Region (pen). Es ist ein heißer Sommertag. In der Stadt flirrende Hitze, lange Autoschlangen und vielen Menschen, die sich träge und müde durch die Straßen schleppen. Doch von all dem ist hier nichts zu spüren. Wer durch das Tor mit den Engeln auf den Pfeilern tritt und die lange, von hohen Birken gesäumte Allee entlang geht, betritt eine andere Welt. Der Höchster Friedhof ist eine Oase der Ruhe mitten in der Großstadt. Der rund 16 Hektar große Friedhof, der zu den größten in Frankfurt gehört, wurde vor genau 100 Jahren eingeweiht. Von Anfang an sollte er nicht nur eine Ruhestätte für die Toten sein, sondern auch ein Ort Ruhe und Erholung für die Lebenden. Aus diesem Grund wurde in der Mitte eine parkähnliche Grünanlage errichtet mit vielen Bäumen, in denen schon vor 100 Jahren die Bürger flanierten und sich in der Natur erholten.
100 Jahre alte Birken
Bei einer von der Stadt Frankfurt organisierten Führung konnte man die Friedhofanlage und ihre Schätze besichtigen. Errichtet zu einer Zeit, als Gebäude und Anlagen noch viel Prunk verziert wurden, wollten die Stadtplaner etwas Schlichtes, das aber dennoch besonders sein sollte. Deshalb wurde auf einen Torbogen als Entree zum Gelände verzichtet, stattdessen gibt es zwei Säulen mit Engeln und ein eisernes Tor. Rechts vom Eingang steht die Trauerhalle, die zwar durch ihre Höhe imposant wirkt, aber auch auf unnötige Schnörkel verzichtet. In einem sonnigen Arkadengang mit bleiverglasten Buntglasfenstern gibt es noch Leichenzellen, die verwendet werden, wenn Angehörige dort Abschied von ihren Verwandten nehmen wollen.
Von der Trauerhalle aus führt der Weg über eine breite Treppe, die auch wieder von zwei Engeln flankiert wird, zu einer langen Allee mit Parkbänken und großen Birkenbäumen; die meisten stehen hier schon seit 100 Jahren. Während der Coronazeit wurde die Grünfläche von vielen Bürgern genutzt, um im Schatten der Bäume auf einer der Parkbänke ein Buch zu lesen oder um hier Mittagspause zu machen. Die Gartenarchitekten hatten zur damaligen Zeit bewusst heimische Gehölze gepflanzt, da sie leichter zu beschaffen waren und in der Pflege einfacher. Heute würde man aufgrund des Klimawandels andere Bäume und Gehölze wählen, die extreme Hitze besser vertragen.
Ehrengräber
Architekt des Friedhofs in Höchst war der damalige Stadtbaurat Dr. Ing. Paul Wempe. Noch vor Fertigstellung des gesamten Ensembles hatte am 5. Juli 1925 die erste Bestattung stattgefunden. Der Grabstein von Josefine Nägler, die als erste Verstorbene auf dem Friedhof beigesetzt wurde, steht noch heute. Daneben gibt es einige bekannte Persönlichkeiten, die hier bestattet wurden. Dazu gehört der deutsche Satiriker, Zeichner, Karikaturist und Comiczeichner Chlodwig Poth. Er gehörte zu den Gründern der Neuen Frankfurter Schule und der Zeitschriften „Pardon“ und „Titanic“. Poth, der 1930 in Wuppertal geboren wurde und 2004 in Frankfurt verstarb, hat ein Ehrengrab. Insgesamt gibt es in Frankfurt 229 Ehrengräber, vier davon auf dem Höchster Friedhof. Das Kulturamt der Stadt entscheidet, wer ein Ehrengrab bekommt.
Rosemarie Fendel
Eine weitere Persönlichkeit auf dem Höchster Friedhof ist die Schauspielerin, Synchron- und Hörspielsprecherin Rosemarie Fendel. Rosemarie Fendel starb am 13. März 2013 nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 85 Jahren in ihrem Frankfurter Zuhause. Sie lebte zuletzt im östlichen Seitenflügel des Bolongaropalasts in Höchst und wurde im März 2013 bestattet. Auch berühmte Politiker haben auf dem Friedhof in Höchst ihre letzte Ruhestätte, dazu gehört unter anderem der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordneter Herrmann Schmitt-Vockenhausen, der viele Jahre Kreistagsvorsitzender im Main-Taunus-Kreis war.
Seit drei Jahren gibt es auf dem Höchster Friedhof auch ein muslimisches Grabfeld. Der größte Teil sind Urnengräber. Die Grabstätten sind Richtung Mekka ausgerichtet. Wenige Meter von dem Grabfeld entfernt ist auch ein Grabfeld für Kinder, das auf Wunsch der muslimischen Bevölkerung in Frankfurt entstand. Nach deutschem Recht können Säuglinge erst ab einem Gewicht von 500 Gramm bestattet werden. Im muslimischen Glauben müssen jedoch alle Säuglinge oder Totgeburten bestattet werden. Das Grabfeld ist besonders bunt, auf einigen Gräbern stehen kleine Windräder.
Aktuell hat der Friedhof Höchst eine Größe von insgesamt rund 16,8 Hektar. Mit rund 15.900 Grabstätten, 314 Kriegsgräbern und 70 Plätzen in der Trauerhalle zählt er zu den größeren Friedhöfen in Frankfurt am Main. Ab dem Jahr 2027 wird die Trauerhalle einschließlich der Pavillons, des Betriebshofs und deren Außenanlagen saniert sowie die Nebengebäude abgerissen und neu erbaut. Da die Trauerhalle und die Pavillons als Kulturdenkmal klassifiziert sind, wurde zusammen mit dem städtischen Denkmalamt und dem Landesdenkmalamt die Planung zum Erhalt der historischen Gebäude erarbeitet.