Ein Gedenkstein für Albert Richter

Dr. Claudia Ludwig und Bürgermeister Alexander Immisch enthüllen den Gedenkstein für Albert Richter. Foto:Stadt Schwalbach

Schwalbach (sbw). Bürgermeister Alexander Immisch sowie die Stadtverordnete Dr. Claudia Ludwig haben jetzt den Gedenkstein für Albert Richter, der vor Kurzem aufgestellt wurde, enthüllt. Bereits am 25. Januar 2020 war die kleine Schwalbacher Straße zu den Sportplätzen und der BMX-Strecke in „Albert-Richter-Weg“ umbenannt worden.

„Albert Richter ist ein großes Vorbild – nicht nur für Sportler, denn er hat seinen Einsatz für verfolgte Juden zur Zeit des Nationalsozialismus mit seinem Leben bezahlt“, heißt es in dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, die damit den „vergessenen Weltmeister“ ehrt.

Der Bahnrad-Rennfahrer war ein Kriegskritiker und Gegner des Nationalsozialismus und ist in der Nacht zum 3. Januar 1940 von der Gestapo ermordet worden. Der populäre Vorzeigesportler, mehrfache Deutsche Meister und sogar Weltmeister hatte nicht nur hart- näckig ein Hakenkreuz auf seinen Trikots und den „Deutschen (Hitler)Gruß“ verweigert, sondern auch weiterhin seine Freundschaft zu Juden gepflegt sowie an seinem jüdischen Manager und Trainer festgehalten, solange dies möglich war. Auf dem Weg in die Schweiz ist er am Silvestertag 1939 an der Grenze aus dem Zug heraus verhaftet und dann im Gestapo-Gefängnis zu Lörrach getötet worden. Man hatte Geld in seinen Fahr- radreifen gefunden, das er einem jüdischen Emigranten ins Exil hinterherbringen wollte.„Nicht nur angesichts unserer Geschichte tragen wir die Verpflichtung in uns, einer Rückkehr von Intoleranz, Hass und Gewalt mit allen Kräften entgegenzuwirken“, sagt Bürgermeister Alexander Immisch. „Für das Vergangene tragen wir keine Verantwortung, aber es liegt an uns, für eine tolerante Gesellschaft zu wirken und für ein friedliches Miteinander einzustehen. Geradlinige und unerschrockene Persönlichkeiten wie Albert Richter können uns hierfür ein Beispiel sein.“

Die Enthüllung des Straßenschilds vor über zwei Jahren war eine der letzten öffentlichen Veranstaltungen, die vor dem Coronaausbruch noch stattfanden. Jetzt wird der Weg durch einen Gedenkstein mit Fotos und Informationen ergänzt. Dafür trifft es sich gut, dass sich gerade das Jahr 2022 für das Gedenken Albert Richters besonders anbietet: Genau 90 Jahre zuvor, im Jahr 1932, hatte er gleich drei seiner bedeutendsten Siege erlangt: Die Erfolgsserie begann am 3. April mit seinem Sieg auf der Radrennbahn von Leipzig-Lindenau, die ihm den Weg in die deutsche Sprinter-Nationalmannschaft ebnete. Am 3. Juli gewann Richter den berühmten Radklassiker „Grand Prix de Paris“, und am 3. September 1932 wurde er in Rom Weltmeister der Amateure.

Einsatz für jüdische Freunde

„Mit diesem Gedenkstein erinnert die Stadt Schwalbach an einen jungen Menschen, der sein Leben gelassen hat, um sich für jüdische Freunde einzusetzen und der sich vom NS-Regime niemals vereinnahmen ließ,“ sagt die Stadtverordnete und Journalistin Dr. Claudia Ludwig, die sich intensiv mit der Biografie Richters auseinandergesetzt und die Benennung einer Straße nach ihm angeregt hat. „Seine klare Haltung und sein mutiger Widerstand gegen das Unrechtsregime können heutigen und zukünftigen Generationen Vorbild sein.“

Die Gestaltung des schlichten Natursteins aus Serpentin und Gneis mit einer Bronze- gussplatte sowie zwei Fotokeramiken erfolgte durch den Steinmetzbetrieb Wilfried Steffens und Sohn aus Mammolshain.

Inschrift des Gedenksteins

„Die Stadt Schwalbach am Taunus möchte an dieser Sportstätte an Albert Richter (geboren 14.10.1912 in Köln – gestorben 02.01.1940 in Lörrach) erinnern.

Der Radrennfahrer war 1932 Amateur-Weltmeister im Bahnsprint und nach seinem Wechsel ins Profilager zwischen 1933 und 1939 siebenmal Deutscher Meister sowie zweimal Vizeweltmeister. Doch der interna- tional erfolgreiche Sportler war ein Gegner der Nazidiktatur und des Krieges. Er verweigerte den „Deutschen Gruß“ und das Hakenkreuz auf seinen Trikots und hatte jüdische Freunde.

Als er am 31.12.1939 einem in die Schweiz geflüchteten Juden dessen Ersparnisse bringen wollte, wurde er vor dem Grenzübertritt verhaftet, ins Gefängnis von Lörrach gebracht und dort ermordet. Vergeblich versuchte die Gestapo den gewaltsamen Tod des prominenten Häftlings als Selbstmord darzustellen. Albert Richters Mut und Einsatz sollte allen ein Vorbild sein.“



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