Triathlon geht derzeit nur mit Trockenschwimmen

Manfred Klittich ist ein Meister im „Trockenschwimmen“ auf der  Zugbank.     Foto: privat

 

Oberursel (ow). Die Hallenbäder sind geschlossen und die Seen sind selbst mit Neopren zu kalt. Ein eigenes beheiztes Gegenstrombecken haben außer Weltmeister Jan Frodeno nur wenige Profis im Keller. Schlecht für deutsche Virtual-Triathleten, die sich schon auf die vom Ironman Virtual Club angekündigte Verlängerung der Wettkampfsaison bis Ende November freuten. Just mit Verkündung des Lockdown-light lud der Virtual Club zu einer virtuellen Weltreise ein. Die „IM-VR-World Tour“ sollte, beginnend in Klagenfurt am Wörthersee, über Chattannooga (Tennesee), Langkawi (Malaysia) und Port Elizabet (South Africa) zum Lake Taupo in Neuseeland führen. Dort sollte als Höhe- und Schlusspunkt der virtuellen Wettkampfreise ein Ironman 70.3 über 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer Radeln und 21,1 Kilometer Laufen stattfinden.

Auch Triathlon-Senior Manfred Klittich vom TV Bommersheim, von Anfang an Mitglied im Virtual Club, wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die aus seiner 20-jährigen Triathlon-Karriere bekannten Wettkampflokationen noch einmal, wenn auch nur virtuell zu besuchen, um bei den ausgeschriebenen Wettkämpfen an den Start zu gehen. Aber wie soll Triathlon gehen ohne Wasser? Schwimmtraining findet zur Schulung von Kraft und Technik teilweise auch an Land statt. Auf einem Schwimmergometer oder ganz einfach mit Paddles an Gummiseilen, die der Schwimmer auf einer gepolsterten Bank liegend im Stil des Kraulschwimmens bewegt. Bislang gab es allerdings keine Lösung, aus dieser Trockenübung eine äquivalente Schwimmstrecke abzuleiten. Erst die modernen Smart Watches machen es möglich. Sie enthalten Beschleunigungssensoren über deren Messwerte der vom Arm zurückgelegte Weg berechnet wird. Daraus kann die Software der Uhr anhand der aus zurückliegenden realen Schwimmeinheiten gespeicherten persönlichen Daten die zurückgelegte Schwimmstrecke berechnen. Das Verfahren ist naturgemäß nicht sehr genau, aber immerhin besser als nichts. Da das Schwimmen im Triathlon nur einen relativ geringen Anteil an der Gesamtzeit ausmacht, ist ein Fehler von ein bis zwei Minuten pro 1000 Meter zumindest im Amateursport noch vertretbar.

So ausgerüstet konnte sich der 83-jährige Senior den Corona-Unbillen zum Trotz auf die virtuelle Wettkampfreise begeben Nach dem Start am Wörthersee und den Zwischenstationen Tennessee, Malaysia und Südafrika ging es vergangenen Samstag am Lake Taupo zur Sache. In Gedanken an den Sonnenaufgang über dem See wurde die erste Disziplin unspektakulär daheim auf der Zugbank absolviert. Nach 53:28 Minuten über 2000 Meter, die ungefähr seiner Leistung im 50-Meter-Becken entsprechen, ging Klittich auf das gleich neben der Zugbank im Smarttrainer eingespannte Rad.

Über Internet war der Smarttrainer schon mit der Plattform des Virtual Club verbunden. Auf dem angeschlossenen Bildschirm tummelten sich zahlreiche Mitbewerber, die schon früher ins Rennen gestartet waren. Um den weltweit tausenden Teilnehmern verschiedener Zeitzonen eine jeweils passende Startzeit zu ermöglichen, wurde vom Veranstalter für den Start ein Zeitfenster von Donnerstag 10 Uhr bis Sonntag 15.30 Uhr Greenwich-Zeit (GMT) festgelegt.

Für die nicht ganz leichte virtuelle 90-Kilometer-Strecke vom Lake Taupo ins Land und zurück benötigte Klittich 3:33 Stunden, was einem 25er-Schnitt entspricht. Etwas zu schnell für den 83-Jährigen, wie er selbst sagt. Er ließ sich oft dazu verleiten, überholenden Mitbewerbern nachzujagen, bis er in der nächsten Steigung wieder abgehängt wurde. Das machte zwar Spaß, war aber im Grunde unvernünftig und für einen über 80-Jährigen auch nicht unbedingt gesund. Dafür reichte die Zeitreserve bis zum Cut-Off von 8:30 Stunden aus, um die Laufstrecke locker anzugehen, und sich vom überpaceten Radeln etwas zu erholen. Die 3:13 Stunden für den Halbmarathon waren für sich genommen nicht gerade berauschend, aber genug, um den Wettkampf mit einer Gesamtzeit von 7:41 Stunden zu beenden.

Klittich gewinnt in der AK 80+

Der Sieg in der Altersklasse M80+ war Formsache, denn es gab keinen Konkurrenten. Das Ergebnis weckte bei dem umtriebigen Senior die Zuversicht, 2021 nochmal bei einem realen Halb-Ironman antreten zu können. Bei einer nicht allzu schweren Radstrecke sollte das Zeitlimit von 8:30 Stunden auch bei den ungünstigeren Umgebungsbedingungen der Natur machbar sein.



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