Hochtaunus (how). Bei der Jubiläumsausgabe des ADFC-Fahrradklima-Tests erzielt der Hochtaunuskreis erneut ein gemischtes Ergebnis. 1227 Bürger haben an der bundesweiten Befragung teilgenommen. Zum zweiten Mal sind alle Kommunen im Hochtaunus vertreten. Unzufrieden sind Radfahrer vor allem mit Ampelschaltungen, fehlender Breite der Radwege und unzureichenden Falschparker-Kontrollen. Leichte Verbesserungen gab nur es bei den geöffneten Einbahnstraßen. Der ADFC fordert den Ausbau der Radinfrastruktur mit Unterstützung des Bundes durch eine jährliche Fahrradmilliarde und eine Modernisierung des Straßenverkehrsrechts.
ADFC-Vorsitzender Patrik Schneider-Ludorff sagt: „In den vergangenen zwei Jahren ist im Hochtaunuskreis außer Planung wenig passiert. Die Radfahrer vergaben für keinen Ort bessere Bewertungen als 2020, leichte Ver- schlechterungen wurden für Friedrichsdorf, Neu-Anspach und das Schlusslicht Usingen festgestellt, deutlich verschlechtert hat sich Glashütten.“
So verwundert es nicht, dass Usingen (4,56), Königstein (4,51) und Grävenwiesbach (4,48) die drei Schlusslichter der hessischen Orte mit unter 20 000 Einwohnern bilden und Bad Homburg (4,21) auf den vorletzten Platz der Orte ab 50 000 Einwohnern vor Wetzlar abrutscht. Engagement der Gemeinden wird, wie in Wehrheim (3,42), mit Platz 2 der kleinen Gemeinden honoriert. Auch Steinbach (3,66) blieb unter den Top Ten. Friedrichsdorf (leicht verschlechtert auf Rang 4, Note 3,6) und Oberursel (unverändert, 3,7, leicht verbessert auf Rang 7) bleiben unter den Top Ten der Orte mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern.
Ziel sei laut ADFC, dass sich alle Menschen auf dem Rad wohl und sicher fühlen. Das sei im Hochtaunus nicht der Fall: 68 Prozent fühlen sich beim Radfahren nicht sicher (Usingen 93 Prozent, Königstein 86 Prozent und Bad Homburg 81 Prozent). Dabei ließe sich schon mit kleineren Maßnahmen die Situation deutlich verbessern, beispielsweise durch konsequente Ahndung von Falschpar-kern auf Radwegen und Anordnung von Tempo 30. Das reiche aber nicht.
„Die Menschen im Hochtaunuskreis wollen Straßen, die einladend zum Radfahren sind. Dafür brauchen wir ein durchgängiges Radwegenetz innerorts und sichere und komfortable Radverbindungen zwischen den Ortsteilen und in die Nachbarkommunen. Die Radverkehrskonzepte vor Ort und im Kreis müssen umgesetzt werden. Dies kann nur gelingen, wenn Radverkehr zur Chefsache beim Landrat und den Bürgermeistern erklärt wird. Zusätzlich wird von Bund und Land langfristige und planbare Unterstützung benötigt. Auch das Straßenverkehrsrecht benötigt eine Reform, damit willige Kommunen mehr Gestaltungsfreiheit bekommen, um die Radfahrbedingungen vor Ort zu verbessern“, sagt Patrik Schneider-Ludorff. Den 612 freiwilligen Anmerkungen in den Fragebögen ist allgemeiner Unmut zu entnehmen, dass im Wesentlichen außer Lippenbekenntnissen nichts passiert ist. Wo Fahrradkonzepte vorhanden sind, fehlt es an der spürbaren Umsetzung. Gleichzeitig erfolgen ständig Maßnahmen zum Wohle des Autoverkehrs. Gegenüber dem letzten Test im Jahr 2020 blieb die Gesamtbewertung im Hochtaunuskreis unverändert. Im Durchschnitt geben die Radfahrer die Note ausreichend (4,0) für die Fahrradfreundlichkeit. Positiv bewerten sie den Trend zur Öffnung der Einbahnstraßen. Nachgelassen hat der „Spaß am Fahrradfahren“ (0,24), die Einschätzung „Alle fahren Rad“ (0,24) und die „Berichterstattung“ (0,27). Den Punkt „Förderung des Radverkehrs in jüngster Zeit“ beurteilen Friedrichsdorf, Oberursel und Glashütten mit einer Verschlechterung um 0,4 und Grävenwiesbach, Usingen um 0,3 sowie Bad Homburg und Kronberg um 0,2 Notenpunkte. Hier zeigt Wehrheim, dass eine Verbesserung um 0,4 Notenpunkte möglich ist.
In der Zusatzbefragung zum ländlichen Raum beim Fahrradklima-Test sollten die Teilnehmer bewerten, wie gut die Nachbarorte per Rad zu erreichen sind. Hier gab es vor allem für kleinere Kommunen, die weit von urbanen Zentren entfernt sind, schlechte Noten: Glashütten (4,92) und Grävenwiesbach (5,24) be- werten diese Situation am schlechtesten in Hessen. Auch die Möglichkeit zur eigenständigen Radmobilität von Kindern und Jugendlichen erfährt oft eine negative Bewertung, etwa in Weilrod (4,79), Schmitten (4,80) oder Grävenwiesbach (4,85).
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit von Radfahrern weltweit. Er wird vom Fahrradclub ADFC alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt und fand 2022 zum zehnten Mal statt. Rund 245 000 Radfahrer haben bei diesem Durchgang abgestimmt, davon nur 16 Prozent ADFC-Mitglieder. 1114 Städte kamen in die Wertung, mehr als jemals zuvor. Bei den 27 Fragen ging es darum, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und wie viel die eigene Kommune für die Fahrradförderung tut. Fünf Zusatzfragen drehten sich dieses Mal um das Radfahren im ländlichen Raum. Damit fundierte Ergebnisse erzielt werden, müssen pro Stadt mindestens 50, bei größeren Städten mindestens 75 beziehungsweise 100 Abstimmungsergebnisse vorliegen. „Die Ergebnisse des Tests haben durch die breite Bürgerbeteiligung hohe Aussagekraft und können Kommunen helfen, das Angebot für Radfahrer gezielt zu verbessern“, so der ADFC. Detaillierte Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests gibt es im Internet unter www.fahrradklima-test.adfc.de.