Pop-Art trifft Kämpfergeist – Niki de Saint Phalle in der Frankfurter Schirn

Poppig, weiblich und weltberühmt – die Nanas von Niki de Saint Phalle Fotos: Scholl

Frankfurt (gs) – Wer kennt sie nicht – die „Nanas“. Dralle Frauenfiguren mit üppigen Rundungen und knalliger Farbgebung waren und sind das Markenzeichen der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle, deren Werk bis zum 21. Mai in der Schirn Kunsthalle am Römerberg in Frankfurt zu bewundern ist.

Niki de Saint Phalle (1930-2002) zählt nicht nur zu den Hauptvertreterinnen der europäischen Pop-Art, sondern ist darüber hinaus eine der bekanntesten Künstlerinnen ihrer Generation. Mit der Präsentation von rund 100 Arbeiten beleuchtet die Schirn Kunsthalle Frankfurt das vielschichtige Wirken dieser großen Künstlerin und Visionärin. Niki de Saint Phalle entwickelte in ihrer Schaffenszeit eine unverwechselbare Formensprache und hinterließ ein sehr facettenreiches Werk. Die „Nanas“, ihre bunten großformatigen Frauenskulpturen, begründeten ihren internationalen Erfolg und gelten bis heute als ihr „Markenzeichen“. Jedoch reicht das künstlerische Spektrum der Autodidaktin weit über diese Skulpturen hinaus. Sie wechselte nicht nur Techniken, Themen und Arbeitsweisen, sondern schuf ein oft als „subversiv“ bezeichnetes Werk voller Freude, Brutalität, Humor und Eigensinn. Kunst bedeutete für de Saint Phalle lediglich eine Form des Ausdrucks und eine Notwendigkeit, um gesellschaftliche Konventionen zu hinterfragen. Viele ihrer Kunstwerke gelten als ein Plädoyer für die Frau und das Feminine. Sie kritisierte mit ihrer Kunst Institutionen und vorgegebene Rollenbilder und behandelte in ihrem Werk soziale und politische Themen wie Gewalt und Krieg, aber auch Stigmatisierung, Waffengesetzte und den Klimawandel.

Die umfangreiche Ausstellung in der Schirn beleuchtet das künstlerische Spektrum von Saint Phalle von den frühen Gemälden bis hin zu den großformatigen Skulpturen. Die Kunstwerke wurden aus bekannten Sammlungen in Europa zusammengestellt und geben einen Einblick in die künstlerische wie auch persönliche Entwicklung dieser außergewöhnlichen Künstlerin. In sechs thematischen Bereichen beleuchtet die Ausstellung die unterschiedlichen Werkphasen des künstlerischen Schaffens Niki de Saint Phalles.

Schießbilder

Bekannt wurde de Saint Phalle in den 60er Jahren durch ihre „Schießbilder“. In provokanten Performances schoss sie vor Publikum mit einem Gewehr auf präparierte weiße Gipsreliefs mit verspachtelten Farbelementen, die sie damit regelrecht „zum Bluten“ brachte, was ihr (als einzige Frau) die Aufnahme in Künstlergruppe „Nouveaux Realistes“ ermöglichte, deren Mitglieder eine neue Verbindung zwischen Kunst und Realität forderten.

„Nanas“ – Autonome Weiblichkeit

Ab 1963 entwickelte de Saint Phalle figürliche Assemblagen, die sich mit der weiblichen Identität auseinandersetzen, womit sie zentrale Aspekte der aufkommenden feministischen Kunstbewegung vorwegnahm. Sie erschuf imposante und auch monströse Frauengestalten, die betont weiblich gestaltet waren und die traditionelle Rolle der Frau als Ehefrau und Mutter in der Nachkriegszeit hinterfragten. 1965 entstanden die ersten „Nanas“, die sie selbst als „Jubelfest der Frauen“ bezeichnete. Die „Nanas“ verkörpern mit ihren „leuchtenden Farben üppige und oft schwangere Frauenfiguren mit prallen Brüsten, großen Hinterteilen und kleinen Köpfen“, die Lebensfreude und Stärke ausdrücken und „ein von Unterdrückung befreites Matriarchat ausrufen“.

Politische Auseinandersetzung

Die Auseinandersetzung mit politischen Themen findet sich in fast allen Schaffensphasen von Niki de Saint Phalle. Ihre „Schießbilder“ entstanden in der Zeit des Algerienkrieges, der Kubakrise und der nuklearen Bedrohung während des Kalten Krieges. In den 80er Jahren beteiligte sie sich an künstlerischen Aufklärungskampagnen im Kampf gegen AIDS. Sie engagierte sich in ihren Kunstwerken darüber hinaus gegen Waffengewalt und beteiligte sich an den Auseinandersetzungen zum Thema Abtreibungsrecht und das Recht der Frau auf körperliche Selbstbestimmung. In ihrem Werk „global warming“ kritisiert de Saint Phalle die Politik des damaligen US-Präsidenten George W. Bush, der für sie die Vernachlässigung der Umweltprobleme verkörperte.

Die farbintensive und eindringliche Ausstellung begleitet die Besucherinnen und Besucher durch das Werk einer Ausnahmekünstlerin, die der Nachwelt nicht nur einmalige Kunstwerke sondern auch ein gesellschaftliches Statement hinterließ.

Die Ausstellung wird von einem vielseitigen Rahmenprogramm begleitet und ist noch bis zum 21. Mai 2023 in der Kunsthalle Schirn in Frankfurt am Main zu sehen.

Weitere Informationen gibt es unter wwww.schirn.de

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