Ein Abend der Vielfalt und Erinnerung

Schwalbach (sn). Zu welchen Leistungen Schüler fähig sind, zeigen sie eindrucksvoll in der Ausstellung „Vielfalt – Schule ohne Rassismus“, die am 5. März im Bürgerhaus Schwalbach eröffnet wurde. Bürgermeisterin Christiane Augsburger würdigte die Albert-Einstein-Schule und die Werke der Schüler als hoffnungsvolles Zeichen, gerade unter dem Eindruck des rechtsextremistischen Terroranschlages in Hanau. Mit der Ausstellung wurde auch die Woche der Brüderlichkeit in Schwalbach eröffnet. Mit dem Motto „Tu deinen Mund auf für die Anderen“, so Günter Pabst, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Main-Taunus, fordert der Deutsche Koordinierungsrat der über 80 Gesellschaften in der Bundesrepublik, dazu auf, gegen Rassismus, und Antisemitismus zu kämpfen. „Widersetzen – mit legalen Mitteln, seien es Worte, Texte, Musik oder Kunst, Aktionen oder Demonstrationen. Wir alle können als Widerständige und Unangepasste etwas davon realisieren, im Kleinen wie im Großen.“

„Die Schüler, die heute hier ausstellen“, betonte Günter Pabst, „machen es uns vor. Sie sorgen dafür, mit ihren Möglichkeiten, dass ihr Lernort, ihre Schule, eine Schule ohne Rassismus wurde und bleibt. Dieses Engagement ist, gerade heute, nicht hoch genug einzuschätzen.“

Die Schulleiterin, Anke Horn, wies auf den hohen Stellenwert und die Bedeutung hin, die die „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ für die Albert-Einstein-Schule im Unterricht und im Schulalltag hat. André Steinborn, Leiter des Kunstprojektes, erläuterte, wie das Projekt vorbereitet wurde. „In Gesprächen der beiden betreuenden Lehrkräfte mit dem Leistungskurs wurde allgemein die Geschichte und Bedeutung des Themas „Vielfalt – Schule ohne Rassismus“, dazu dessen besondere Relevanz im schulischen und im sozialgesellschaftlichen Rahmen, erarbeitet. Es wurden bildhaft-künstlerische Darstellungsstrategien entwickelt, die das Thema ihrerseits vorurteilsfrei umsetzen konnten. Das Resultat, so Herr Steinborn, sind 23 Bilder, die klare und ausdrucksstarke, figurativ-gegenständliche Bildmotive haben: Die Selbstportraits der Schüler. Das Thema Vielfalt selbst wird vor allem durch Farbe beziehungsweise Farbsymbolik sowie durch symbolische Gegenstände in die Bilder gebracht.“

Vier Schülerinnen, Constanze Junghans, Alishia Bent Khodabakhsh, Laura Heidicker und Hristina Petkova stellten ihre Werke einzeln vor, schilderten ihre Motivation und Gedanken zur Motivwahl. Hristina Petkova, die aus Bulgarien stammt, vor acht Jahren nach Deutschland kam und nun kurz vor dem Abitur steht, schilderte in bewegenden Worten die Unterstützung, die sie insbesondere am Anfang erhielt; von den Eltern über die Mitschüler und die Schule. Ein überaus positives Beispiel für eine gelungene Integration. Sie wirkte auch beim Theaterstück „Geigen der Hoffnung“ mit und gehörte zu den Schülern, die für diese Produktion 2019 mit dem Erich- Rohan-Preis der Gesellschaft Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Main-Taunus ausgezeichnet wurden.

Achim Lürtzener, Jugendbildungswerk Stadt Schwalbach und Koordinator des Arbeitskreises Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus, dankte allen Beteiligten, die diese Ausstellung ermöglicht hatten und eröffnete die Ausstellung, die noch bis zum 29. März zu den Öffnungszeiten des Rathauses im Foyer des Bürgerhauses zu sehen ist. Gleichzeitig ist im Ausstellungsraum die sehenswerte und sehr informative Ausstellung zur Stadtgeschichte Schwalbachs zu besichtigen. Sie zeugt von der Entwicklung des Dorfes zur Stadt und vom hohen Engagement seiner Bürger. Die Ausstellung der Schüler kann dabei auch als aktuelles Beispiel angesehen werden, sich für Vielfalt und Toleranz einzusetzen, damit Schwalbach eine liebens- und lebenswerte Stadt bleibt.

Der Abend wurde dann in der Stadtbücherei fortgesetzt. Mit Unterstützung des Arbeitskreises Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus luden der Kulturkreis und die Stadtbücherei zu einer Lesung mit Annette Hess ein. Die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Drehbuchautorin las aus ihrem ersten Roman „Deutsches Haus“. Im Mittelpunkt steht eine Dolmetscherin beim ersten Auschwitzprozess in Frankfurt. In den sechziger Jahren waren es die jungen Studenten, die Fragen stellten. Im Buch ist es die junge Dolmetscherin, die allen Widerständen zum Trotz nach der Wahrheit sucht. Anschließend folgte eine Diskussion mit Annette Hess. Sie selbst erlebte als zehnjährige Schülerin bei einem Film über die Nürnberger Prozesse die Notwendigkeit zu fragen, die sie bis heute nicht loslässt und letztendlich zu dem Roman führte.

Dass sie bei den Zuhörern einen Nerv getroffen und die Neugierde geweckt hatte, zeigte die lange Schlange beim Signieren des Buches.



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