Hochtaunus (fch). Oberursel, Bad Homburg und weitere 24 Gemeinden im Hochtaunus- und Main-Taunus-Kreis haben einen „FinanzPunkt“. Zwei Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken in Bayern und Baden-Württemberg haben das Erfolgs-Konzept übernommen. Mehr als zehn deutsche Regionalbanken, Geldinstitute aus den USA und Frankreich sowie die Bank of Japan sind interessiert am bundesweit einzigen, flächendeckenden Kooperationsmodell. Die gemeinsame Initiative von Taunus Sparkasse und Frankfurter Volksbank erregt national und international Aufmerksamkeit.
Dass sogar Kollegen aus dem Ausland in den Taunus kommen würden, um sich das Konzept „FinanzPunkt“ der beiden Wettbewerber erklären zu lassen, haben selbst die beiden Vorstandsvorsitzenden nicht erwartet. Eva Wunsch-Weber von der Frankfurter Volksbank und Oliver Klink von der Taunus Sparkasse zogen in einer gemeinsamen Pressekonferenz am ersten Geburtstag ihrer in der Finanzbranche revolutionären Initiative Bilanz. Mitte 2019 beschlossen die Vorstände beider Regionalbanken, ihre seit 20 Jahren bestehende punktuelle Zusammenarbeit weiter auszubauen und ihre drei gemeinsam betriebenen Selbstbedienungs-Center (SB-Standorte) attraktiver zu gestalten.
Im Herbst 2019 kündigten die beiden Wettbewerber an, mehr als 50 ihrer Standorte zusammenzulegen, anstatt Filialen zu schließen. Ergebnis der Überlegungen war eine komplett neu gedachte Infrastruktur mit einem strategisch flächendeckenden Ansatz. Im Dezember 2019 folgte dann in Bad Soden-Neuenhain die Eröffnung der ersten papierlosen Kooperationsfiliale mit einem barrierefreien Eingang, zwei Geldautomaten und einem puristischen Design mit einem Schreibtisch und ausgeklügeltem Lichtkonzept. Am vergangenen Donnerstag eröffnete in Schwalbach die vorerst letzte gemeinsame Filiale. Damit gibt es 26 „FinanzPunkte“ in beiden Kreisen.
Bei 17 Standorten handelt es sich um personenbesetzte Filialen, in denen tageweise Bankdienstleistungen und Beratung unter einem Dach angeboten werden. Bei neun weiteren handelt es sich um SB-Standorte. Die „FinanzPunkte“ haben sich als Kooperationsmodell der Zukunft im ländlichen Raum erwiesen. Zweierteams teilen sich jeweils drei „FinanzPunkte“. Je nach Besetzung leuchten die gemeinsamen Filialen an einigen Tagen blau, wenn Volksbank-Mitarbeiter am Ort sind, oder rot, wenn Sparkassen-Berater da sind. Die Teams sind in jedem „FinanzPunkt“ jeweils eineinhalb Tage anwesend. An allen anderen Tagen erfolgt die Beratung übers Telefon oder Internet. „Wir sind mit den ‚FinanzPunkten‘ für die Menschen, die ihre Bankgeschäfte nicht ausschließlich digital erledigen möchten, weiterhin präsent. Und schaffen ein attraktives und modernes Arbeitsumfeld für die Mitarbeiter“, sagt Oliver Klink. „Wir sind davon überzeugt, dass unser breites Netz an Standorten ein großer Vorteil gegenüber unseren Wettbewerbern ist. Den wollen wir auf jeden Fall verteidigen“, betont Eva Wunsch-Weber, Und fügt hinzu: „Für uns rechnet sich das Konzept.“
Investiert haben die beiden Regionalbanken in ihr gemeinsames Projekt rund fünf Millionen Euro. Die Einrichtung eines modernen „FinanzPunktes“ aus Modulen koste rund 250 000 Euro. Eingespart werde bei laufendem Betrieb 40 Prozent der vorherigen Kosten. Kunden und Mitarbeiter seien vom Share-a-Bank-Modell ebenso begeistert wie die beiden Landräte Ulrich Krebs und Michael Cyrix (beide CDU) sowie Bürgermeister, berichtet Oliver Klink. „Beinahe im Wochentakt erreichen uns Anfragen von Gemeinden, ob wir dort nicht auch einen ‚FinanzPunkt‘ eröffnen können.“ Das sei jedoch abhängig von einer intakten, lokalen Infrastruktur. „FinanzPunkte“ könnten diese stützen, aber nicht reaktivieren. In einer Umfrage hätten 85 Prozent der befragten Kunden angegeben, sie seien froh, dass ihre Bank durch das Konzept weiter am Ort sein könne. Die Kundenfrequenz bestätige dies. Die Kooperation mit weiteren Partnern aus der Bankenbranche sei weder im Taunus noch der Export ins Ausland geplant, informieren die Vorstandsvorsitzenden. „Wir wollten keinen Exportschlager kreieren, sondern ein Konzept für uns umsetzen“, betont Klink. Das Konzept „FinanzPunkt“ sei eine offene Initiative. Sie stehe anderen Sparkassen und Volksbanken in Deutschland als in der Praxis erfolgreich getestetes Modell zur Verfügung. Zudem ist eine Abstimmungen mit Behörden nicht mehr nötig. „Bundesbank, Bankenaufsicht, Bundeskartellamt und die hessische Landeskartellbehörde kennen das ‚FinanzPunkte‘-Konzept.“ Was Zeit und Kosten spare.
Vom großen Erfolg der „FinanzPunkte“ ein wenig überrascht sind die beiden Vorstandsvorsitzenden Eva Wunsch-Weber von der Frankfurter Volksbank und Oliver Klink von der Taunus Sparkasse. Foto: Taunus Sparkasse