Oberursel (ow). Seit fast 40 Jahren ist Rolf Kohlrausch Pianist auf großen Bühnen, Präsident der Chopin Gesellschaft, künstlerischer Leiter des Hauses der Begegnung in Königstein sowie künstlerischer Leiter des Kulturkreises Oberursel und des Kulturkreises Taunus-Rhein-Main, wo er junge Talente fördert und ihnen eine Bühne bietet. Zur Sonntagsmatinée im Rahmen der Literaturtage Oberursel brachte er bravourös das Stehpiano des Kulturcafés in der „Royal Alberti Hall“ (so nennen viele Oberurseler das ehemalige Gartenmöbel-Geschäft Alberti) mit der „Mondscheinsonate“, der „Pathétique“ und anderen Beethoven-Klaviersonaten zum Klingen.
An seiner Seite agierte die beliebte Bühnen-Schauspielerin Anke Sevenich, vielen bekannt aus Serien wie „Tatort“ und „Marie Brandt“, die die Liebesbriefe Beethovens mit Verve und manchem Augenzwinkern vorlas. Das Publikum lauschte gebannt diesen musikalischen und literarischen Offenbarungen. Welch höchst emotionale Seite des Maestro, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts als „Superstar der Romantik“ in der Blüte seines Lebens stand, wurde in diesen Briefen lebendig.
Anke Sevenich klärte humorvoll auf, um welche Angebetete es sich jeweils handelte und wie „die Affäre“ endete, (zu) oft platonisch in schönstem „Wonnegeschiss“. Obwohl er „dauerverliebt“ und ein „Womanizer war, der nichts anbrennen ließ“ und dem schönen Geschlecht durchaus erfolgreich den Hof machte, hat er nie eine Ehefrau gefunden, da die Ehe keine private Angelegenheit war, sondern der Stand gewahrt werden musste – „das leidige Standesproblem“. Einige adelige (junge!) Frauen ließen sich von ihm – und seiner Musik – umgarnen, darunter Gräfin von Breuning, Josephine von Brunsvik, die Schwestern Antonie und Bettine von Brentano, Gräfin Erdödy, Gräfin Guicciardy, Elise Röckl und viele mehr, doch oft war es eine rein platonische Beziehung – keine fürs Leben.
Seine glühenden Liebesbriefe seien „beim Lesen wie Musik“, so Sevenich bewundernd, künstlerisch wertvoll mit Wiederholungen und einem eigenen Rhythmus. Bis heute geben seine Briefe an die unsterbliche Geliebte von 1812 Rätsel auf, man vermute Josephine von Brunsvik als Adressatin oder auch Antonie von Brentano, für die eine und die andere liefert Sevenich Beweise, die große Sehnsucht in ihm sei jedoch unerwidert und unerfüllt geblieben. „Welche Sehnsucht mit Tränen nach Dir – Dir – Dir – mein Leben – mein Alles – mein Ich! Leb wohl! O liebe mich fort. – Verkenne nie das treueste Herz Deines Geliebten! Ewig Dein – ewig mein – ewig uns.“
Mit zunehmendem Alter und seiner Schwerhörigkeit wurde er immer griesgrämiger und vernachlässigte seine Erscheinung „er sah aus wie ein ungemachtes Bett“, so Sevenich in deutlichen Worten. Das Verführerischste an Ludwig van Beethoven, dem berühmten Vertreter der Wiener Klassik, der weder mit Charme noch durch sein Auftreten – er galt als eher unbeholfen – glänzen konnte, sei seine Musik gewesen, das wird beim Klavierspiel seiner wunderschönen Klaviersonaten, meisterhaft gespielt von Rolf Kohlrausch, allen klar.