"Zum Glück haben wir da drin nur Equipment verloren"

Die Feuerwehrleute geben alles, um das Flammenmeer unter Kontrolle zu bekommen. Das das Bürgerhaus abbrennt können sie allerdings nicht mehr verhindern. Foto: Sven Sajak

Steinbach (stw). Es gibt „Fixsterne“ in einem Stadtbild, die uns das Gefühl geben, dass sie schon immer da waren und immer da sein werden. Das Bürgerhaus war so ein Fixstern, und ist es zum Glück heute wieder. Am Mittwoch jährte sich zum zehnten Mal die Nacht, in der das Steinbacher Bürgerhaus aus noch immer ungeklärter Ursache einem Brand zum Opfer fiel. Die Steinbacher Woche hat mit Menschen gesprochen, die sich gut an diese Nacht und die darauffolgenden Tage erinnern können.
Als die Brandmeldeanlage im Bürgerhaus um 1.15 Uhr morgens Alarm auslöst, liegt Mathias Bergmann wie die meisten Steinbacher schlafend im Bett. Nur sechs Minuten vergehen, bis er und sein Team im Einsatzleitwagen als Erste an der Unglücksstelle eintreffen. „Ich weiß, dass wir recht entspannt losgefahren sind. Wir wussten ja, da wurde die Weiberfastnacht der SPD gefeiert, und in 90 Prozent aller Fälle handelt es sich bei Rauchmelder-Einsätzen um einen Fehlalarm“, weiß Bergmann aus langjähriger Erfahrung. „Und wenn da doch ein Feuer ist, dann kommt die Alarmierung meistens so früh, dass die Feuerwehr nicht viel zu tun hat.“
Doch in dieser Nacht soll es anders kommen. „Ich bin vorbei an den paar Menschen, die bereits vor der Tür am Bürgerhaus standen, und die Treppen hoch. Da konnte ich schon den halb verrauchten Saal sehen“, erinnert sich der 56-Jährige. Der Wirt der benachbarten Kneipe irrt noch auf der Suche nach etwas dort herum und wird von den Feuerwehrleuten herausgebracht. Inzwischen hat der eingetroffene Angriffstrupp, dem auch Mathias Bergmanns Sohn Dennis angehört, unter Atemschutz den Saal betreten, um nach dem Brandherd zu suchen.
Etwa zu dieser Zeit klingelt bei Blaulicht-Reporter Sven Sajak in Bad Homburg das Telefon. „Ich war noch wach, als mich ein Freund anrief, der in Steinbach wohnt, und mir sagte, ich solle kommen, da wäre ein riesiger Einsatz am Bürgerhaus“, erzählt er. „Ich kam kurz vor 2 Uhr dort an. Um mich herum viele Feuerwehrleute und Polizei. Schläuche werden ausgerollt. Evakuierte Menschen, die meisten noch im Schlafanzug, werden von Einsatzkräften begleitet“, erinnert sich der heute 30-Jährige an das erste Bild, das sich ihm bot. Er sieht die dicken Rauchschwaden, die sich immer dunkler färben und unter dem Dach hervorwabern. Nur wenige Häuser entfernt schläft in dieser Nacht unsere Freie Mitarbeiterin Nele Cramer von Laue – damals sieben Jahre alt – im Zimmer ihrer drei Jahre älteren Schwester Alma. Die immer wieder mit ohrenbetäubenden Tatütata heranbrausenden Feuerwehrautos hat sie trotz Tiefschlafs wahrgenommen. „Ich habe die Sirenen gehört, bin aber nicht richtig wach geworden“, erinnert sie sich.
Die Rauchschwaden machen auch Mathias Bergmann Sorgen, sind sie doch ein Anzeichen für einen drohenden „Flashover“ eine Rauchgas-Durchzündung. „Anfangs dachte ich noch, wir können das Feuer auf das Gebäude eingrenzen“, sagt Bergmann. Doch die Situation habe sich so dynamisch entwickelt, dass es bereits eine Stunde später, genauer gesagt um 2.14 Uhr, zur Durchzündung kommt. Der heutige Stadtbrandinspektor hat in weiser Voraussicht bereits seine Kameraden zum Rückzug aufgefordert und das angrenzende Hochhaus evakuieren lassen. „Wir haben zum Glück nur Equipment da drin verloren“, sagt er rückblickend. Sven Sajak, der auf dem Parkplatz am Bürgerhaus das Inferno fotografiert, erlebt die Detonation und das Einstürzen der Decke mit. „Der Rumms war gewaltig, die danach noch größer werdende Hitze enorm, schließlich war es eigentlich eine kalte Nacht mit leichtem Schneefall.“
Als der Morgen dämmert, ist das Bürgerhaus nur noch ein Stahlgerippe zwischen Schutt und Löschwasser. Gegen 5.30 Uhr klingelt diesmal ein Telefon in Flörsheim. Es gehört Bürgermeister Steffen Bonk, der damals Leiter des Hauptamts war. „Nach einem Blick auf das Handy konnte ich sehen, dass das nicht der erste Anrufversuch war.“ Am anderen Ende der Leitung ist die Sekretärin des damaligen Bürgermeisters Dr. Stefan Naas, die Bonk darüber informiert, dass es kein Bürgerhaus mehr gibt. „Da war nichts mehr mit Frühstück. Ich bin sofort los“, so Bonk. „Uns beschäftigte in den kommenden Tagen und Wochen die Frage, ob das benachbarte Hochhaus stehen bleiben kann oder ob es zurückgebaut werden muss. Die Vereinsvertreter wurden zudem zwei, drei Tage später ins Sitzungszimmer des Rathauses eingeladen, um zu klären, wie das Vereinsleben ohne die Räume im Bürgerhaus aufrechterhalten werden kann“, so Bonk. „Da habe ich den großen Zusammenhalt unter den Steinbachern gespürt. Das war meine erste Erfahrung mit der Hilfsbereitschaft in der Stadt, und das hat mich sehr fasziniert.“

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