18 Jahre Ulrich Krebs und sein Kampf mit den wilden 13

Bereits zum vierten Mal legt Ulrich Krebs den Amtseid ab, hier mit dem Ersten KreisbeigeordnetenThorsten Schorr (l.) und dem Kreistagsvorsitzenden Renzo Sechi (r.). Fotos: js

Hochtaunus (js). Was für ein Gebussel in der Rotunde des Landratsamts. Freundliche Begrüßungen und Umarmungen im Gedränge, anregende Geräuschkulisse, aufgeregt gelassene Spannung wie im Foyer vor Oper- oder Theaterabend. Es darf ruhig noch einen Moment dauern, bis der Vorhang aufgeht, man hat sich viel zu erzählen an so einem Gesellschaftsabend. Das lockere Vorspiel wird sich nach dem kurzen Akt noch lange bei Kaltgetränken am Büfett fortsetzen. Wenn der politische Ernst zurückgedrängt wird.

Am Montag ist die vierte Runde eingeläutet worden. Die nun vierte Amtszeit für den Landrat des Hochtaunuskreises, für den 55-jährigen Ulrich Krebs (CDU). Keiner kommt hier schon so lange wie er als Mann an der Spitze hin, ins 19. Jahr geht er nach seiner dritten Wiederwahl. Rund 250 Menschen sind dazu eingeladen, das mit ihm zu feiern, wenn die Pflicht der Ablegung des Amtseids erledigt ist. Dafür ist eine öffentliche Sitzung des Kreistags vorgesehen. „Amtseinführung“ ist einziger Punkt auf der Tagesordnung, so steht es auch auf der Leinwand hinter der Bühne, auf der der kurze Akt nach Vorgaben des Protokolls erledigt wird. Ulrich Krebs kennt den Text, den er nachsprechen muss. Der mit dem Bekenntnis „So wahr mir Gott helfe“ schließt.

Der schnelle Akt ist nach knapp elf Minuten vorbei, der offizielle Teil der Kreistagssitzung auch. Die Zugabe beginnt mit angenehm kurzen Reden, draußen im Foyer ist das Büfett angerichtet, Kaltgetränke stehen bereit.

Im Amt volljährig geworden

Der Erste Kreisbeigeordnete Thorsten Schorr, Parteifreund und engster Mitarbeiter des Landrats, stellt dessen „Inititiative, Kreativität und Einsatzbereitschaft“ ins Licht. „Ich bin stolz, mit ihm diesen Weg zu gehen“, sagt er. Und, ein bisschen Werbung in eigener Sache darf sein, dass er das gerne noch länger tun würde, wenn in zwei Jahren die Wahl ansteht. Jan Hilligardt, der Regierungspräsident mit SPD-Parteibuch, schaut auf die Wahl zurück, erinnert an die „überzeugenden 67 Prozent“ der Wählerstimmen. Dies sei „Bestätigung durch die Basis“, Zeichen für das „Vertrauen der Wähler“, von denen 41 Prozent den Weg zur Urne angetreten hatten. Krebs nennt der Mann einen „verlässlichen, konstruktiven Gesprächspartner. Sie packen an, denken zukunftsorientiert.“ Tim Ruder, Direktor des Hessischen Landkreistags, hat recherchiert und meldet, dass Ulrich Krebs außer einem Kollegen aus dem Landkreis Fulda der einzige ist, der im Amt „volljährig“ geworden sei. Wird das Nähkästchen mal kurz geöffnet und das Persönliche über das Staatstragende gestellt, sind das meist die spannendsten und gleichzeitig entspanntesten Momente bei „Staatsakten“ im Großen und im Kleinen. Dies war der Part von Usingens Bürgermeister Steffen Wernard unter dem Motto „Jim Knopf und die Wilde 13“. Das Bild vom Landrat im Kampf mit den 13 Kommunen des Kreises und ihren ewigen Wünschen und Ansprüchen hat irgendwann mal ein Ex-Bürgermeister aus Kronberg ins Rennen gebracht, mit ihm kann man schön spielen. Wernard weitet es aus auf die früher sogar 71 Altgemeinden im einstigen Obertaunuskreis mit Dörfern von A wie Altweilnau bis W wie Winden. Und alle mit ihren „eigenen Gesetzmäßigkeiten und ureigenen Verhältnissen“.

Kein leichter Job für die Führungskraft im Kreishaus, „du hast es geschafft, die wilden 13 auch mal einzufangen. Und du hast die Wünsche von allen im Blick.“ Wernards Zitat des Abends als Mitgift für den Mann mit der längsten Dienstzeit als Landrat in 52 Jahren Hochtaunuskreis stammt von Kennedy: „Einen Vorsprung hat, wer da anpackt, wo andere noch reden.“ Dass Ulrich Krebs das gut kann, lobt Fabiola Bollinger charmant, die Rettungssanitäterin und manchmal auch im Hubschrauber fliegende Bergretterin. „Sorgen und Nöte“ der Rettungskräfte nehme er aufmerksam wahr, um den Sinn für die Praxis zu schärfen, ist der Landrat für ein Praktikum mit Dienstfahrt gebucht. „Ein Mittagessen gibt es bei uns auch“, sagt die Bergretterin.

Dass die von Krebs annoncierte „kurze Rede“ doch noch eine halbe Stunde dauert, war angemessen. Denn es sind sehr, sehr viele besondere Gäste zu begrüßen, und es müssen Pflöcke eingeschlagen, die zukünftig entscheidenden Aufgaben definiert werden. Von neuen Konzepten in der Verwaltung, die „sein muss wie ein Online-Einkaufsshop“, über das ganz wichtige Thema Mobilität mit einem verlässlichen Nahverkehr und einer hoffentlich bald nach Usingen fahrenden S-Bahn bis zur Arbeitsakte Bildung und Betreuung. Nach dem bisher 800 Millionen Euro teuren Schulbauprogramm („Markenzeichen des Kreises“) die Ganztagsschule, die bis 2026 funktionieren muss. Nicht zu vergessen das Thema systematischer Infrastruktur-Ausbau für alle Rettungskräfte in einer Welt, die im heutigen Zustand vor ein paar Jahren noch „fern aller Vorstellungskraft war“, so Krebs. Das musikalische Rahmenprogramm erinnert in Musikauswahl und Besetzung mehrfach an den Krieg in der Ukraine. „Es ist ohne Alternative, die Ukraine zu unterstützen.“ Für diesen Satz bekommt der Landrat den lautesten, intensivsten und am längsten anhaltenden Beifall.

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