Der Hochtaunuskreis ist eine gute Adresse für Bienen

Neu-Imker Achim Brück wird bei der Arbeit unterstützt von Renate Bill. Foto: bg

Hochtaunus (how). Die Anzahl der Insekten geht dramatisch zurück, und auch die Bienen haben es schwer. Durch Monokulturen, versiegelte Flächen und Steinwüsten finden sie immer weniger Nahrungsangebote. „Aber wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, das Hölderlin-Zitat ist wieder mal zutreffend. Viele Menschen interessieren sich auf einmal für die sprichwörtlich „bienenfleißigen“ gelb-schwarzen Nektar- und Pollensammler und die Imkerei. Zunehmend werden Blühstreifen an Ackerränder oder Blühwiesen auf städtischen Grünflächen angelegt. Oberursel ist eigentlich eine tolle Adresse für Bienen, und auch im Hochtaunuskreis wird viel für die Bienen getan.

Das Institut für Bienenkunde ist seit Jahrzehnten in Oberursel zu Hause. Es wurde 1937 von der Polytechnischen Gesellschaft Frankfurt gegründet und wird seit 1963 gemeinsam mit der Goethe-Universität unterhalten. Es bildet den Schnittpunkt zwischen universitärer Grundlagenforschung und praktischer Bienenhaltung. Zur Zeit noch auf dem Gelände des Siedlungslehrhofs im Norden von Oberursel ansässig, plant es einen Neubau an der verlängerten Ebertstraße. In der Adenauerallee steht ein Bienenhaus, der „Butineur Urbain“. Der blaue Kasten, der eher an einen Fahrschein- oder Parkautomaten erinnert, wurde im Jahr 2014 aufgestellt. Er ist ein Geschenk der Stadt Epinay-sur-Seine zum 50-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft. Ein bau-gleiches Modell steht in der französischen Partnerstadt als der Verbundenheit zwischen den Städten. Geschaffen wurde es von den Künstlern Olivier Darne und Emmanuelle Roule aus Epinay. Wenn die Bienen ausfliegen ist der Butineur regelmäßig Anziehungspunkt für alle Bienenfreunde. Besonders die Kinder beobachten aufmerksam das Treiben auf den Bienenrahmen, die hinter der Glasfläche zu sehen sind. Betreut wird er von einem Mitglied des Bienenzuchtverein Obertaunus, dem Oberurseler Jürgen Liehr. Auch auf dem Rathaus tummeln sich Bienenvölker, um die sich Hobby-Imker Michael Reuter kümmert.

Der Bienenzuchtverein Obertaunus wurde bereits im Jahr 1889 gegründet und ist einer der mitgliederstärksten deutschlandweit. Ihm gehören derzeit 250 Imker an, darunter auch die beiden Oberurseler. Die Vereinsmitglieder betreuen insgesamt die stattliche Anzahl von rund 1000 Bienenvölkern – Tendenz steigend. Denn der Bienenzuchtverein bildet regelmäßig aus. Wer will, kann sich bei einem Schnupperkurs mit der Welt der Bienen und des Imkerns vertraut machen. Dabei lernen die angehenden Imker die Grundlagen des Imkerhandwerks im Jahresverlauf kennen.

Für die Neu-Imker hat der Bienenzuchtverein komfortable Bedingungen geschaffen. Auf dem Übungsgelände am Ortsausgang von Bad Homburg in Richtung Friedrichsdorf stehen auf einer großen Fläche 15 Bienenstöcke. Dazu ein Bauwagen, in dem wichtige Gerätschaften deponiert werden können und in dem auch ein trockenes Plätzchen bei Regen vorhanden ist. Die Schulungen finden regelmäßig einmal in der Woche statt. Betreut und angeleitet werden sie vom Bienenfachmann Uwe Stubbe und weiteren aktiven Imkern wie Klaus Burschil, Winfried Kapatsch, Jonas Mähler, Winfried Reuter, Renate Bill und Karin Diehl.

Im vorigen Jahr, als der Bauwagen aufgestellt wurde, wollte die Ausbildungsmannschaft richtig Gas geben. Viele Interessenten hatten sich gemeldet, doch dann musste wegen der Corona-Pandemie alles abgesagt werden. In diesem Jahr wurde erst jetzt mit der Arbeit begonnen, denn im April war es einfach viel zu kalt. Erst bei einer Temperatur um die zwölf Grad fliegen die Bienen aus ihren Stöcken und gehen auf Nektar- und Pollensuche. Jetzt sind Uwe Stubbe und seine Helfer froh über die sinkenden Inzidenzzahlen. Sie achten sorgfältig auf genügend Abstand und haben zwei Gruppen gebildet, die zeitlich versetzt ihre Arbeit an den Bienenvölkern aufnehmen. Uwe Stubbe hat für sie deutlich sichtbar am Bauwagen einen Plan aufgehängt. „3 – 5 – 8 ist die Königin gemacht“ (drei Tage Ei, fünf Tage offene Made, acht Tage verdeckelte Made) steht als Erläuterung oben drüber. Dann sind die einzelnen Stationen im Leben der Königin und ihrer Arbeitsbienen dargestellt und erläutert. Ein guter Wegweiser durch die wöchentlichen Arbeiten, die zu erledigen sind.

Begonnen wird regelmäßig mit der Öffnung der Beuten und der Durchsicht der Waben. Jedem „Neu-Imker“ wird ein Bienenvolk zur Verfügung gestellt. Damit kann er alle Arbeitsschritte, die im Laufe des Imkerjahrs erforderlich sind, kennenlernen und übernimmt Verantwortung für das Jungvolk im Stock. Ausgestattet mit den notwendigen Gerätschaften wie Stockmeisel zur Lockerung der Waben und einem leichten Besen zum Abfegen von einzelnen Bienen, geht’s an die Arbeit. Um sich vor Stichen zu schützen, tragen alle Neu-Imker den obligatorischen Bienenschleier und Handschuhe. Die Ausbilder verfolgen aufmerksam die Arbeit an den Bienenstöcken und können jederzeit helfend eingreifen.

In einem guten Ertragsjahr liefert ein Bienenstock um die 30 Kilo Honig. Viele Hobby-Imker verkaufen ihren Honig direkt an der Haustür. Daneben gibt es zahlreiche Läden in Oberursel die das beliebte Regionalprodukt vermarkten. In der Honighalle in Köppern, dem ersten „Unverpacktladen“ im Kreis, stehen unzählig viele Honigsorten zum Verkauf. Darunter nicht nur die üblichen Sorten wie Raps-, Blüten-, Wald-, Akazien-, Kirsch-, Obstblüten-, Linden-, Fenchel-, Eichen-, Kastanien- oder Tannenhonig, sondern auch ganz exotische wie Orangenblüten, Koriander, Lavendel, Kurkuma, Ingwer oder Honig mit Zimtschaum. Zum Sortiment gehören natürlich auch alle Produkte rund um den Honig, wie Bienenwachskerzen, Seifen, Propolis, Shampoos oder die runden Holzhoniglöffel.

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