Boden und Heimat gegen visionäre Planungen verteidigen

Eine Welle für Heimat und Boden: La Ola schwappt am Wegesrand von Steinbach bis Weißkirchen (im Hintergrund) und hinunter bis nach Niederursel. Foto: Streicher

Hochtaunus (js). CDU-Grandseigneur Jürgen Banzer in fröhlicher Eintracht mit Georg Braun von der Oberurseler Bürgergemeinschaft. Der ehemalige Oberurseler Stadtverordnetenvorsitzende Christoph Müllerleile Hand in Hand mit Steinbachs Ex-Bürgermeister Stefan Naas, der heute im Landtag für die FDP agitiert. Grüne neben Christdemokraten, Landwirte neben Lehrern, ein einig buntes Volk für den Erhalt von Heimat und Boden. Hand in Hand, überparteilich und interkommunal haben am Sonntag rund 3500 Menschen im Feld gegen Frankfurter Planungen zur Entwicklung eines neuen Stadtteils im Norden und Westen der Metropole demonstriert. Haben mit Blick auf die nahe Frankfurter Skyline eine bunte Menschenkette auf den asphaltierten Wegen durch die Äcker geformt, vereint im Ziel, vor allem wertvollen Ackerboden und Frischluftschneisen für Frankfurt zu erhalten. Und durchaus auch, um sich den gefräßigen großen Nachbarn vom Leib zu halten. Und haben am Ende mit einer gemeinsamen La-Ola-Welle von Oberursel Richtung Frankfurt und zurück Entschlossenheit demonstriert, Boden und Heimat gegen visionäre Bauplanungen zu verteidigen.

Der Ast, auf dem wir sitzen

Die so genannte „Josef-Stadt“ will hier keiner, der Aufmarsch bei Spätsommerhitze ist eine klare Absage an die Visionen des Frankfurter Planungsdezernenten Mike Josef (SPD). „Wir schneiden uns den Ast ab, auf dem wir sitzen“, sagt einer am Wegesrand. Gemeint ist damit neben dem Verlust von Naherholungsflächen im letzten Grüngürtel zwischen Metropole und Taunuskamm auch das Zerstören von Ackerböden für die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln, die etwa Udo Keil moniert, der aus Kronberg zur Demo ins Feld zwischen Steinbach und Oberursel gekommen ist. Die Begriffe Heimat und Boden haben eine neue Wertigkeit bekommen an der Protestfront, zur Demonstration mit Menschenkette hatte die Bürgerinitiative „Heimatboden Frankfurt“ unter dem Motto „Grün statt grau – kein Klima-Gau“ aufgerufen. Mehr als zwei Dutzend Ortsverbände vor allem der CDU, von FDP und Grünen und Bürgergemeinschaften hatten sich dem Aufruf angeschlossen, ebenso Bauernverbände und das Bündnis Bodenschutz mit lokalen Ablegern bis Friedberg und in die Wetterau. Die örtliche SPD hielt sich zurück, wollte dem Parteifreund Josef nicht in den Rücken fallen. „Verweigerungshaltung löst das Problem nicht, die Region wird wachsen“, sagte Antje Runge vom Oberurseler SPD-Stadtverband im Vorfeld. Teile der SPD wollen zumindest Planungen westlich der A5 ablehnen.

Frankfurter Belüftung

„Hier ein Wohnkomplex, das ist schon relativ wahnsinnig“, sagte bei der Abschlusskundgebung auf dem nahe gelegenen Fasanenhof der CDU-Landtagsabgeordnete Jürgen Banzer aus Oberursel. Die Entscheidung pro oder contra Josef-Stadt müsse unter regionalplanerischen Gesichtspunkten fallen, er sei „optimistisch“, dass eine Mehrheit gegen die Pläne zustande kommt. Entscheidende Kriterien für die Ablehnung einer Bebauung auf beiden Seiten der A5 seien der gute Boden an dieser Stelle und die „Frankfurter Belüftung“. In Steinbach sitzen CDU, FDP und Grüne mit im Protestboot, Stefan Naas (FDP) formulierte einen flammenden Appell, die Pläne für eine „Trabantenstadt neben einer zehnspurigen Autobahn“ zu verwerfen und sieht wie Banzer gute Chancen für die Bewegung Heimatboden und ihre Anhänger.

Unterdessen kommt Kritik aus den Reihen der SPD. Deren Ortsgruppen stehen zu Parteifreund Josef, sie haben den Aufruf zur Menschenkette nicht unterschrieben. Die Frankfurter SPD-Bundestagsabgeordnete Ulli Nissen nennt die Kritik an Mike Josef „überzogen, sachlich falsch und stark verzerrt“. Dieser versuche, mit innovativer und vorausschauender Stadtplanung einen „bezahlbaren und umweltfreundlichen Stadtteil zu schaffen“.

Die IHK Frankfurt hat am Wochenende einen regionalen Dialog zum geplanten Stadtteil im Frankfurter Norden gefordert. Ohne ausreichenden Wohnraum werde es keine erfolgreiche Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Rhein-Main geben. An der „Aktivierung großflächiger Areale“ führe kein Weg vorbei. Von bis zu 11 000 Wohnungen für bis zu 30 000 Menschen ist bisher stets die Rede gewesen. Um 550 Hektar Wohnbaufläche auf beiden Seiten der A5 soll es gehen.

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