Mit dem nötigen Schwung hinein ins Glück

Den Einen ärgert’s, die Anderen freut’s: Die tückischen Aufgaben sorgen an fast jeder der 17 Bahnen für verzweifelte Gesichter – und für Belustigung bei der Konkurrenz.Fotos: Theuner

Von Sebastian Theuner

Hochtaunus. Ausschlafen, in Ruhe frühstücken, Zeit mit der Familie verbringen, Aufregendes erleben, das schöne Wetter genießen – kurz gesagt: Sommerferien. Endlich bleibt Zeit für das, was man gerne macht, für Radtouren durch den Taunus, für ausgedehnte Joggingrunden, für einen sommerlichen Tag im Schwimmbad oder eine Partie Minigolf mit Freunden. Unsere Sommerserie „Sportlich durch den Taunus“ zeigt, wo Sport so richtig Spaß macht. Im zweiten Teil der Ferienserie geht es mit dem Mountainbike in den Wald.

Das Gefühl echter Verzweiflung macht sich bereits an Loch Nummer vier in mir breit. Wieder und wieder rollt der kleine Ball die leichte Anhöhe herab, als ob ihm auf dem Weg nach oben, dort, wo er eigentlich in die zur Zielfahne führende Öffnung hätte fallen sollen, plötzlich der Stecker gezogen worden wäre. Dabei hat einfach der nötige Schwung gefehlt. Und hält das Leben meist zumindest eine zweite Chance bereit, gewähren die Regeln beim Minigolf gar die sechsfache Möglichkeit zum Glück. Wer die nicht nutzt, muss mit den Konsequenzen leben. Die erste „7“ landet in der Wertung. Beim Minigolf ist das keine Glückszahl, sondern die Höchststrafe.

„Putter’s Paradise“ in Oberursel ist eine von zwei sogenannten „Adventure-Golf-Anlagen“ im Taunus und überrascht nicht nur mit ihrem ungewöhnlichen Charakter, sondern auch mit ungeahnten Schwierigkeiten. Auf den ersten Blick erinnert die Anlage an eine Mischung aus Miniatur-Golfplatz und einem Minigolf-Parcours aus dem Fünf-Sterne-Segment. Penibel gepflegter Kunstrasen verleiht den 17 Bahnen an der Alten Leipziger ihr markantes Grün. Die abgehobenen dunklen Stellen markieren das vom Golf bekannte Rough, hohes Gras also, die beigefarbenen Flecken den ungeliebten Sand.

Den Übungsplatz nutzen

Auch wenn dieser nicht echt ist, läuft es für mich an den ersten Löchern mehr schlecht als recht. An Bahn fünf gibt’s die nächste „7“. Die welligen Profile stellen im besten Wortsinn ein nur schwer überwindbares Hindernis dar. Der kleine Übungsplatz vor Loch eins soll den Einstieg erleichtern. „Den sollte man auf jeden Fall nutzen“, empfiehlt ein junges Paar, das seine Runde gerade beendet hat. Die beiden kennen mehrere Anlagen in der Umgebung, für Putter’s Paradise sind sie extra aus Gießen in den Hochtaunus gekommen. „Das ist mal etwas anderes“, sagen sie.

Wer das klassische Minigolfspiel auf Betonplatten gewohnt ist, wo der Schwierigkeitsgrad durch Risse im Boden oder herumliegendes Laub häufig noch erhöht wird, muss sich in Oberursel tatsächlich umstellen. Derlei Hindernisse gibt es dort nicht. „Die Anlage ist sehr sauber und die Gestaltung sehr liebevoll“, lobt eine Familie aus Bad Homburg. Tatsächlich lässt „Putter’s Paradise“ in Sachen Optik keine Wünsche offen. Hier wirkt jede Bahn wie ein Abenteuer für sich, die Anlage könnte mit ihren Wasserelementen, der Brücke und den vielen Sitzgelegenheiten auch als Erholungspark durchgehen.

Dass die fantasievoll gestaltete Außenfassade auch eine Kehrseite hat, zeigt sich, sobald man sich ins Spiel begibt. Nicht nur die gemeinen Bodenwellen sorgen für Frustpotenzial, auch die teils tückischen Hinderniselemente erweisen sich oft als nur schwer zu bewältigen. So muss der Ball eine fast senkrechte Rampe hinaufgejagt, durch einen Wasserlauf hindurch befördert oder um voluminöse Weinfässer herumgespielt werden. Der Erlebnisfaktor kann so auch schon mal vom Ärger über den anspruchsvollen Parcours verdrängt werden. „Es ist schwieriger als normales Minigolf“, sagen die Besucher aus Bad Homburg. „Aber das macht auch den Reiz aus.“

Mehrere Wege führen zum Ziel

Gut finden sie, dass bei „Putter’s Paradise“ immer mehrere Wege ans Ziel führen. Zu Beginn einer jeden Bahn ist eine Tafel angebracht, auf welcher zwei mögliche Spielzüge zum Loch beschrieben sind. Ein etwas leichterer für die jungen Spieler, der andere schwieriger und für die Erwachsenen. Die Abenteuer-Anlage bietet somit Spaß für fast jedes Alter – wie auch der sich an diesem Nachmittag hinzugesellende Kindergeburtstag zeigt. Von Vorteil ist hierbei auch, dass die Bahnen betreten werden dürfen.

Dort läuft es nach dem holprigen Start dann plötzlich besser als gedacht. Durch die bitteren Lehren zu Beginn kann ich die Bodenwellen nun immerhin etwas besser einschätzen. Schon schlägt die gewonnene Erfahrung auch in der Statistik zu Buche. An Loch sechs benötige ich drei Versuche, kurz darauf gar nur zwei. Der Frust weicht einem Glücksgefühl. Eben noch schier die Zähne ausgebissen, nun eiskalt allen Widerständen getrotzt, was gibt es Schöneres?

Meine Erfolgsformel: Mit etwas mehr Schwung hinein ins Glück. Doch sollte es mit der Schlagfreude nicht übertrieben werden. Landet der Ball außerhalb der Bahn – oder gar im Wasser, von wo er mit einem Kescher wieder herausgefischt werden muss –, bedeutet das einen zusätzlichen Strafpunkt. Mein Hoch hält nur kurz an. Manche Herausforderung erweist sich schlicht als zu knifflig. Wie der Ball an Bahn 16 in das in Richtung Loch führende Trichterrohr gelangen soll, ohne vorher an den aus Spielersicht äußerst ungünstig platzierten Steinen hängen zu bleiben, ist mir auch lange nach Abschluss meiner Testrunde ein Rätsel. Ein beim klassischen Minigolf oft erlebtes Ärgernis bleibt ebenfalls nicht aus: Bälle, die quasi schon versenkt scheinen, jedoch über den Lochrand rollen, sich in die entgegengesetzte Richtung verabschieden – und einem gefühlt noch die Zunge herausstrecken. Da fällt man fast vom Glauben ab.

Nachts oder unter Tieren

Wer trotz dieser Unzulänglichkeiten die Geduld nicht verliert, hat auf der Anlage, neben der sich auch noch eine Tennis- und Badmintonhalle sowie ein Restaurant befinden, eine Menge Spaß. Ein Besucher aus Frankfurt findet die Abenteuerversion „um einiges interessanter als normales Minigolf“, auch die Gruppe aus Bad Homburg sagt: „Es lohnt sich herzukommen.“ Sie müssen es wissen, schließlich haben sie auch schon andere Anlagen in der Region getestet. Gut gefällt es ihnen beim Minigolfclub (MGC) Bad Homburg am Sportzentrum Nordwest. Eine besondere Attraktion dort ist die „Lange Nacht des Minigolf“, wo bis 1 Uhr bei Flutlicht gespielt werden kann. Bei Hitze sei der Kurpark empfehlenswert, wegen der Schatten spendenden Bäume. Diese wiederum fehlen in Oberursel.

Tierische Zuschauer gibt’s am Hirschgarten, gelegen mitten im Wald zwischen Oberstedten und Dornholzhausen und Heimat des traditionsreichen Bahnengolf Sportverein (BGSV) Bad Homburg. Eine weitere Adresse ist die Minigolfanlage in Friedrichsdorf-Seulberg. Dort wird oberhalb der städtischen Sporthalle unter altem Baumbestand gespielt – und wie bei den Bad Homburger Anlagen auf den klassischen Betonplatten. Auch eher traditionell veranlagte Spieler kommen im Hochtaunus also auf ihre Kosten.

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