Von Amber Ibold
Hochtaunus. Stephanie Waskönig läuft für ihr Leben gern. Dies zeigte sie auch bei ihrem jüngsten Lauf, der sie aber auch vor einige Herausforderungen stellte.
Jeder musste bestimmt mal rennen, weil er zu spät für die Arbeit, Schule oder einen anderen Termin war. Doch dieses Laufen, sogar über mehrere Stunden, können sich viele nicht vorstellen. Stephanie Waskönig aus Bad Homburg hat genau das gemacht. Sie nahm Anfang Oktober an dem 100 Kilometer Ultramarathon in Taubertal teil und vollendete ihn erfolgreich in 12:41 Stunden.
Bei dem Ultra-Marathon, an dem Waskönig teilgenommen hat, kann man sich für 50, 70 und 100 Kilometer anmelden. Außerdem muss eine bestimmte Qualifikation bei dieser speziellen Art von Lauf mitgebracht werden. Es muss nachgewiesen werden können, dass man schon einmal an einem Ultra-Lauf teilgenommen hat oder einen Marathon unter einer bestimmten Zeit vollendet hat. Allerdings war das Besondere an diesem Rennen: Man konnte sich während des Laufs spontan für eine andere Distanz entscheiden – wenn man sich für 70 Kilometer angemeldet hatte, aber nur Kraft für 50 Kilometer hatte, wurde auch dies akzeptiert. Dadurch entsteht weniger Druck, eine gewisse Strecke schaffen zu müssen, und man kann als Läufer den Weg besser genießen.
Anders als bei einem Marathon haben Läufer, die an einem Ultra-Lauf teilnehmen, das Ziel, möglichst viele Strarter über die Ziellinie zu bringen. Das Gefühl von Gemeinsamkeit außer dem Ehrgeiz, den Lauf erfolgreich zu beenden, ist enorm. Durch das Teilnehmen an solchen Rennen lernt die enthusiastische Läuferin neue Leute aus der ganzen Welt kennen, mit denen man „eine Cola gemeinsam trinkt“ oder sogar „zukünftige Läufe zusammen plant“, erzählt die US-Amerikanerin begeistert. Denn „wir alle haben eine absolute Liebe für diesen Sport“.
Waskönig hat mit Ultra-Läufen während der Coronapandemie angefangen, befand sich dort schon auf Marathonlevel. Sie trainiert alleine oder mit Freunden, geht schwimmen und manchmal ins Fitnessstudio. Da sie aufgrund von einigen Operationen für eine Weile mit dem Laufen pausieren musste, war es ihr umso wichtiger, wieder reinzufinden. Wenn sie laufen geht, achtet sie darauf, dass sich weniger flache Straßen und umso mehr bergige Wege auf ihrer Route befinden. Die Sportlerin will mehr ein Intervalltraining absolvieren als eine permanent gleichhohe Belastung.
Auch ist Ernährung ein wichtiger Aspekt in Waskönigs Routine. Das Laufen von einer solchen Strecke geht nicht nur auf das physische Wohlbefinden, sondern auch auf die psychische Gesundheit. Das hängt nicht nur mit der extremen Anstrengung zusammen, sondern auch mit fehlendem Wissen über die richtige Ernährung: Sowohl, welches Essen vorteilhaft für den Körper ist, als auch, wie viel man pro Stunde essen muss, spielt dabei eine wichtige Rolle. Denn bei Waskönigs vorherigem Lauf in Salzburg hatte sie eine Halluzination und „konnte nicht sprechen“, aufgrund von Kalorien- und Elektrolytemangel. Die 43-Jährige sah einen „vier Meter hohen, gelben Lego Mann, der im Wind tanzte“, erzählte sie fassungslos. Er sang „You can do it“. Erst am nächsten Tag war ihr aufgefallen, dass dies nur eine Einbildung war.
Da sie nach dem letzten Lauf etwas gewartet und sich erholt hatte, blieb ihr schließlich nur noch ein Tag, um sich endgültig für den besagten Lauf im Taubertal anzumelden. Doch bereut hat sie ihre Entscheidung nicht.
An jenem Samstag im Taubertal trafen sich alle Läufer um halb sechs auf einer Wiese, wo Musik gespielt wurde. Die Stimmung ging von Nervosität zu Ungeduld über, denn alle konnten es kaum noch abwarten, zu starten. Um sechs Uhr ging es dann los. Während des Laufes war Waskönigs Familie sehr unterstützend. So informierte sie ihren Ehemann und ihre Kinder im Voraus, was sie bei ihrer kurzen Pause benötigt und diese bereiteten alles bei den Verpflegungsstationen vor. Sowohl „Orangen mit Salz“ und eine Cola als auch Pflaster und weitere Verpflegung, die sie dann auf den restlichen Lauf mitnahm.
Bei den Verpflegungsstationen tummelten sich außerdem medizinische Fachleute, die die Läufer durchcheckten. Aufgrund ihres Zustands entschieden sie dann, ob die Sportler weiterlaufen dürfen, oder ihr Lauf für den Tag beendet ist.
Nach etwa 65 Kilometern verschlechterte sich Waskönigs Zustand. Sie geriet in einen Kalorienrückstand, aber aß einen „kleinen Zitronenkuchen“, damit es ihr wieder besser ging. Dennoch bekam sie auch hier eine Halluzination. Sie sah einen Wachturm, der die Läufer aus dem Rennen zog, die „schwach“ aussahen. Das hat sie allerdings ermutigt, mehr Gas zu geben und weiterzulaufen. Am Samstag „startete ich den Lauf dann im Dunkeln, und ich beendete ihn wieder im Dunkeln“, mit einer Zeit von zwölf Stunden und 41 Minuten.
Waskönig möchte durch ihre Begeisterung und ihr Engagement für den Sport mehr Frauen überzeugen, auch mit dem Laufen anzufangen. Denn leider sei die Frauenquote bei diesem Sport immer noch sehr niedrig, da viele meinen, dass sie es nicht schaffen, unter anderem weil sie Kinder haben. Doch Waskönig ist das Paradebeispiel für jemanden, der dafür die perfekte Balance gefunden hat. „Besonders im Taunus gibt es so viele Möglichkeiten wie den Kurpark“, die man zum Laufen nutzen kann. Auch ihre Tochter konnte sie für den Sport bereits begeistern.
Waskönigs nächster Lauf ist schon geplant. Der „Trail Alsace Grand Est“ von UTMB veranstaltet eines der größten Wettrennen auf und um den Mont Blanc, am 19. Mai 2024. Dort wird ausgelost, welcher Läufer teilnehmen darf, und Waskönig fiebert schon ordentlich mit, dass sie unter den Glücklichen ist.