„Zurück zu den alten Marktplätzen“ will die Bürgermeisterin und sieht diese Richtung als erstrebenswerte Vorwärtsbewegung an. Denn die Innenstadt sei nicht mehr nur ein Ort, um Besorgungen zu machen, die Menschen wollten Einkaufen zum Erlebnis machen in einer vielfältigen, lebendigen Umgebung mit Geschäften und Cafés, mit Brunnen und schattenspendenden Bäumen, wo Kinder spielen und Erwachsene sich mit Freunden treffen. „Unsere Städte verändern sich“, so Runge, „wir nutzen den Innenstadtraum anders, eben so, wie früher die alten Marktplätze als Treffpunkt der Menschen genutzt wurden, um miteinander Handel zu treiben, zu feiern und zu kommunizieren.“ Eine höhere Aufenthaltsqualität erfordere jedoch eine attraktive Gestaltung der Bebauung und der Plätze mit dem Ziel einer funktionalen, sicheren Innenstadt mit Wohlfühlcharakter.
Damit komme man zu den häufig beklagten Leerständen von Geschäften in der Innenstadt. Sie seien aber nicht das Ergebnis einer Abwärtsentwicklung. „Oberursel ist keine Stadt der Insolvenzen“, so Runge. Im Gegenteil: Die Leerstände seien „ein Zeichen, dass es vorangeht“. Alte Häuser machten Platz für eine moderne, zeitgemäße Neubebauung mit der Chance, die Umgebung aufzuwerten. Doch bevor Abrissarbeiten beginnen können, müssten Wohnungen und Geschäftsräume geräumt werden. Aus der Vorstadt ist die „Stadtschänke“ in die Stadthalle umgezogen, die inhaberin von „Tienda“ im gleichen Haus verlegt ihre Geschäftsaktivitäten auf Märkte in der Umgebung, damit an dieser Stelle etwas Neues entstehen kann. Der Inhaber des „Present“-Ladens ist in Ruhestand gegangen. Damit kann dieser Bereich zwischen Vorstadt und Stadthalle inklusive des Schotterparkplatzes hinter den Häusern Vorstadt 26 und 28 neu gestaltet werden. „Nach Ostern“ wird laut Stadtplaner Arnold Richter das Haus Vorstadt 26 abgerissen für einen Neubau mit voraussichtlich zwei Geschäften in der Vorstadt und einem Café mit Außenbereich in Richtung Stadthalle „im Schlenker zur Vorstadt“.
Mitte des Jahres sollen die ersten Abrissarbeiten im Bereich der Holzweg-Passage beginnen, um dort Neues zu schaffen. Betroffen sind laut Richter das alte Commerzbankgebäude und die gesamte Zeile hinter der Wohnbebauung am Epinay-Platz. Die Passage soll breiter und mit Pflaster und moderner Beleuchtung gestaltet werden. Insbesondere der gedrungene Hausdurchgang zur Kumeliusstraße soll deutlich aufgewertet werden. „Da lässt sich mit Licht vieles machen“, so Richter. Um den Chopin-Platz vergrößern und attraktiver gestalten zu können, wird die bestehende Tiefgarageneinfahrt entfernt und die neue Einfahrt in die Neubebauung integriert. Im Erdgeschoss sind Gewerbeflächen vorgesehen, darüber Wohnungen. An der Stelle des Commerzbankgebäudes soll eine neue Frei- fläche entstehen, die zusammen mit dem Chopin-Platz gestaltet wird.
Schaufenster im Erdgeschoss, die zum Bummeln einladen, wirkten sich positiv auf die Aufenthaltsqualität aus, so Runge, ein Grund, warum auch in der Holzweg-Passage Läden im Erdgeschoss bevorzugt werden. Unter anderem deshalb sei daran gedacht, eine Fibel für die Gestaltung von Schaufenstern und Fassaden zu erstellen. Allerdings könnten dies keine Vorschriften, sondern allenfalls Anregungen sein.
Bei den bevorstehenden Baumaßnahmen stelle die Zeitschiene eine große Herausforderung dar. Die Stadt versuche, Geschäftsleute und Hauseigentümer zu unterstützen, wenn es um den Abriss alter und die Errichtung neuer Gebäude geht. Die Interessen und Bedürfnisse von Kunden aus der Stadt und von außerhalb, von Anlieferern und Anwohnern müssten koordiniert und unter einen Hut gebracht werden.
Lange Zeit wurde beklagt, dass in der Innenstadt von Oberursel nur relativ kleinteilige Laden- und Gewerbeflächen zur Verfügung stehen, ein großer Fachmarkt als Frequenzbringer deshalb nur schwer anzusiedeln sei. Andererseits wurden große Flächen etwa im früheren „Kaufhaus der Mitte“ im Hochhaus an der Adenauerallee unterteilt oder eine Teilung wird nun bei der Neubelegung von Intersport angedacht. „Diese frühere Konzeption hat sich komplett verändert“, sagt die Bürgermeisterin. „Großmärkte gehören eher an den Stadtrand, die Innenstadt lebt von inhabergeführten Geschäften mit guter Beratung und gutem Service oder von Geschäften, die etwas Besonderes oder ein noch fehlendes Segment anbieten.“ Citymanager Marcus Scholl fallen dabei sofort „Herrenmode und Spielwaren“ ein, was um Elektrogeräte und Unterhaltungselektronik zu ergänzen wäre. Richter erinnert an Malls, die einst in vielen Städten gebaut worden seien und heute großenteils leer stehen. Was Intersport betrifft, führe der Eigentümer seit geraumer Zeit Gespräche mit unterschiedlichen Interessenten. Er bevorzuge eine Belegung der Gesamtfläche durch einen Mieter mit einem Sortiment, das das vorhandene Angebot in Oberursel bereichert. Plan B sei ein Laden im Erdgeschoss und die Belegung durch Büros oder Praxen darüber. Citymanager Scholl unterstütze den Eigentümer aktiv, berate ihn und habe bereits wichtige Kontakte hergestellt.
Ähnliches gelte für den Eigentümer der Aral-Tankstelle. Dort ist die Stadt laut Richter nicht direkt involviert, aber mit dem Eigentümer in Kontakt und habe ihm Unterstützung angeboten.
Eine weiteres Projekt, das wohl ebenfalls schon bald in die Realisierungsphase eintreten wird, ist „Townus“, ein dreiteiliges Büro-Ensemble unterhalb des „Kraftwerks“ in der Frankfurter Landstraße. Innerhalb der kommenden drei Jahre müsse gebaut werden, so Richter. „Gespräche mit guten Mietern“ seien am Laufen, eine Einigung mit einem Ankermieter kurz vor dem Abschluss. Dabei soll es sich um eine Dienststelle des Landes Hessen handeln.