Projekt „Ball-Spiel-Freizeit“ startet mit Superresonanz

Wir sind ein Team! Dieses Motto soll möglichst über allem stehen, was sich nun zunächst bis Oktober jeden Samstag in der Oster-Arena auf der Stierstädter Heide abspielt. Mit von der Partie beim Projekt „Ball-Spiel-Freizeit“ sind Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf, viele Betreuer (mit weißer Kappe), wichtige Initiatoren und Macher im Hintergrund wie Michael Ilg und Björn Urban und Bürgermeisterin Antje Runge, die als Schirmherrin fungiert. Foto: js

Oberursel (js). Bei Nimos Fallrückzieher auf dem Kunstrasen des neuen Soccer-Courts staunt die Fußball-Fachwelt an der Bande. Der aus Sizilien stammende Junge freut sich mit breitem Lachen über sein kleines Kunststück, seine Mutter ist begeistert vom Elan, den der Bub hier auf den Platz bringt. Irgendwie völlig losgelöst und mit ungemeiner Freude dabei. Fernando aus Paraguay ist da noch ein bisschen zurückhaltender, er trabt an der Hand von Betreuer Felix Ilg über den Platz, braucht noch ein bisschen Halt in der neuen Umgebung. Irgendeinen Ball werden auch die beiden später greifen und mit ihm spielen, es gibt hier viele, das muss nicht unbedingt ein Fußball sein. Auch wenn Fernando und Nimo und all die anderen Jungs und Mädchen hier auf dem Platz eines Fußballclubs unterwegs sind. Fußball steht beim Projekt „Ball-Spiel-Freizeit“ nicht zwingend im Vordergrund. Ein wichtiges Bindeglied ist der einst ruhmreiche Traditionsverein 1. FC 04 Oberursel schon.

Im Hintergrund ist am Samstag um die Mittagszeit der ganz normale Fußballlärm von den zwei Hauptplätzen an der Stierstädter Heide zu hören. Hier läuft das Pfingstturnier der E- und F-Jugend, gekickt wird auf vier Kleinfeldern jeweils quer über den Platz. Auf dem Soccer-Court in der „Oster-Arena“ zwischen Umkleidetrakt, städtischem Waldkindergarten auf dem Vereinsgelände und dem Nebenplatz treffen sich gleichzeitig Jungs und Mädchen im Alter zwischen sieben und 16 Jahren zum Spielen mit Ball in der Freizeit. Später sind sie auch auf dem großen Platz unterwegs, wie es eben gerade kommt. „Es geht nicht um Punkte, Siege, Tore, Erfolge, jeder kann sich so frei entwickeln, wie er möchte“, sagt Michael Ilg, einer der Initiatoren des Projekts. „Ball-Spiel-Freizeit“ richtet sich an Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf, es soll die Möglichkeit bieten, sich im Rahmen von spaßorientierten Aktivitäten auszuprobieren, emotionale Sicherheit zu stärken. Kreative Sinnesförderung und Förderung von Sozialverhalten im Team sind andere Stichwörter. Es sind auch Kinder dabei, die nur eingeschränkt kommunizieren und Sport treiben können, eine bunte, vielfältige Gruppe. Fast alle sind nach dem Auftakt in der Woche zuvor am Pfingstsamstag wiedergekommen.

Björn Urban vom Vorstand des FC 04, zweite treibende Kraft im Hintergrund, freut sich über einen Start mit „Superresonanz“. Bis zu 18 Kinder und Jugendliche können an den vorgesehenen 22 Samstagen bis Oktober jeweils von 12 bis 15 Uhr dabei sein, 17 haben den Ball bereits aufgenommen. Die einen so flott wie der stets quirlige Nimo, andere vorsichtiger. Einer der Aktivposten vom Samstag hat beim Auftakt mehr als eine Stunde am Rand gehockt und war zu nichts zu bewegen, am Ende wollte er gar nicht mehr aufhören. So ist das eben, das System ist offen, es gibt keine festen Regeln, keine straffe Ordnung. Für jede Kleingruppe stehen zwei qualifizierte, pädagogisch erfahrene Betreuer zur Verfügung. Wie Felix Ilg, der soziale Arbeit studiert, selbst Fußball beim FC 04 spielt und auch seine Fußball-Kindertrainerlizenz bereits erworben hat. Alle tragen weiße Kappen und T-Shirts mit dem Vereinslogo auf der Brust und den Sponsorennamen auf dem Rücken. Das Zusammengehörigkeitsgefühl wird in den Spielpausen mit Obst, Gemüsesnacks und Getränken gestärkt. Auch wenn jeder anders ist, Teamgeist ist wichtig.

Ball-Spiel-Freizeit ist ein Projekt, das zum neuen Weg gehört, den der 1. FC 04 Oberursel vor ein paar Jahren mit neuem Vorstand eingeschlagen hat. Als es nicht gut stand um den einstigen Traditionsverein, zu dem in den guten Zeiten die Fans sonntags in Massen zur Stierstädter Heide gepilgert sind. Björn Urban und die Vorstandskollegen Patrick Derra und Oliver Nüchter etwa gehören zu den Gesichtern des Neuaufbaus, Michael Ilg ist dem Verein eng verbunden, er betreibt ein Lernzentrum in Oberursel, ist Partner in der Jugendarbeit. Es ging um ein „Mehr an gesellschaftlichem Engagement“, wie sie es nennen, „weg von einem klassischen Fußballverein, der sich ausschließlich über Tabellenplätzte definiert“.

Eine erste Partnerschaft im Rahmen des hessischen Landesprogrammes „Förderung der Zusammenarbeit von Schulen & Sportvereinen“ wurde im vergangenen Jahr mit der Hans-Thoma-Schule eingegangen, noch im gleichen Jahr folgte eine weitere mit der Grundschule Mitte im Rahmen des DFB-Programms „Schule und Vereine: Gemeinsam am Ball“. Komplettes Neuland und größte Herausforderung bisher das aktuelle Inklusionsprojekt. „Wir wissen noch nicht, wo es hinführt, aber es fühlt sich gut an“, so Michael Ilg. Auch für die Förderpartner mit dem Lions Club Oberursel als Top-Sponsor, deren Namen auf den weißen Shirts stehen. Björn Urban spricht mit leuchtenden Augen schon vom „Leuchtturmprojekt“. Um das zu verdeutlichen, sind sie am Samstag alle zum Pressetermin gekommen, auch die Bürgermeisterin, die als Schirmherrin fungiert und sich bei allen Partnern für das Engagement in der Inklusionsarbeit bedankte. „Jeder Mensch ist anders, und das ist gut so“, sagte Antje Runge. „Sport kann Brücken bauen.“ Die ersten Pfeiler stehen.



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