Projekt Biomassehof steht vor dem Aus

Außerhalb der Umzäunung des alten AFN-Gebäudes lagert Holz. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Die Befürworter sprechen von „Verhinderungsplanung“, die Gegner geben als Ziel Landschaftsschutz und die Vermeidung von Zersiedelung im Außenbereich vor. Das Projekt Biomasse-Aufbereitungsanlage auf dem ehemaligen AFN-Gelände steht vor dem Aus. Das Stadtparlament hat mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der Grünen beschlossen, im Genehmigungsverfahren ihr Einvernehmen mit den Plänen eines Jungunternehmers aus Bommersheim zu versagen.

Die finale Genehmigung des Vorhabens obliegt dem Regierungspräsidium Darmstadt (RP), sie muss aber im Einvernehmen mit der Stadt erfolgen. Für ihre Ablehnung muss die Stadt triftige Gründe vorbringen. Sie beruft sich dabei vor allem auf die Dimensionen des geplanten Projekts. Gleichzeitig hat das Parlament die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet beschlossen, in dessen Bereich auch das AFN-Gelände fällt.

Die Anlage zur Verwertung von Biomasse soll auf dem 2017 privat erworbenen, etwa 3300 Quadratmeter großen einstigen Sender-Gelände im Feld zwischen Weißkirchen und Bommersheim entstehen. Schon jetzt wird dort außerhalb des umzäunten Bereichs Holz zwischengelagert und gehäckselt. Ein Stein des Anstoßes, denn inzwischen sei die potenzielle Betriebsfläche durch Zukauf angrenzender landwirtschaftlicher Flächen auf über 12 000 Quadratmeter angewachsen. Mit geplanter Kompostierungshalle und Lagerhalle, mit mobilen Holzschreddern und Holzhäckslern ergeben sich daraus Dimensionen, die im Rathaus und im Ortsbeirat Weißkirchen aufgeschreckt haben. Acht Meter hohe Kompostierungshalle mit einer Grundfläche von 54 mal 22 Metern, nahezu gleichhohe Lagerhalle für Holzhackschnitzel, Geräte und Maschinen, kalkuliert werde mit einem Jahresdurchsatz von etwa 15 000 Tonnen Biomasse. Die vorhandenen Gebäude mit Firsthöhen zwischen acht und zehn Metern sollen als Betriebsleiterwohnung, für Büro- und Sozialräume sowie als Lager und Betriebswerkstatt genutzt werden. Aufhorchen ließ auch die geplante weitgehende Umgrenzung mit einer 4,80 Meter hohen Betonfertigteilwand.

Nicht gut und zielführend, wurde im Rathaus befunden, von „Verhinderungsplanung“ spricht indes der Unternehmer, den gleichen Ausdruck verwendet Christoph von Eisenhart-Rothe, die Nummer drei auf der Liste der „Klimaliste Oberursel“, die erstmals bei der Kommunalwahl antritt. Holzhackschnitzel seien ein wertvolles, nachwachsendes Naturprodukt und Heizmittel, die Argumente der Kritiker seien nicht nachvollziehbar. Stattdessen könne Oberursel direkt von dem geplanten Biomasse-Betrieb profitieren. Die Stadt könne ihre Grünabfälle und Astschnitte dort abliefern statt zu weiter entfernten Anlagen zu transportieren.

Noch vor dem Tagesordnungspunkt „Versagung des Einvernehmens“ in Sachen Biomassehof hat das Parlament in der letzten Sitzung der Wahlperiode bei Enthaltung der Grünen einvernehmlich die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens Nr. 264 „Ortsrand Weißkirchen nördlich der L 3019“ beschlossen. Das Plangebiet liegt nördlich der Landstraße „Am Weißkirchener Berg“ zwischen der Frankfurter Landstraße und der Brücke über die A5 und umfasst etwa 65 Hektar. Die Flurstücke befinden sich weitgehend in Privateigentum, geprägt ist das Gebiet vornehmlich von landwirtschaftlicher Nutzung. So ist es auch im regionalen Flächennutzungsplan dargestellt, weitere Stichworte sind Regionaler Grünzug und Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen. In diese Richtung soll mit dem Bebauungsplan gesteuert werden.

Ziel des B-Plan-Verfahrens ist laut offizieller Lesart die „Vermeidung der weitergehenden Zersiedlung des Außenbereichs“ in diesem Gebiet. Befürchtet werde durch das Projekt Biomassehof die Verfestigung einer „Splittersiedlung“ – einer Ansammlung von baulichen Anlagen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, das schließt auch gewerbliche Anlagen ein. Hintergrund sei der Plan zur Errichtung von zwei weiteren Gebäuden über die bereits vorhandenen Gebäude hinaus.

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