In die faszinierende Welt der Honigbiene mit Andreas Kramer

Andreas Kramer hält unter Mammutbäumen auf dem Grundstück des Dorint Hotels in Oberursel einen Vortrag über Bienenkunde. Foto: ad

Hochtaunus (ad). In den vergangenen Jahren ist das öffentliche Interesse am Leben der äußerst komplex organisierten Bienenvölker enorm gestiegen, und auch die Zahl der Hobby-Imker nimmt kontinuierlich zu. Und vielen geht es dabei gar nicht um den Honig – oder zumindest nicht in erster Linie. Sie wollen vor allem etwas gegen das weltweite Bienen- und Insektensterben tun. Bienen sind maßgeblich an der Produktion von Nahrungsmitteln beteiligt. Sie sind unersetzbare Bestäuber, ohne die es das meiste Obst und Gemüse sowie viele Pflanzen überhaupt nicht gäbe. Ohne sie wäre ein Großteil der Blütenbestäubung unmöglich. Experten gehen davon aus, dass etwa 75 Prozent der Ernte entfallen würden, wenn es keine Bienen mehr gäbe.

In das faszinierende Leben von Bienen und Bienenvölkern führte auf Einladung des Naturheilvereins Taunus der aus Grävenwiesbach kommende Bio-Imker Andreas Kramer die interessierten Teilnehmer auf dem wunderbaren Gartengrundstückes unter den Mammutbäumen des Dorint Hotels in Oberursel in Form eines Open-Air-Vortrags ein. Er erklärte ausführlich und anschaulich, wie sich Bienen und Bienenvölker im Jahresverlauf verhalten, welche Aufgaben sie zu erledigen haben, mit welchen Schwierigkeiten sie kämpfen.

Andreas Kramer betreibt eine kleine, familiengeführte Bioland-Imkerei. Eine gute Honigqualität und das Wohl der Bienen liegen Andreas Kramer ganz besonders am Herzen. Geich an dieser Stelle könnte man sich fragen, was ist eigentlich Bio-Honig, wissen doch die Bienen nicht wirklich, wo Bio-Felder aufzufinden sind. Die Richtlinien zum Bio-Honig richten ihr Augenmerk insbesondere auf die Bienenhaltung oder auch auf das bevorzugte Aufsuchen von Stellplätzen für die Bienenstöcke, an denen möglichst viele naturbelassene Blüten zu finden sind. So eben auch auf dem wundervollen Grundstück des Dorint Hotels, auf dem Andreas Kramer seine Bienen in Absprache mit dem Hotel halten darf.

Die Zuhörer merken Andreas Kramer seine Liebe zu den Bienen an, wenn er erklärt, dass Honigbienen staatenbildende Insekten sind, die alleine nicht überleben können. Ein Staat besteht fast ausschließlich aus weiblichen Bienen, die männlichen Bienen, die Drohnen, bilden weniger als zehn Prozent. Insgesamt bilden bis zu 40 000 Bienen ein Bienenvolk.

Der Staat, zu dem sich ein Bienenvolk zusammenschließt, funktioniert wie ein gut geöltes Uhrwerk. Jedes Mitglied hat klar definierte Aufgaben und nimmt einen festen Platz innerhalb der Gesellschaft ein. Die Kommunikation untereinander basiert auf Pheromonen, also hormonellen Botenstoffen, die jede Biene absondert. Außerdem führen Bienen spezielle „Tänze“ auf, die bestimmte Aktionen einleiten und ebenfalls der Verständigung dienen.Jedes Bienenvolk hat nur eine Königin, die einen ganz speziellen Duft ausströmt, der den gesamten Staat zusammenhält. Sie kann als Einzige Eier legen und ist somit die „Mutter“ aller Bienen innerhalb eines Staates. Während der Hauptbrutzeit, die von April bis Juni dauert, legt sie bis zu 2000 Eier am Tag. Die Königin ernährt sich ausschließlich von Gelee Royale. Sie verläßt den Stock bis auf einen kurzen „Hochzeitsflug“ zu Beginn ihres Lebens nicht mehr. Während dieses Ausflugs, der etwa zwei Wochen nach ihrer Geburt stattfindet, lässt sich die Königin von bis zu 20 Drohnen begatten. Stirbt eine Königin frühzeitig, legt eine Arbeiterin ein Ei, aus dem die nächste Königin heranwächst: Ein bemerkenswertes Phänomen, das den Fortbestand des Volkes sichert.

Die Honigbiene zieht es vom Land in die Stadt. Denn auf dem Land herrscht agrarindustrielle Ödnis: Hecken, Kleingehölze, Waldstücke und Bachränder wurden im Zuge der Flurbereinigung systematisch gerodet, und es entstanden weite, eintönige Agrarflächen – gut für großräumige Monokulturen, schlecht für Bienen. Denn Monokulturen werden binnen weniger Tage abgeerntet. Schlagartig entstehen grüne Wüsten, in denen die Bienen weder Pollen noch Nektar finden. Hinzu kommt, dass die Bauern weniger Zwischenfrüchte kultivieren und ihre Wiesen oft schon vor der Blüte mähen. In manchen Regionen finden Bienen bereits im Juli nur noch blütenfreie Flächen vor. Auf dem Land hungern die Bienen teilweise, und manche Völker sterben mitten im Sommer.

Stadtbienen leben besser

Anders in der Stadt: Hier locken begrünte Dachterrassen, Kleingärten, ungedüngte Blumenwiesen, Brachflächen und aufgelassene Friedhöfe mit einem Nahrungsangebot sondersgleichen. Irgendwas blüht immer in der Stadt. Weil das Blütenangebot hier vielfältiger ist, sind Stadtbienen gesünder als ihre Schwestern auf dem Land.

Zu den naturnahen Gärten kann jeder beitragen. Der Rasen sollte nicht zu häufig gemäht werden – und auch blühender Klee kann im Rasen schön aussehen. So entsteht unwillkürlich ein reiches Nahrungsangebot für Bienen und Schmetterlinge. Auch der Kauf von Bio-Produkten unterstützt eine insektenfreundliche Landwirtschaft, indem durch den Verzicht von Düngemitteln die Artenvielfalt gefördert wird.

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