Hochtaunus (js). Die Gebietsreform von 1972 und ihre Auswirkung auf die Schullandschaft, darüber sprach beim „12. Geschichtstag für Taunus und Main“ Frank Ausbüttel, promovierter Althistoriker und lange Jahre Schulleiter eines Gymnasiums in Frankfurt. Im Hochtaunuskreis war er Stadtverordneter in Oberursel, fungierte unter anderem als ehrenamtlicher Kreisbeigeordneter, Vorsitzender des Ausschusses für Schule und Sport, gilt als versierter Kenner der Schulszene im gesamten Kreisgebiet. „Ihn haben die Römer nie losgelassen“, so führte ihn Moderator Bert Worbs bei der Tagung im Landratsamt ein, die Schulpolitik bietet ihm nach eigenem Bekunden den „Sprung von der Altgeschichte zur Zeitgeschichte“, weil man da heute noch unter Zeitzeugen nachfragen kann.
Die Schulentwicklung ist stets ein „emotionales Thema“, das weiß man im Hochtaunuskreis nur zu gut. Die Problematik von Schulträgerschaft zwischen Land und Kommunen, hier ist sie ein ums andere Mal offen zutagegetreten. „Heute“, so Ausbüttel, „hat der Kreis Ausgleichsfunktion“, Schulgrenzen wie früher gibt es ja nicht mehr, programmatische Debatten auch eher wenig, vielleicht jetzt wieder beim Thema Digitalisierung. Für Schulfrieden muss das Schulbauprogramm sorgen, der große Kuchen muss gut verteilt werden, damit alle Schulformen zu ihrem Recht kommen. Die Zahl der Schulen hat sich nur unwesentlich verändert seit 1972, in Neu-Anspach und in Oberursel sind je eine Grundschule dazugekommen, inzwischen sind es also 39 Grundschulen im Kreis. Haupt- und Realschulen, da merkt man den Wandel der Schulwelt am ehesten, gibt es nur noch drei, damals waren es noch sieben. Von zwei auf sieben gewachsen ist im Umkehrschluss die Zahl der Gesamtschulen, zwei Förderschulen sind neu dazugekommen.
Es ist ein beispielloses Programm, welches der Hochtaunuskreis da für die Schulentwicklung und den Schulfrieden aufgelegt hat, seit der damalige Landrat Jürgen Banzer Ende der 90er-Jahre das ambitionierte Schulbau- und Sanierungsprogramm des Kreises aufgelegt hat. Auf dessen Höhepunkt war er bereits Staatsminister in Wiesbaden, unter seinem Nachfolger Ulrich Krebs wurde es bis heute fortgesetzt. Man muss sich das vorstellen, erinnert Ausbüttel, auf 500 Millionen D-Mark war es einst angelegt, inzwischen ist es auf rund eine Milliarde Euro angewachsen, nahezu die vierfache Summe. Der Neubau der Philipp-Reis-Schule in Friedrichsdorf hat vor nun auch schon wieder zehn Jahren mit Baukosten von rund 78 Millionen Euro den Vogel abgeschossen, wenig später erfolgte die Erweiterung mit Neubau des Gymnasiums Oberursel, das Projekt verschlang etwa 60 Millionen Euro. Die großen Gymnasien sind aktuell am meisten gefragt, auch Humboldt- und Kaiserin-Friedrich-Gymnasium in Bad Homburg bilden 1500 bis 1800 Kinder und Jugendliche aus.
Um 50 Prozent ist das Interesse an den Gymnasien in all den Jahren seit der Gebietsreform gestiegen, der Anteil der Hauptschüler sinkt stetig, Gesamtschulen mit vielfältiger Verzweigung sind ein wichtiges Modell geworden. Die Integrierte Gesamtschule (IGS) in Stierstadt durfte 2018 die gymnasiale Oberstufe einführen, auch die bisherige Erich-Kästner-Haupt- und Realschule (EKS) in Oberursel hat inzwischen einen gymnasialen Zweig, „es ist ein komplexes System geworden“, so Frank Ausbüttel. In der vielfältigen Schullandschaft des Kreises machen zudem immer mehr Privatschulen auf sich aufmerksam, der Anteil der Schülerschaft in diesem Bereich beträgt inzwischen 15 Prozent.
Ein Beispiel wie die Schulen auf landespolitische Vorgaben reagieren müssten, sei das Thema Inklusion, so Ausbüttel, die Frage und die Diskussion über G8 oder G9 habe sich inzwischen ja wieder beruhigt. Der Schulfrieden, das wird immer wieder deutlich, beruht vor allem auf dem Schulbauprogramm. Aktuell fließen viele Millionen in die Gesamtschulen in Bad Homburg (GaG) und in Oberursel-Stierstadt (IGS), ein großer Teil der Vorhaben sind abgeschlossen, dazu gehört auch der Neubau der Hans-Thoma-Förderschule, Schulexperte Frank Ausbüttel gerät beim Top-Modell fast ins Schwärmen. Eines wird klar, der Hochtaunuskreis braucht sich mit seinen vielfältigen Angeboten in 59 Schulen in Trägerschaft des Kreises nicht verstecken.