Apfelblütenwanderung durch die Streuobstwiesen der Gemarkung

Die vom Regen unbeeindruckten Besucher trafen sich auf der vom Autohaus Emil Frey zur Verfügung gestellten Wiese direkt hinter dem Firmengebäude. Foto: privat

Hochtaunus (ow) – Eine über Jahrzehnte gewachsene Zusammenarbeit, vereint im Bestreben, der Apfelwein, das Regionalgetränk schlechthin vom Baum ins Glas zu bringen, so lässt sich mit wenigen Worten umschreiben, was die Wandergruppe verband, die dem Regen zum Trotz auf den Kronberger Streuobstwiesen unterwegs war. Unter der fachkundigen Leitung von Clemens Egenolf, seines Zeichens Gärtner und ausgewiesener Experte in allen Fragen rund um den Apfelbaum, informierten sich rund 30 von der Frankfurter Kelterei Possmann geladene Gäste bei der 50. Apfelblütenwanderung über die Feinheiten von Schafsnase, Rheinischem Bohnapfel, Boskop, Kaiser Wilhelm oder dem Trierer Weinapfel.

„Von großem Interesse war, wie auch in den vergangenen Jahren, das Thema Baumschnitt“, berichtete Martin Henke, Kelter- und Kellermeister bei Possmann, der gemeinsam mit Michael Hermann, zuständig für Veranstaltungen der Kelterei die Wanderung organisierte. Jedes Jahr haben Vertreter der Stadt Frankfurt, Getränkehändler, Gastronomen und die Betreiber der Sammelstellen für Kelteräpfel in der Region die Gelegenheit, eins der Apfelanbaugebiete kennenzulernen, aus denen Possmann das Ausgangsprodukt fürs „Stöffche“ bezieht.

Dass es im 50. Jahr der Wanderung mal wieder nach Kronberg ging, freute auch Klaus Rapp, Ansprechpartner der Possmänner vor Ort und selbst leidenschaftlicher Obstbauer.

„Die Wanderung ist immer auch eine prima Gelegenheit, für den örtlichen Obstanbau zu werben“, waren sich Henke und Rapp einig. Denn neben vorbildlich gepflegten Streuobstwiesen gibt es leider auch viele vermutlich schon seit langem sich selbst überlassen Grundstücke.

„Es wäre schön, wenn sich hier eine neue Generation findet, die den verwilderten Anlagen wieder Leben einhaucht“, lautete daher auch der Appell von Possmanns Geschäftsführer Peter Possmann, den Bestand zu pflegen und bei Bedarf auch neue Bäume zu setzen. Unterstützung gibt es dabei zuhauf, die ansässigen Obst- und Gartenbauvereinen bieten Schnittkurse an, Baumschulen beraten zu passenden Sorten.

„Allein aus dieser Region hier bekommen wir weit mehr als 2000 Tonnen Kelteräpfel jedes Jahr“, berichtete Kellermeister Henke, „insgesamt haben wir mehrere hundert Kleinanlieferer, die ihre Äpfel bei den jeweiligen Sammelstellen abgeben, wir freuen uns über jeden, der dabei ist.“ Wer möchte, kann den Lohn für seine Ernte auch als Most entgegennehmen, ein Tauschhandel, der sehr gut angenommen wird, so Henke, dem die Förderung der Streuobstwiesenkultur am Herzen liegt. Denn nicht nur die Äpfel gedeihen hier aufs Beste, die Wiesen bieten auch Nahrung und Rückzugsraum für Insekten, Rebhuhn, Fasan und Niederwild.

„Nicht umsonst hat die UNESCO die Streuobstwiesen in das immaterielle Kulturerbe aufgenommen“, verwies Martin Henke auf die Bedeutung der Obstanlagen. Landwirtschaftliche Fachkenntnis, Fertigkeit in den entsprechenden Handwerkstechniken und Wissen um die über tausend gezüchteten Keltersorten sind Voraussetzung, um den Einklang von Lebensmittelproduktion und ökologisch wertvollem Lebensraum zu erhalten.

Mit großem Interesse verfolgten daher auch die Gäste, was Gärtner Clemens Egenolf, Obstbauer Klaus Rapp, Imkerin Gertrud Kaiser und die Jagdpächter Philipp Werner und Tino Berger zum Thema Streuobst, immerhin einem der Aushängeschilder Kronbergs schlechthin, zu berichten hatten.

Seltene Obstsorten

Wie sehr der Obstbau im Städtchen verwurzelt ist, zeigt ein Blick in die Geschichte. Vom Mittelalter bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts dienten die sonnigen Lagen dem Weinbau, der schließlich durch den Einzug der verschiedensten Obstsorten abgelöst wurde. Großen Aufschwung erhielt der Anbau von Äpfeln, Kirschen, Zwetschgen und Mirabellen durch die Arbeit von Johann Ludwig Christ, im 18. Jahrhundert Pfarrer in Kronberg und angesehener Obstbaufachmann. Er entwickelte Kronberg zu einem Zentrum des Obstbaus. Eine lange Tradition also, ein Stück regionale Kultur, die auf großes Interesse und viele Förderer stoßen, das wurde beim Gang durch die Anlagen deutlich.

Damit es auch weiter kriecht, krabbelt und flattert zwischen den Bäumen lautet der Aufruf der Jäger und Streuobstwiesenbesitzer:

„Bitte auf den Wegen bleiben, vor allem auch mit den Hunden, damit sich die Bodenbrüter vor Ort wieder ansiedeln können.“

Ausgedehnt nutzen konnten die durch die Bank weg begeisterten, vom Regen unbeeindruckten, Besucher dagegen die vom Autohaus Emil Frey zur Verfügung gestellte Wiese direkt hinter dem Firmengebäude. In gemütlicher Runde, bei Brotzeit und Umtrunk aus der Possmannschen Produktpalette klang ein rundum gelungener Vormittag im Zeichen des Apfels aus.



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