Mit Rauschbrille verschwimmt die Polizei

Paul aus Kelkheim genießt den Ritt auf der schweren Polizeimaschine, im Hintergrund passt Hauptkommissar Ralf Bentert vom Regionalen Verkehrsdienst in Usingen auf, dass alles passt. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Die Rauschbrille verdeutlicht auch dem letzten Zweifler, dass die Lage im Straßenverkehr mit Alkohol im Blut ernst ist. Auf dem Feldberg-Plateau war am Sonntag unterm schattenspendenden Zeltdach der spezielle Koordinations- und Reaktionstest ein echter Hotspot. Das Polizeipräsidium Westhessen hatte zum Präventionstag auf den höchsten Punkt des Taunus geladen, dem traditionellen Anlaufpunkt für Fahrradfahrer und motorisierte Biker mit schweren Maschinen, für Autofahrer und Wanderer. Die Aktion ist Teil der landesweiten Initiative „Gemeinsam sicher in Hessen“, der Fokus sollte hier auf Verkehrsprävention liegen.

Schon bei 0,8 Promille kann es einem ziemlich schwindlig werden. Die Sicht verschwimmt, die zwei Polizisten auf der anderen Seite des Stehtischs sind plötzlich vier geworden und die Lichter auf der Platte flackern ziemlich bunt und ungeordnet im schnellen Wechsel. Ohne die Rauschbrille, die den Zustand bei jenen 0,8 oder wahlweise 1,3 Promille simuliert, funktioniert der Test bei den meisten Probanden noch leidlich. Es geht darum, in 30 Sekunden bei permanentem Wechsel der vier Leuchten möglichst nur das rot aufflackernde Licht abzuschlagen. Im Selbstversuch gelingen 42 korrekte Lichtwischer und ein Fehler, zwei Kommissare aus der Präventionsabteilung haben mit je 61 Treffern im internen Battle die absolute „Benchmark“ gesetzt. Kaum sitzt die spezielle Brille auf der Nase, verlangsamt sich die Reaktionszeit um etwa 30 Prozent, im Selbstversuch gelingen bei voller Konzentration nur noch 27 korrekte Treffer bei plötzlich wahrgenommenen fünf bis sechs Leuchten.

Menschen können unmittelbar spüren, wie „verheerend Alkohol und Drogen unsere Sinne beeinflussen“, schreibt der Stabsbereich E4 im Polizeipräsidium Wiesbaden in der Einladung auf das Feldberg-Plateau. Dessen Leiterin Petra Lezius trägt fünf Sterne auf den Schulterblättern und erläutert auch den Abordnungen von Feuerwehr und Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Maltesern, Bergwacht und ADAC den Hintergrund der Aktionen zur Verkehrsprävention bei der Lagebesprechung mit Kaiserwetter vor dem neuen Feldberghof. Später startet ein Motorradkonvoi mit schweren Maschinen und Blaulicht, zusammengesetzt aus Vertretern all dieser Gruppierungen zu einer Tour durch das Feldberggebiet und den westlichen Taunus Richtung Rheingau für die Werbung in eigener Sache.

Die Veranstaltung auf den Taunushöhen ist Teil der großen „Road-Show“ mit sieben Großveranstaltungen zum Thema „Prävention für jeden Lebensbereich“ zwischen Juli und Oktober. Petra Lezius und ihre Kollegen des Stabsbereichs E4 sind dabei im ganzen Hessenland von der Bergstraße bis hinauf in die Kasseler Berge unterwegs. Integriert in das Programm ist auch eine „Biker-Safety-Tour“, zu der man sich vorab anmelden kann, sie hat im Frühsommer zum dritten Mal stattgefunden. An jedem einzelnen Standort sind Experten zu jedem Themenbereich mit auf der „Road-Show“, ob es um Sicherheit für Kinder und Jugendliche oder ältere Menschen geht, Sicherheit im Straßenverkehr oder im Internet oder auch um die „Stärkung unseres demokratischen Miteinanders“. Auf dem Feldberg informieren die Kripo-Beamtinnen Katja Gügel und Stephanie Schlaf über das ganz neu aufgenommene Thema „Angstraum“. Wenn Menschen sich in bestimmten öffentlichen Räumen unwohl oder bedroht fühlen, dann können sie sich direkt bei der Polizei oder über ein Sicherheitsportal im Internet melden. „Wir kümmern uns dann“, versprechen die beiden Kripo-Damen.

Natürlich ist so ein Präventionstag auch Werbung in eigener Sache für das Wiesbadener Polizeipräsidium als Gesamtprodukt und die anderen „Blaulicht-Parteien“, wie Petra Lezius bei der internen Lagebesprechung vor dem Start all diejenigen nennt, die das Privileg des Blaulichts am Fahrzeug haben. Eine richtig schöne richtig schwere Maschine der traditionellen Polizei-Motorradmarke steht aufgebaut und fest verankert am Boden vor den Informationszelten im Hintergrund. Hier passt Ralf Bentert, Hauptkommissar beim Regionalen Verkehrsdienst in Usingen, auf, dass meist kleine Jungs, aber auch mal drei Mädchen auf einmal Freude haben beim Selfie auf dem Sattel eines Polizeimotorrads. Und beim Foto-Shooting nicht runterfallen. Schlimmer wäre es, wenn die Maschine umfällt, die wiegt ungefähr 260 Kilogramm. „Die kannst du nicht halten, wenn der Punkt einmal überschritten ist“, versichert Bentert. Aber dafür ist die Polizei ja da, wie im Slogan der früheren Jahre als Freund und Helfer.

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