Verleihung des Erich-Rohan-Preises 2023

Schwalbach (sbw). Am 20. Juli wurde zum vierten Mal der Erich-Rohan-Preis der Gesellschaft für Christlich Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) im Main-Taunus-Kreis im Plenarsaal des Kreishauses in Anwesenheit der Vorsitzenden des Kreistags, Susanne Fritsch, des Ersten Beigeordneten, Axel Fink, und der Familie Rohan-Pintner verliehen.

Ausgezeichnet wurden das Projekt der Albert-Einstein-Schule Schwalbach, der Eichendorff-Schule Kelkheim und der Graf-Staufenberg-Schule Flörsheim. „Die eingereichten Projekte zeigen auf“, so der evangelische Vorsitzende Willi Schelwies, „in welche Richtung sich eine zeitgemäße Erinnerungskultur entwickeln kann, die sich an die junge Generation wendet.“

Jede Schule erhielt einen symbolischen Scheck. Für den dritten Preis gab es 500 Euro, den zweiten 1000 Euro und für den ersten Preis gab es 1500 Euro. Jede Schule erhielt eine Urkunde verbunden mit einem Buchgeschenk für die Schulbibliothek. Jeder beteiligte Schüler erhielt eine Urkunde und das Buch „Rettet wenigstens unsere Kinder – Kindertransporte aus Frankfurt – Lebenswege von geretteten Kindern“, herausgegeben von Till Lieberz-Groß und Angelika Rieber, die später die Bücher signierte.

Den ersten Preis erhielten die Schüler der Klasse 11-5 mit ihrem Geschichtslehrer Con-stantin Mussel, die in Kooperation mit dem inzwischen verstorbenen Künstler Thomas Reinelt und seiner Frau Rosi Reinelt das Projekt „DenkMal – Ein Koffer gegen das Vergessen“ erarbeitet haben.

Für das Projekt „Judentum – Shalom und willkommen“ erhielten die Schüler der fünften und sechsten Klasse der Albert-Einstein-Schule (AES) mit ihrer Religionslehrerin Beatrice Busch-Frevert den zweiten Preis.

Das Projekt „Widerstand gegen das NS-Regime in Kelkheim“ der Schüler des Leistungskurses Geschichte, 12. Klasse, der Eichendorff-Schule mit ihrem Fachlehrer Roland Struwe wurde mit dem dritten Preis gewürdigt.

Einen Sonderpreis bekam der Leistungskurs Musik der Main-Taunus-Schule Hofheim mit ihrem Lehrer Lucian Lange für die festliche musikalische Gestaltung der Feierstunde und für musikalische Umrahmung des zentralen Gedenkens am 9. November an der ehemaligen Synagoge in Hofheim.

Günter Pabst dankte den Unterstützern für die großzügigen Spenden, die in diesem Jahr daher sehr gute Preisgelder ermöglichten: dem Hessischen Kultusministerium, dem Main-Taunus-Kreis, der Taunus Sparkasse und den Bürgerstiftungen Eppstein, Hofheim, Kelkheim, Vordertaunus und privaten Förderern.

In einer sehr bewegenden Rede erinnerte sich Timm Pintner an seine Großeltern Gertrud und Erich Rohan, deren Einsatz als Zeitzeugen in Schulen und in der Gesellschaft für eine bleibende Mahnung für das eigene Engagement und gerade auch für die junge Generation bleibt.

Die ehemalige Schwalbacher Bürgermeisterin und GCJZ-Kuratoriumsmitglied, Christiane Augsburger, nahm ebenfalls an der Preisverleihung teil und freute sich über die für Schwalbach positive Jury-Entscheidung.

Chansan Daniel Kempin, Mitglied in der Jury und im Kuratorium der GCJZ hatte es übernommen, die Laudatio auf den 2. Preisträger zu halten. Als er bekannt gab, dass die Schüler der fünften und sechsten Klasse der Albert-Einstein-Schule mit ihrer Religionslehrern Béatrice Busch-Frevert zu den Ausgewählten gehören, brandete lauter Jubel durch den Plenarsaal. Die AES war zahlreich vertreten.

„Die Jury“, so Daniel Kempin, „war auf drei Ebenen von Ihrem Film-Projekt beeindruckt:

einerseits von der intensiven thematischen Auseinandersetzung, andererseits von der kreativen filmischen Umsetzung und drittens von der beeindruckenden Selbstreflexion, die den Lernprozess der über einjährigen Auseinandersetzung nachvollziehbar macht.“

Er sparte aber auch nicht mit kritischen Anmerkungen, dass zum Beispiel nur das orthodoxe Judentum im Mittelpunkt stand und wie stark noch das negativ besetzte Stereotyp vom Gesetzes-Judentum, das man heute mit den – wirklich besten – Absichten gar nicht bemerke, wie stark dieses Denken in einem selbst noch immer wirksam sei. „Und genau deswegen ist eine solche Arbeit und Auseinandersetzung so wertvoll. Und genau deswegen ist der Erich-Rohan-Preis so wichtig, der solche Auseinandersetzungen unterstützen und fördern möchte. Und genau deswegen ist es so richtig, dass gleichzeitig an Erich Rohan erinnert wird, der zusammen mit seiner Frau Gertrud das Grauen überlebt hat. Und der scheinbar nie müde wurde, immer wieder vor Schülern davon zu erzählen. Und der sein liberales Judentum ganz offen und kenntnisreich zu kommunizieren vermochte. Und der schlicht das war, was Juden mit größter und innigster Wertschätzung sagen: ‚er war a mentsch!“, so Kempin. „Die Jury zollt – und mich explizit inbegriffen – Frau Busch-Frevert und allen Schülern der fünften und sechsten Klasse heute großen Respekt, große Wertschätzung für die Innigkeit der thematischen Auseinandersetzung und für die spürbare Leidenschaft zu recherchieren, gemeinschaftlich etwas zu erarbeiten, etwas in Szenen zu spielen, sich mit den Medien vertraut zu machen – und zugleich die Bereitschaft, sich persönlich einzubringen. ‚Kol hakawod‘ – alle Achtung und Ehre – und: ‚masl tow!‘“

Schlusswort und Höhepunkt

Zum Ende dankte Moderator Günter Pabst allen Beteiligten sowie den Mitarbeitern des Kreishauses für die großartige Unterstützung und kündigte an, dass im Herbst die Einladungen zur Bewerbung des 5. Rohan-Preises 2024/2025 veröffentlicht würden. Er schloss mit nachdenklichen Worten: „Ist das Leben von Juden in Deutschland ‚normal‘? – Viele wünschen es sich und wollen nicht in eine Sonderrolle gedrängt werden, einerseits, andererseits kann von ‚Normalität‘ erst dann gesprochen werden, wenn es keine Polizeikontrollen mehr vor jüdischen Einrichtungen gibt. Insofern ist jüdisches Leben auch immer wieder eine Herausforderung. Auch wir erleben, dass die Angriffe auf unsere jüdischen Mitbürger wieder zunehmen, in den sozialen Medien verbreitet sich Hass bis hin zum offenen Antisemitismus und Rassismus. Daher noch einmal ein großes Dankeschön an die Schüler, ihre Lehrer und an ihre Schulen, dass sie sich dieser Themen angenommen haben. Dieses Engagement ist nicht hoch genug einzuschätzen und vorbildhaft.“

Höhepunkt des Abschlusses bildete die Interpretation der Polonaise As-Dur op. 53 von Frédéric Chopin. Felix Gerstner zeigte sein ganzes Können – Chopin wäre begeistert gewesen. Langanhaltender Applaus belohnte ihn und die gesamte Gruppe.

Der Plenarsaal im Kreishaus bildete wieder einmal einen würdigen Rahmen für eine emotionale und interessante Preisverleihung.

Für das Projekt „Judentum – Shalom und willkommen“ erhalten die Schüler der fünften und sechsten Klasse der Albert-Einstein-Schule Schwalbach mit ihrer Religionslehrerin Béatrice Busch-Frevert (2. v. r.) den zweiten Preis bei der Verleihung des 4. Erich-Rohan-Preises der Gesellschaft für Christlich Jüdische Zusammenarbeit mit Moderator Günter Pabst (l.). Foto: Franziska Plesske



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