Verwechselte Tollitäten und Kommunalpolitik in der Bütt

„Die smarten 3“ – Papa Matthias Decker zwischen dem (Fastnachts-)Nachwuchs Ida und Liv Decker. Foto: Semeras

Oberursel (sem). „Das Chaos geht weiter wie in jedem Jahr“, meint Sitzungspräsident Oliver Pollmeier. Doch wirklich chaotisch geht es bei der Fastnachtssitzung der Hedwistaner nicht zu − manchmal nur etwas impulsiv. Die Spontanität ist es, die der Sitzung ihren besonderen Charme verleiht.

Das zeigt sich auch beim Einzug des Sitzungsvorstands: Die ungewohnte musikalische Begleitung lässt jeden Zuschauer im vollbesetzten Saal im Hedwigsheim zur Eingangstür schauen. Denn passend zum Motto „Die Ritter vom Orschelbach“ spielt Tanja Burhenn-Decker eine lustige Weise auf dem Dudelsack. Etwaige Fehler stellen für das Publikum kein Problem dar. Jedem scheint die Schwierigkeit des Dudelsackspielens bekannt zu sein, und die Leistung von Burhenn-Decker wird gewürdigt. Dies ist ebenfalls eine Besonderheit der Sitzungen von Hedwistan. Jedes Werk, ob vor, hinter oder auf der Bühne wird honoriert. Die Stimmung ist nicht nur fröhlich, sondern auch familiär.

Mitverantwortlich ist dafür maßgeblich Sitzungspräsident Pollmeier. Souverän führt das Schlappmaul durch die Veranstaltung. So ist es für ihn kein Problem, als es bei der Vorstellung der Tollitäten zu Verwirrung kommt. Die zeitgleiche Anwesenheit von Fastnachtsprinz Marcel I., dem Kinderprinzenpaar Marc I. sowie Lara I. und Sodenia Svenja I. mit dem jeweiligen Hofstaat ist für jeden Moderator eine Herausforderung. Besonders, wenn die Notizen nicht korrekt zu sein scheinen. Die darauf folgende Diskussion mit Marcel I. ruft derweil bei einigen Anwesenden die Erinnerung an einen kleinen Eklat hervor, als der Fastnachtsprinz bei einer Sitzung nicht gewillt war, ohne seinen Song die Bühne zu verlassen. Pollmeier unterbricht die Situation jedoch völlig unkompliziert: „Ah ja, dann stellt euch doch einfach selbst vor.“ Das Publikum applaudiert zustimmend. Lauter ist der Applaus allerdings nach der nächsten Darbietung. Mit einem fantastischen Solotanz begeistert Gina Hipp von den „Crazzy monkeys“ (FKG Narhalla) das Publikum.

In Hedwistan hat der Fastnachtsnachwuchs eine wunderbare Plattform. „Die smarten 3“ – Fastnachtsurgestein Mathias Decker und seine Töchter Liv und Ida – nehmen in ihrem Beitrag Themen aus Politik, Familie und Generationenunterschied aufs Korn. Dabei gelingt es ihnen, immer wieder einen Bezug zum Motto oder den Veranstaltern, etwa mit dem Slogan „#Hedwistanistgeil“, einfließen zu lassen. Decker steht im Lauf des Abends nochmals auf der Bühne. Er und Stefan Strobel besingen als „Wellpappen-Armee“ unter anderem Eigenschaften der Ritter. Dabei sind ihre Pappkostüme für die Tanzeinlagen nicht von Vorteil, sorgen durch die entstehende Situationskomik aber für eine Menge Lacher. Denn selbst die „Blechbüchsenarmee“ der Augsburger Puppenkiste erscheint gegen die beiden mobiler zu sein. Doch schlagfertig machen Strobel und Decker aus der Not eine Tugend. Strobels Kommentar zur aufsteigenden Hitze im Rampenlicht: „Mir läuft der Hornbach.“ „Sei dein Projekt“, ergänzt Decker. Es ist nicht der einzige musikalische Beitrag an diesem Abend. So wird viel bei der Darbie-tung von Bettina Koop und Alyssa Perschke gelacht. Sie singen anzügliche Ritterlieder, die Koop auf ihrer Quetsch begleitet.

Um musikalische Untermalung bemüht sich auch Bürgermeister Hans-Georg Brum, der gemeinsam mit Pfarrerin Cornelia Synek als „Donna Camilla und Pepone“ in der Bütt steht. Die Ausführung der beiden unterbricht Brum mit einem Einspieler von „Lasse reden“. Und worüber wird geredet? Unter anderem über die Kerb. „Denkst du, ich bin ein Autokrat?“, fragt Pepone. „Denkst du, ich wollte die Kerb wirklich ausfallen lassen? Ich bin doch der einzige, der immer hin gegangen ist.“ Mit einer Mischung aus Statements und Witz wagen sich Syneck und Brum an lokalpolitische Themen, wie Weihnachtsmarkt und leere Stadtkassen. „Woher kommen denn die miesen Zahlen?“, will Donna Camilla wissen. Im Publikum wird es unruhig. Auf Pepones Antwort „Das frage ich mich allerdings auch“ wird ein „Uiuiui“ angestimmt. Als „mutig“ wird der Beitrag im Publikum angesehen. Nicht bei jeder Fastnachtssitzung wäre dies möglich. Brum tritt jedoch schon seit Jahren in Hedwistan auf.

#Hedwistanistgeil!

Und an diesem Abend wird er dafür geehrt. Ebenso werden für ihr jahrelanges Engagement Stefanie Friedrich, Roswitha Kleibusch und Willi Mannheim ausgezeichnet. Als Friedrich ihre Urkunde ausgehändigt bekommt, steht plötzlich das Kinderprinzenpaar auf der Bühne, um ihr ebenfalls einen Orden zu überreichen. Die spontane Aktion sorgt im Saal für Begeisterung.

Die Spontanität von Hedwistan zeigt sich abermals am Ende der Veranstaltung. Während die Band „Pinocio’s“ ihr Können zeigt, startet Decker eine Polonaise. Und fast alle machen mit. Bei welcher Sitzung gibt es so was? #Hedwistanistgeil!

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