Sie wollen doch nur spielen: Theaterleute im Studio Orschel

Gute Laune im Studio Orschel haben Dirk Müller-Kästner, Michael Behrent, Karen Foxley, Anna Altheim und Jochen Neubauer (v. l.). Foto: bg

Oberursel (bg). Seit einem Jahr sind sie ausgebremst. Wie so viele aus der Kulturszene. Wenn es das Studio Orschel nicht schon gäbe, für die Theaterleute müsste es glatt erfunden werden. Endlich konnten sich Anna Altheim, Vorsitzende des Theatervereins Szenenwechsel, und Jochen Neubauer vom Kunstgriff-Theaterensemble nach langer Zeit mal wieder auf einer Bühne präsentieren. Wenn auch nur virtuell im Studio Orschel. Im Gespräch vor laufender Kamera – technisch ermöglicht durch Karen und Angus Foxley – konnten sie erzählten, wie sie diese schwierige Zeit nutzen, um irgendwann wieder loslegen zu können. „Komödien im Alltag“ hatten Michael Behrent vom Verein Windrose und Dirk Müller-Kästner, Vorsitzender des Kunstgriff, als Motto für dieses Gespräch gewählt. Lustig sind die Zeiten des Lockdowns wohl für keinen, aber an diesem Abend wurde trotzdem viel gelacht.

Er habe im vergangenen Jahr einfach noch Glück gehabt, sagte Jochen Neubauer. Mit seiner Truppe konnte er sich im Rahmen des Orschler Sommers mit dem Stück „Familienbesuch“ vorstellen. „Genau zweimal, denn auf die Premiere folgte sofort die die letzte Aufführung. Im Museumshof des Vortaunusmuseums, eine ganze tolle Kulisse“, schwärmte er zurückblickend. Es war der erste Auftritt seines jungen Ensembles. „Dabei wurden wir hervorragend vom Kunstgriff und seinen Helfern unterstützt“, berichtete er. „Um Werbung, Bühnenaufbau, Technik und alles drum herum brauchten wir uns nicht zu kümmern.“ Jochen Neubauer hat mit dem Theater während seines Studiums begonnen. Mit dem Ensemble hat er als Regisseur das Stück „Familienbesuch“ einstudiert: „Wir erarbeiten das Stück gemeinsam, haben keinen Text, müssen bei jeder Probe aufeinander reagieren“. Er hält die Abfolge der Szene im Script fest, aber alles anderen entwickelt sich auf der Bühne spontan. Er hatte ein Foto seines Ensembles mitgebracht. „Das ist unser Familienbild“, sagt er scherzend. „Wir sind während der Proben wie eine Familie zusammengewachsen und haben trotz des Lockdowns weitergemacht. Wir proben seitdem virtuell, unser neues Stück spielt in einer Arztpraxis“.

Michael Behrent wollte wissen ob es zu Dramen oder Konkurrenz komme? Das verneinten beide Gäste. „Konkurrenz“ habe sie unter Theaterleuten bisher nicht festgestellt, wir helfen uns gegenseitig aus und unterstützen uns“, berichtete Anna Altheim. Im Alter von 50 Jahren ist sie zum Theater gestoßen, durch eine Anzeige des Theatervereins Oberursel. „Eigentlich wollte ich gar nicht auf die Bühne, das habe ich mir gar nicht zugetraut“, erzählte sie. Theaterfreunde kennen sie von Aufführungen im Theater im Park und mit der „Neuen Bühne Oberursel“ von Christel Popadiuk. Als die Leiterin der Neuen Bühne aus persönlichen Gründen ihre Arbeit beendete, wollte das Stamm-Ensemble weiterspielen und gründete kurzerhand den Amateurtheaterverein „Szenenwechsel“. Er ist die jüngste Pflanze in Orschels bunter Theaterlandschaft und hatte wirklich Pech. „Wir konnten bisher nicht auftreten und haben dadurch auch keine Einnahmen gehabt, wir sind arm wie die Kirchenmäuse“, erzählt Anna Altheim.

Mit viel Engagement hat das Ensemble schon zwei Stücke einstudiert, die beide durch Corona ausgebremst wurden. Elf heitere Episoden zum Thema „Typisch Männer und Frauen“ von Andreas Kroll und die Komödie „Alles was recht ist“. Das Stück mitten aus dem prallen, mehr oder weniger idyllischen Mikrokosmos Kleingartenanlage stammt aus der Feder von Anna Altheim. Die Rollen hat sie ihren Ensemblemitgliedern auf den Leib geschneidert. Auch ein Gartenzwerg mischt dabei mit. Den hat sie zu dem Gespräch mitgebracht. Er streckt den Moderatoren frech die Zunge heraus. Aber sie ist nicht nur Stückeschreiberin und Regisseurin, sie kümmert sich um alles was sonst noch dazu gehört, etwa das Bühnenbild, das sie zu Hause lagert, zum Teil unter ihrem Bett.

Wann Theateraufführungen vor Publikum wieder möglich sind, kann keiner vorhersagen. Beide Ensembles proben mit vollem Einsatz virtuell weiter und warten auf den Tag X. Während Jochen Neubauer hofft, mit seinem Ensemble im Rahmen des Orschler Sommers auftreten zu können, blickt der Szenenwechsel optimistisch auf den Juli. Vom 8. bis zum 10. Juli sind Aufführungen von „Alles was recht ist“ in der Ebbelwoi Straußwirtschaft Alt Orschel am Marktplatz geplant. Vorstellungsbeginn ist um 19.30 Uhr, ab 18 Uhr ist Hoföffnung mit Bewirtschaftung. Bereits gekaufte Eintrittskarten aus dem Jahr 2020 sind noch gültig.



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