Sechs mit der „Lizenz zum Retten“ starten in den Berufsalltag

Hochtaunus (kb) – Sechs ehemalige Auszubildende des DRK-Kreisverbandes Hochtaunus sind jetzt frischgebackene Notfallsanitäter. Der seit 2014 angebotene, dreijährige Ausbildungsgang hat das Berufsbild Rettungsassistent abgelöst und ist längst einer der angesehensten Berufe im Gesundheitswesen. Im Kreisverband haben inzwischen 50 Hauptamtliche die „Lizenz zum Retten“, notfalls sogar ohne Arzt.

Der DRK-Kreisverband Hochtaunus beschäftigt derzeit 50 Notfallsanitäter, darunter 15 selbst ausgebildete, etwa 20 werden momentan geschult, sechs, der bisher stärkste Jahrgang, haben die Ausbildung jetzt mit großem Erfolg abgeschlossen, eine Ausbildung, die im wahrsten Sinne „Hand und Fuß“ hat: Die jungen Leute hielten nach einer kleinen Feier nicht nur ihre „Lizenz zum Retten“ in der Hand. Natascha Fetzberger, Rebeca Luckgei, Daniel Atzert, Katharina Bechtold, Alina Paulerberg und Marie-Louise Vollrath bekamen auch neue Sicherheitsstiefel, Paarpreis 220 Euro, als Lohn fürs fleißige Lernen in den letzten drei Jahren. Überwiegend hatten die Anwärter bereits Berufserfahrung als Rettungssanitäter gesammelt und sich durch den neuen Ausbildungsgang weiterqualifiziert.

Da alle sechs Absolventen vom DRK-Kreisverband übernommen werden, stellte sich bei der Freisprechungsfeier, die mit Corona-Abstand in der Begegnungsstätte des DRK in Bad Homburg stattgefunden hat, auch kein Abschiedsschmerz ein. Die Praxisanleiter Frank Buschke, Andreas Egner und Klaus Momberger werden ihre Eleven nämlich bei der täglichen Arbeit im Rettungsdienst so schnell nicht aus den Augen verlieren und freuen sich schon sehr auf gemeinsame Dienste. Ein wenig gerührt war das Ausbilder-Team dann aber doch, als die ehemaligen Auszubildenden sich bei ihnen mit liebevoll ausgesuchten Geschenken für die Geduld und ihre Zuwendung während der drei Jahre bedankten. Der Dank wurde natürlich erwidert, die Arbeit mit der Gruppe habe auch ihnen riesigen Spaß gemacht, erklärten alle drei unisono. Daran, dass alle ihre Theorie- und Praxisprüfung mit Bravour meistern würden, habe keiner im Team zu keinem Zeitpunkt gezweifelt.

Die dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter ist per Bundesgesetz seit 2014 geregelt. Sie ersetzt die bis dato übliche zweijährige Ausbildung zum Rettungsassistenten und gehört, so Buschke, inzwischen zu den besonders anerkannten Berufsbildern im Gesundheitswesen. Auf dem Lehrplan stehen 1.900 Stunden Blockunterricht in der Zentralen Ausbildungsstätte des DRK in Frankfurt-Höchst, 1.900 Stunden im Rettungsdienst und 780 Stunden in der Klinik. Die angehenden Notfallsanitäter werden von Anfang an im Rettungsdienst eingesetzt, im ersten Jahr als „dritte Kraft“ an Bord des Rettungswagens (RTW), im zweiten als Fahrer und im dritten Jahr als Einsatzführer, mit einem erfahrenen Notfallsanitäter an ihrer Seite, der nötigenfalls eingreifen kann. Die Ausbildung zum Notfallsanitäter ist weit intensiver und medizinischer als die zum Rettungsassistenten. Notfallsanitäter haben die Freigabe für invasive, lebensrettende Maßnahmen. Sie können die Behandlung von Patienten und Unfallopfern bereits aufnehmen, während der Notarzt noch im Anflug ist. „Viele Einsätze, und es werden immer mehr, können aber auch ganz ohne Notarzt abgearbeitet werden, was zu einer Entspannung in der Disposition des verfügbaren medizinischen Personals führt. Wenn sich vor Ort herausstellt, dass doch ein Notarzt kommen muss, kann nachalarmiert werden“, sagt Praxisanleiter Frank Buschke. Bislang habe es da immer eine Grauzone gegeben, nun aber sei man mit der neuen Ausbildung rechtlich auf der sicheren Seite.

„Die Ausbildung eines Notfallsanitäters kostet rund 60.000 Euro, Geld, das uns von den Kostenträgern nur zum Teil erstattet wird, für uns ein großer Kostenfaktor, zumal wir unseren Azubis auch noch mit 1.800 Euro das notwendige Führerschein-Update finanzieren“, erklärt DRK-Kreisgeschäftsführer Axel Bangert. Da die neuen RTW bis zu fünf Tonnen wiegen, reicht der normale Pkw-Führerschein nicht aus, dafür braucht man den C1-Führerschein, für Fahrzeuge mit bis zu 7,5t zulässigem Gesamtgewicht. Das Geld investiere man aber gerne, wenn dafür im Rettungsdienst qualifizierter und motivierter Nachwuchs an den Start gehe, sagte Bangert.

Dass, zumindest im aktuellen Jahrgang, die Damen mit 5:1 die Mehrheit hatten, wundert Bangert nicht: „Die Arbeitsbedingungen im Rettungseinsatz haben sich gravierend verändert, die moderne Geräteausstattung und insbesondere die elektrohydraulischen Fahrtragen und Beladesysteme, die der DRK-Kreisverband Hochtaunus vorausschauend als Standard eingeführt hat, erleichtern die Bedienung kolossal, Männerberuf war also früher. Wir bemühen uns trotzdem, gemischte Teams zum Einsatz zu schicken, das klappt aber nicht immer.“

Motivation

Was hat die frischgebackenen Notfallsanitäter motiviert, diesen Beruf zu ergreifen?

Daniel Atzert ist Quereinsteiger. Zunächst hatte er sich für einen Beruf im Bereich Pflege entschieden. Als dann aber angehende Notfallsanitäter zum Praktikum in seine Klinik kamen und er keine Gelegenheit ausgelassen hat, sich mit ihnen auszutauschen, war schlagartig für ihn klar, dass nur dieser Beruf für ihn in Frage kommen würde.

Auch Natascha Fetzberger hat ihre eigene Geschichte. Lange Zeit war sie in ihrem Heimatort Glashütten in der Feuerwehr ehrenamtlich aktiv, auch in führender Position, ans Helfen war sie also schon gewöhnt, zumal auch ihr Ehemann im Rettungsdienst arbeitet. Mit 33 Jahren, längst Mutter, entschied sie sich, Rettungssanitäterin zu werden, drei Jahre später traf sie dann die Entscheidung, sich zur Notfallsanitäterin weiter zu qualifizieren: „Toller Beruf, jeder Tag ist anders, man weiß nie, was kommt.“ Angst vor der Herausforderung, jetzt Chefin auf dem RTW zu sein? „Auf keinen Fall, ich trage schon immer gerne Verantwortung“, sagt sie.

Rebeca Luckgei ist Frankfurterin. „Daheim haben sie mir gesagt, mach die Ausbildung in Bad Homburg, da lernst du etwas. Stimmt, die Ausbildung war super, macht irre Spaß“, erzählt sie strahlend. Eigentlich hatte die 23-Jährige Interesse an Medizin, Ärztin wollte sie aber nicht werden. Ein Pflegeberuf kam auch nicht in Frage, schließlich wollte sie Notfallsanitäterin werden. Sie ist begeistert. Mal ans Aufhören gedacht? „Niemals!“, sagt sie fast empört, einerseits Menschen in Not helfen, ihnen vielleicht sogar das Leben retten, sei das eine für sie, für sich selbst, die Familie und den Freundeskreis zu wissen, worauf es im Notfall ankommt, das andere.

Sie starten, ausgestattet mit Profi-Sicherheitsstiefeln, in ein aufregendes, immer wieder abwechslungsreiches Berufsleben: Die sechs frischgebackenen Notfallsanitäter/innen des aktuellen Ausbildungsjahrgangs wurden von ihren Praxisanleitern, Rettungsdienstleiter Felix Seegert und DRK-Kreisgeschäftsführer Axel Bangert ins Berufsleben entlassen. Weit haben sie es nicht, sie bleiben dem DRK alle als neue Kräfte im Rettungsdienst erhalten.

Foto: DRK-Pressestelle



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