Der Orscheler, der mit 007 durch den Schnee jagt

Lang lang ist‘s her: Hierzulande war Hans Schiemenz Mitte der 1970-Jahre einer der ersten, die sich auf zwei Brettern spektakulär in die Lüfte schraubten und Ski-Freestyle europaweit bekannt machten. Foto: privat

Oberursel (sth). Die Beine im Spagat, die Arme, links und rechts zur Seite gestreckt, bilden fast eine Parallele mit den kurzen Skiern, die an den roten Skischuhen des Sportlers in dem weißen Anzug befestigt sind. Die Aufnahme, die Hans Schiemenz mitten in seinem Element zeigt, bezeichnet der Oberurseler heute als „Jahrhundertfoto“. Vor mehr als 40 Jahren stürzte sich Schiemenz auf Trickskiern Rampen und Schanzen herunter, zeigte in der Luft spektakuläre Kunststücke, mischte bei den Besten des damals noch in den Kinderschuhen steckenden Ski-Freestyle mit. Aus der Zeit als Leistungssportler sind zahlreiche Erinnerungsstücke geblieben. Mehr als 100 Paar Skier lagert Schiemenz heute in seinem Keller und seiner Garage. Eine stolze Sammlung, entstanden durch die langjährige Zusammenarbeit mit Firmen und Sponsoren. Nun möchte Schiemenz die Sportgeräte verschenken. Seine Frau, einst selbst aktive Freestylerin, könne sich im Keller „kaum noch bewegen“, lacht er.

Da sich Schiemenz seit einem Fahrradunfall auf das Langlaufen beschränken muss, hat er für die zahlreichen gut erhaltenen Alpin-Skier verschiedenster Längen selbst keine Verwendung mehr. Die Modelle seiner Sammlung sind laut Schiemenz „gerade für Anfänger“ hervorragend zum Üben geeignet. Und gleichzeitig erzählt ein jedes Paar einen kleinen Teil der Geschichte einer beeindruckenden Profikarriere, die ihre Anfänge einst im beschaulichen Taunusstädtchen nahm. Anfang der 1970er-Jahre entdeckte Schiemenz seine Leidenschaft für Ski-Freestyle, ausgelöst durch den Willy-Bogner-Film „Benjamin – Ein Meister fällt vom Himmel“. Ursprünglich im Turnen aktiv, beschloss der Oberurseler, seine Kunststücke fortan mit Skiern auf Schneepisten zu vollziehen. Der ehemalige Skirennfahrer und Filmemacher Willy Bogner sollte es auch sein, der Schiemenz‘ Karriere zu Beginn den entscheidenden Schub verlieh. Mit ihm kam Schiemenz über die Familie Michel in Kontakt, die seinerzeit Intersport Taunus in Oberursel betrieb. „Der Familie Michel habe ich viel zu verdanken“, sagt Schiemenz.

Bogner war es auch, der Schiemenz zu seiner Statistenrolle im James-Bond-Streifen „Der Spion, der mich liebte“ verhalf. Bogner war verantwortlich für die Regie der Skifahrsequenzen, die in den Schweizer Alpen gedreht wurden. „Das war schon eine tolle Sache“, denkt Schiemenz mit Stolz an diese Erfahrung zurück. Auch sportlich hatte er große Ziele im Blick. Zu Beginn seiner Karriere war Ski-Freestyle hierzulande noch wenig bekannt, ein festes Wettkampf-Reglement gab es noch nicht. Doch Firmen und Sponsoren stürzten sich regelrecht auf das Action-Spektakel, das seine Ursprünge in den USA hat. So vergrößerte sich auch rasch der finanzielle Spielraum. „Ich will nicht sagen, dass wir im Geld schwammen, aber uns ging es sehr gut damals“, blickt Schiemenz zurück.

Dabei war er hinsichtlich seiner Trainingsmöglichkeiten als hessischer Flachländer beschränkt. Abhilfe verschaffte eine Wasserschanze am Baggersee in Nieder-Roden. Pikant: Diese lag direkt neben einem FKK-Strand. „Da sind wir in schwarzen Gummi-Anzügen mit Skiern und Skistiefeln an all den Nackten vorbeigelaufen“, erinnert sich Schiemenz lachend. Sportlichen Triumphen sollten die ungewöhnlichen Rahmenbedingungen nicht im Weg stehen. Seinen größten Erfolg feierte Schiemenz 1984, als er in Schweden den Europacup gewann. Heute blickt er auf „eine schöne Zeit“ zurück, schließlich habe er die Szene in Europa damals mitaufgebaut. Wehmut verspürt er jedoch nicht. Geblieben sind zahlreiche Erinnerungsstücke, darunter auch Sprungski des ehemaligen österreichischen Skispringers Andreas Goldberger. Sowohl Hobbyfahrer als auch Sammler können in Schiemenz‘ Skikeller also fündig werden.

Bei Interesse ist Hans Schiemenz per E-Mail an hajotes[at]gmx[dot]de zu erreichen, die Abholung erfolgt nach Absprache.

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