„Orschel is“ … einfach wunderbar

Rückkehr nach Sturm-und-Drang-Zeit in der Ferne: Manfred Ochs (rechts) und seinen Cousin Hans-Josef Ochs hat die Liebe zur Heimat „Orschel“ zurückgespült. Daraus ist ein Lied geworden – und ein Abend im Internationalen Kulturcafé Windrose. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Die Alteingesessenen haben es schon immer gewusst, die Ureinwohner sowieso. Spätestens beim Hessentag 2011 drang der Ruf von der „schönsten Stadt der Welt“ weit über ihre Grenzen hinaus bis zu den tiefsten hessischen Bergdörfern und noch weiter ins Land. Als die Heimat-Hymne „Orschel is …“ in einer denkwürdigen Stunde erstmals erklang, eine Weltpremiere mit lokaler Bedeutung. Das Kulturcafé Windrose hat nun eine neue Fährte zum Heimatglück gelegt.

Ein Heimspiel vor dem Alten Rathaus am Marktplatz mit der Heiligen Ursula auf dem Brunnen im Hintergrund war das in jenen verrückten Hessentagen, als die Stadt sich im Ausnahmezustand befand. Und Bürgermeister „HGB“ schon heimlich die Zeitenwende im „Städtsche“ ausgerufen hat im Rausch des Traums von der neuen Bedeutung der Kleinstadt am Rand der kleinsten Metropole der Welt. Eine Hymne haben sie da geschenkt bekommen, die guten „Orscheler“, wie sie sich gerne selbst nennen, wenn sie sich ihrer Identität versichern. Von „Ochs’n Ochs“, die ihre Kernsätze vom Leben in der wunderbarsten Stadt der Welt natürlich ans Ende des Revivals zwölf Jahre später in der Windrose setzen. Riesenbeifall beim Kammerspiel in der „Royal Alberti Hall“ in der Altstadt, das zum Hessentag auf youtube veröffentlichte Musikvideo „Orschel is …“ habe 4678 Klicks bekommen.

So viele Menschen passen nicht in den neuen städtischen Treffpunkt für alle Gelegenheiten, aber die Hütte ist voll und auch in der Pause ist keiner gegangen, wie Frontmann Manfred Ochs nach der ersten Halbzeit beruhigt feststellt. „Ochs’n Ochs“, die sich an diesem Abend die Ehre auf der kleinen Bühne geben, das sind die beiden Ur-Oberurseler Manfred Ochs und sein Cousin Hans-Josef Ochs, zusammen der lebende Beweis, dass zwei Fast-70er richtig geilen Sound machen können. Der eine (Manfred) hat schon in den späten 70er- und 90er-Jahren als Sänger und Texter zweier lokaler „Kultbands“ die Rampensau gegeben, der andere (Hans-Josef) ist der Mann, der an der Gitarre rockt und swingt, groovigen Jazz zaubert und manchmal auch den Blues hat. Nichts fehlt an diesem schönen Orscheler Abend, vom Bembel-Boogie zum Lob des größten „Stöffsche“ in der hessischen (und Oberurseler) Getränkekultur und all ihrer positiv eitlen lokalen Patrioten, die so gerne mal „Äppelwoikönig“ sein wollen, über eine Reminiszenz an „die Bach“, wie der Urselbach korrekt gesprochen heißt, ein Loblied auf die „Grie Soß“ im Funky-Sound bis hin zur Ode an „Frankfurt Du, mei Diva Du“ mit einem groovigen Solo von „Hansi“ Ochs. Keine Frage, das Lied über die Liebe („Ich brauch‘ dei Lieb wie sonst nix uff de Welt“) braucht den Blues mit schmerzvollen Mundharmonika-Tönen.

„Ochs’n Ochs“ und ihre Musik, das hat viel mit Heimat zu tun. Sie ist eine Hommage an diese Ursuppe, in der sie groß geworden sind, an ihren Dialekt, mit dem sie aufgewachsen sind. Und an dieses subkutane Feeling, das mit Heimat stets verbunden ist, auch wenn es sich ganz unterschiedlich manifestieren mag. Da muss man auch mal weg, aber wenn es dieses Orschel-Gen gibt, dann kommt man immer wieder zurück. Wie so viele, beim Hessentag gab es zig Beispiele von jenen, die es aus Amerika und aus Asien in die alte Heimat zurückgezogen hat, das Großereignis hat bei vielen Menschen eine alte Liebe neu entfacht. Auch Manfred Ochs und seinen Cousin hat es in die Ferne gezogen, den einen nach Berlin, den anderen nach München. Aber die Liebe zur Heimatstadt „Orschel“ spült sie wieder zurück, den einen ganz, den anderen sporadisch.

Zum Hessentag ist daraus ein Lied geworden, gesungen und gespielt von den beiden „Ochsen“ mit enger Beziehung zum Gasthaus-Zum Schwanen-Clan in der Altstadt im Schatten von St. Ursula. Ihre Liebeshymne „Orschel is …“ auf die Heimat und „die schönste Stadt der Welt“ schlägt den Bogen zwischen Tradition und Moderne und verlässt den Boden des Brauchtums auch mit der Präsentation, ohne aber dessen Bedeutung zu verleugnen. „Orschel is …“ iss übrigens aach heut noch uff youtube zu hör’n. Und die CD mit dem Titel „dehaam“ iss immer noch uff‘m Markt.

 



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