Auf zur Erlebnistour mit Libelle, Nutria und Schildkröte

Fest in der Hand der Modellbauer ist der obere Maasgrundweiher. Fotos: Streicher

Von Jürgen Streicher

Hochtaunus . Ferienzeit ist Reisezeit, eigentlich zumindest. In Corona-Jahren aber ist alles anders. Inzidenzen und Virusvarianten grenzen das Reisen stark ein oder machen es sogar ganz unmöglich. Strand und Meer im fernen Süden müssen warten, Erlebnisse, Erholung und Erfrischung vor der eigenen Haustür rücken in den Mittelpunkt. Und Ferien zu Hause können mindestens ebenso spannend und aufregend, erholsam und entspannend oder beeindruckend und bildend sein wie weite Reisen in ferne Länder. Wer diese Erfahrung nicht schon längst gemacht hat, wird vielleicht von Corona dazu genötigt, die nähere Umgebung zu entdecken. In der Ferienserie „Erfrischung gefällig!“ widmen wir uns vor allem Erlebnissen, die Abkühlung an heißen Sommertagen versprechen. Im ersten Teil geht es nach Oberursel.

Oh, wie wunderschön ist Gottes Erde. So ein Satz könnte einem in den Sinn kommen, wenn man morgens um halb acht auf dem Weg von der Stadt in den Taunuswald an den drei kleinen Hohemarkweihern vorbeikommt. Rein zufällig vielleicht auf einer Radtour Richtung Hünerbergwiesen oder auch gezielt, um einen schönen Ferientag zu beginnen. Nun ja, vielleicht nicht die passende Zeit für Schulferienkinder, die da gerne noch in den Federn schlummern, könnte man meinen. Aber ja, genau die richtige Zeit für eine Rast mit kleinem mitgebrachtem Frühstück an einem schönen Sommermorgen, wenn die erste Sonne zwischen den Blättern flirrt. Am größten Teich tanzen die Mücken im Lichtkegel der Sonne am Einlauf des kleinen Bächleins, das neues Wasser in den Teich spült. Eine Dame im Sportdress bremst, guckt suchend … „Hier sitzen oft zwei Wasserschildkröten, wenn ich vorbeikomme“, erzählt sie.

Die Kinder merken auf, Wasserschildkröte hört sich gut an, vielleicht ist hier doch ein bisschen was los. Die Neugier ist geweckt, auch wenn sich die befreundeten Wasserbewohner natürlich ausgerechnet heute nicht zeigen. Im Hintergrund sind plötzlich Klatsch-Plansch-Geräusche zu hören. Oh, noch ein Teich, aber kein fetter Karpfen, der da zum Luftholen für eine kurze Weltsekunde sein nasses Element verlässt, es ist Herr Hainer mit seinen beiden Hunden. Frühsport ist angesagt, der eine Hund springt immer wieder ins Wasser, apportiert schnaufend einen Tennisball nach dem anderen, also immer den gleichen. „Schöne Erfrischung“, sinniert die Joggerin, „ist ja schon drückend so früh am Morgen.“ Finden die Kinder nicht, wollen keinen Ball aus dem Wasser fischen. Ist ja kein Badesee, der Hohemarkweiher am Franzoseneck, im Winter ist Eislaufen verboten, zu gefährlich.

Kleine Oase im Stadtwald

Im Sommer blühen die Seerosen vor allem im dritten kleinen Teich auf, Libellen schwirren, allerhand Schmetterlingsflügel sind unterwegs, eine echte Chillzone diese kleine Oase im Stadtwald. Und wenn’s sein soll, auch eine Lernzone. Mal unabhängig von der Biologie am Wasser kann die Frage geklärt werden, warum hier eigentlich vom „Franzoseneck“ die Rede ist und wer der Herr Ravenstein war. Turnvater und Verleger war er, Taunuswanderer und Mitgründer des Taunusklubs. Das Eck, das eigentlich die Kreuzung mehrerer Waldwege Richtung Kronberg und Fuchstanz, Oberursel und Main-Metropole Frankfurt im weitesten Sinn ist, soll von 1919 bis 1924 ein französischer Besatzungsposten des damaligen „Mainzer Brückenkopfes“ gewesen sein. Vielleicht hat der Name aber auch etwas mit den in der Nähe liegenden Custine-Schanzen zu tun, die bereits im ersten Koalitionskrieg 1792 von französischen Truppen errichtet wurden, mutmaßen andere Lokalhistoriker.

Wie dem auch sei, wir haben Wasser geleckt und wollen mehr davon. Trotzdem lassen wir auf der angenehmen Rolltour mit dem Rad Richtung Innenstadt den größten Wasserspielplatz der Stadt links liegen. Das Schwimmbad mit seinen vielfältigen Spielmöglichkeiten und Varianten der möglichen Erfrischung ist natürlich ein wichtiger Anker bei den „Ferien zu Hause“, uns heute aber mal egal. Es geht um die kleinen Plätze am Rande, die so gerne übersehen werden, wenn es um Abenteuer am Wegesrand geht. Etwa am Maasgrundweiher, der mit Enten, Nilgänsen und Nutria lockt. Der Wassernager ist inzwischen schon zum Maskottchen der Modellbootbauer geworden, verrät Dieter Baseler, mit über 30 Jahren Vorstandsarbeit auf dem Buckel so zu sagen dessen Ehrenpräsident. Wir gehören zu den Glücklichen, die dabei sein durften beim frühen letzten Wassergang der Saison am Wochenende. Mit gemütlichen Seglern, rasanten und lärmenden Motorbooten im direkten Geschwindigkeitsduell, mit U-Booten und anderen Wasserfahrzeugen. Die Jungs sind begeistert, vor allem über die sausenden Rennboote, echter Nervenkitzel. Leider erst wieder Ende Oktober, weil jetzt eines der liebsten Oberurseler Freizeitziele erstmal saniert wird. Der Rundweg unmittelbar am Weiher ist dann gesperrt, der Spielplatz kann durchgängig genutzt werden, wohin der Nutria umzieht, ist noch ungeklärt.

Wasserspiele für hochsommerliche Erfrischung bei Ausflügen mit der Familie gibt es auch mitten in der Stadt. Den Jürgen-Ponto-Brunnen auf dem Rathausplatz zum Beispiel mit integrierter Steinrutsche. Errichtet 1984 aus schlichten, reduziert wirkenden Granitformen zur Erinnerung an einen dunklen Tag in der jüngeren Oberurseler Geschichte. Zur Erinnerung an den bekannten Banker Jürgen Ponto, der im Sommer 1977 im Haus der Familie auf dem Oberhöchstadter Berg von RAF-Mitgliedern ermordet wurde. Im Sommer ziert der Brunnen die Mitte des temporären Weindorfes, das heute eröffnet wird, vor allem kleine Kinder lieben das Planschen im Brunnen als wunderbare Kühlung bei Hitze. Dazu noch ein Eis am Stiel oder in der Tüte, da werden Mittsommerträume erfüllt. Und Mütter und Väter können am Rand träumen oder einzeln einkaufen gehen, der Wasserspielplatz ist überschaubar.

Das gilt auch für den Springbrunnen in der unteren Adenauerallee, dessen Namen niemand kennt, wenn man mal so rumfragt. Als er 1901 installiert wurde, sollte er die „Krönung der Oberurseler Wasserleitung“ sein, im Jahr zuvor hatte ein „Bürgercomité“ zu Spenden für den Wasserspeier aufgerufen. In den 1930er-Jahren wurde er umgestaltet, lange lag er unbeachtet am Wegesrand zwischen Bahnhof und innerer City, inzwischen ist er wieder zum internationalen Treffpunkt aller Generationen geworden. Da wird aus dem Fußbad auch schon mal ein Sitzbad.

Am Urselbach weiter westlich bachabwärts unterhalb des Weihers neben der Christuskirche beginnt die „Arbeitszone“ am Bach. Soll noch einer sagen, Kinder zieht’s allenfalls noch zum Datenfluss an Handy und Computer, hier wird er Lügen gestraft. Am Urselbachfluss gibt es gleich mehrere Baustellen zwischen Kirche und dem Standort der einstigen Brennersmühle in der verlängerten Nassauer Straße, die in der warmen Jahreszeit fast täglich ihr Erscheinungsbild wechseln. Kleine Paradiese für kreative Köpfe mit gestalterischen Händen, stete Erfrischung unterm Blätterdach inklusive. Erfrischende Nahrung und Getränke sollte man bei einem längeren Ausflug selbst mitbringen. Nach Burgern, Pommes und Döner riecht es an keinem der hier beschriebenen Orte. Außer vielleicht im Taunabad, aber das wollten wir ja außen vor lassen.

!Die Weiher am „Franzoseneck“ und die Schutzhütte sind zu Fuß in etwa zehn Minuten von der Klinik Hohe Mark aus zu erreichen. Waldwege führen aus dem Maasgrund und von der Stierstädter Heide sowie aus Kronberg kommend zum Franzoseneck, einem Kreuzungspunkt des Rundwanderwegs R1. Von dort sind es auf abfallenden Wegen knapp drei Kilometer bis zum Maasgrundweiher, die auch zu Fuß leicht zu bewältigen sind. In die Innenstadt und zu den anderen beschriebenen Stellen am Bach läuft man je nach Tempo um die 15 Minuten, zu Rad ist es ein Katzensprung.

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