Oberursel (js). Erst saß sie noch mit Boots zum Trainingsanzug auf der Tribüne, zum Anpfiff stand sie im kompletten Sportdress auf der Platte. Wohl auch zur Überraschung der Gäste aus Kriftel, die als selbsternannter Favorit zum Gipfeltreffen der Handball-Oberliga nach Oberursel angereist waren. Und nicht mit Viktoria Heilmann gerechnet hatten. Doch „Vicky“, wie sie bei der TSGO nur gerufen wird, meldete sich nur knapp fünf Wochen nach ihrem Bänderriss zurück, ein möglicherweise vorentscheidendes Top-Spiel im Meisterschaftsrennen wollte sie nicht verpassen. Ein Psycho-Hammer mit unterschiedlicher Auswirkung für beide Teams, mit zehn Toren war Heilmann auch dank ihrer Nervenstärke vom Siebenmeterpunkt auf Anhieb wieder stärkste Werferin in der Oberurseler Mannschaft.
TuS Kriftel, in deren Reihen auch drei ehemalige Oberurseler Spielerinnen standen, kam als leichter Favorit in die EKS-Sporthalle und wurde dieser Rolle in der Anfangsphase mit starker Unterstützung mitgereister Fans auch gerecht. Die TSGO fahrig, mit viel mehr Fehlern in der Summe, mit mangelnder Passqualität und schwachem Abschluss. TuS Kriftel hingegen konsequent im Abschluss, nach 20 Minuten lagen die Gäste mit sechs Toren (13:7) vorne, Oberursels Trainer Paul Günther hatte Gesprächsbedarf in der Auszeit. Der „Orschel Express“ stotterte erheblich, kam nur langsam in Schwung und sollte erst nach der Pause (13:14) richtig Fahrt aufnehmen. „Dann haben sie brutal in die Tiefe gespielt“, sagte Gäste-Coach Christian Albat nach dem Spiel. Mit der Mannschaft übernahm auch das Oberurseler Publikum in der gut gefüllten Halle das Kommando, Trommler und Jubler sorgten für eine tolle Stimmung. Und kaum mehr verwunderlich, die erste Führung zum 17:16 nach 37 Spielminuten erzielte „Vicky“ Heilmann mit einem ihrer sechs verwandelten Siebenmeter. Hundertprozentquote wie so oft. Das Kräfteverhältnis war ab diesem Moment zumindest bei den entscheidenden Parametern verschoben. Im gleichen Maße wie der Express ins Rollen kam, offenbarte Kriftel Schwächen, es war auch eine Demonstration von Stärke und Willenskraft im TSGO-Team, die den Ausschlag gaben. Kriftel blieb dran, konnte die Führung aber nicht mehr zurückerobern, unter dem Jubel der Zuschauer erzielten Viktoria Heilmann, Berit Mies und Elfi von der Wehl-Ohrdorf die drei letzten Tore zum finalen 31:27-Sieg der Gastgeberinnen.
Oberursel ist damit wieder Spitzenreiter im hessischen Oberhaus. Als hätten die Spielplaner es geahnt, stehen nun vor Weihnachten noch zwei Spitzenspiele an. Am Sonntag muss die TSGO zur punktgleichen SG Kirchhof reisen, am Weihnachtsspieltag, 21. Dezember, gastiert die mit zurzeit einem Punkt Rückstand viertplatzierte TGS Walldorf um 19.30 Uhr in der EKS-Sporthalle. Gegen Kriftel überzeugten letztendlich Alicia Zeiler, Ayana Petri (Tor), Berit Mies (4 Tore), Elfi von der Wehl-Ohrdorf (3), Michelle Okrusch (4), Viktoria Heilmann (10/6), Nadine Okrusch (6), Sasha Marie Müller (4), Adrienn Zsigmond, Lisa Greb, Caroline Stahl, Katharina Löbrich und Rabea Wehrum.