt im Erdgeschoss. Dort darf nach einem vom Gesundheitsamt genehmigten Hygienekonzept die Schülerhilfe in der Einzelbetreuung arbeiten. Foto: js

Oberursel (js). Gesucht: Ehrenamtliche Lernbegleiter und Schülerhelfer. Dringend benötigt: Menschliche und digitale Unterstützung im Kampf gegen die Bildungskrise, die mit der Corona-Pandemie einhergeht und durch sie verstärkt wurde. Erhofft: Laptops für die Schülerhilfe des Internationalen Vereins Windrose. Und vor allem mehr Menschen, die ihr Wissen, Knowhow und die Bereitschaft zum Helfen einbringen wollen. Der Hilferuf ist nicht neu, er klingt fast genauso wie im Sommer 2020. Aber die Lage ist noch ernster geworden, viele Schulkinder sind schon heute abgehängt, konstatiert Michael Behrent, Vize-Vorsitzender der Windrose und unermüdlicher Arbeiter im Hinter- und im Vordergrund für die Integration durch mehr Bildungschancen. Vor allem die ohnehin schon durch Herkunft und Lebensverhältnisse benachteiligten Kinder und Jugendlichen hätten schon im ersten Lockdown „massiv gelitten“, nun müsse man von einer „dramatischen Situation“ sprechen.

Die Windrose kämpft mit ihrer Lernbegleitung und Lernförderung seit Jahren haupt- und ehrenamtlich für die Integration durch verbesserte Bildungschancen. Die manchmal an so wenig und doch soviel hängen. Der Schritt in die digitale Schulwelt ist schwer für die meisten, vor allem für die Kinder von Flüchtlingen und Asylbewerbern, sei es durch Sprachbarrieren, prekäre Wohnverhältnisse und einfach fehlende technische Voraussetzungen. Flüchtlingsunterkünfte ohne funktionierendes W-Lan etwa sind noch immer an der Tagesordnung. Im Frühsommer vergangenen Jahres, nach dem ersten öffentlichen Hilferuf, konnten rund 30 Tablets und Laptops übergeben werden, ein erster wichtiger Schritt der Digitalisierungshilfe im Mikrokosmos Schülerhilfe mit ihren einzelnen Gruppen. Um die 50 Kinder sind in der Betreuung, berichtet Harald Schuster, hauptamtlicher Sozialarbeiter und Urgestein der Windrose-Schülerhilfe und der Flüchtlingsfamilienhilfe. „Der Bedarf ist enorm“, sagt Michael Behrent, „wenn wir mehr Lernpaten finden, werden wir erweitern“. Lieber heute als morgen würde er 100 Kinder betreuen. In gestärkter Zusammenarbeit mit der IGS Stierstadt.

Die Ausstattung mit der nötigen Hardware ist die eine Seite. „Wir brauchen dringend weitere Laptops“, heißt es da bei der Windrose. „Einfach her damit“, so Behrent, die knappe Formulierung unterstreicht die Dringlichkeit des Wunsches. Die Festplatten kommen raus, werden „gecrasht“ im vereinsinternen Projekt „Computer-Flickwerk“ und hergerichtet für ein neues „Leben“ in den Händen von Kindern, die zu ersten Schritten im digitalen Distanzunterricht angeleitet werden. Ganz wichtig und daher aktuell im Fokus der Windrose ist die persönliche Betreuung: der Ausbau der Aktivitäten im Bereich Lernbegleitung durch das langfristig angelegte Projekt „Windrose Lernpatenschaften“. Weil technische Ausrüstung in vielen Familien fehlt, weil Computer, Internetzugang, Drucker fehlen. Weil die Eltern in vielen Familien nur über geringes oder kein Wissen zu Schulsystem und Ausbildungswegen verfügen. Eltern ohne Deutschkenntnisse aber können nicht mit Lehrern reden, können ihren Kindern keine Hausaufgaben erklären, sie nicht vor Klassenarbeiten abfragen, keine Aufgabenblätter vorlesen.

Astrid Rasch hat früher im Bankgeschäft gearbeitet, seit fünf Jahren ist sie im Vorruhestand, genauso lang arbeitet sie nun schon ehrenamtlich in Windrose-Projekten mit Grundschülern und älteren Kindern mit Migrationshintergrund. „Vollblut-Glücksmacherin“ nennt Michael Behrent die agile Frau, die Begeisterung in allen Fasern ausstrahlt. Selbst von „Bereicherung ihres Lebens“ spricht, „man lernt auch von den Kindern, das persönliche Feedback von Kindern und deren Familien sei „unglaublich“. Längst ist sie „WhatsApp-Expertin“ und fit in Video-Konferenzen geworden, auch sie lernt dazu, ein Bildungsprozess auf beiden Seiten. Thomas Anton ist Student und Spezialist für die Fächer Physik und Mathe, er steht vom Alter her auf der anderen Seite der Windrose-Wunschliste. Erfahrung und Begeisterung, am besten beides, sollen die neuen Lernpaten mitbringen, auf die der Verein hofft. Es sind Menschen wie Rasch, Anton und die vielen anderen schon engagierten Helfer und Paten, die gesucht werden, um das Projekt Lernpatenschaften voranzubringen. Sie dürfen mehr erwarten als nur Gotteslohn, bei aller Anstrengung berichten sie davon, dass sie die Tätigkeit glücklich macht. Und für Schüler- und Studentenhelfer gibt es noch ein kleines Honorar obendrauf.

Zweimal die Woche mindestens und das möglichst langfristig sollte ein Lernpate schon Zeit haben und zusätzlich an Projektaktivitäten teilnehmen können. Der Verein organisiert regelmäßige Weiterbildungen und Austauschrunden, er ist die Plattform der „nachbarschaftlichen Vernetzung“, die angestrebt wird. Jeder kann reinschauen, kann anderen über die Schulter blicken. Die Projektleitung und Koordination liegt in den Händen der hauptamtlichen Kraft Katharina Lorch-Beddies. Kontakt per E-Mail an Katharina.Lorch[at]Windrose-Oberursel[dot]de und Michael.Behrent[at]Windrose-Oberursel[dot]de.



X