Jubiläumsempfang der Steinbacher Ahmadiyya-Muslime mit viel Prominenz

Erstellt von Leser-Reporter: Dr. Christoph Müllerleile
Beim Empfang „100 Jahre Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland“ im Bürgerhaus von Steinbach stellt der Vorsitzende der Steinbacher Gemeinde, Navid Ahmed, die Aktivitäten der muslimischen Glaubensgemeinschaft vor, hier das Spenden von Blut. Foto: Christoph Müllerleile

Steinbach. – Das Motto „Liebe für Alle – Hass für Keinen“ stand über einem Jubiläumsempfang, zu dem die Steinbacher Ahmadiyya-Gemeinde am 11. Juli in das Bürgerhaus eingeladen hatte. Anlass war der Beginn der islamischen Gemeinschaft in Deutschland vor 100 Jahren mit der Grundsteinlegung für die erste Ahmadiyya-Moschee 1923 in Berlin. Die Steinbacher Gemeinde, die auch für Kronberg und Oberursel zuständig ist, feierte ihr 20-jähriges Bestehen. Sie wurde 2003 in Oberursel begründet und umfasst heute 151 Mitglieder, 96 Erwachsene, davon 71 Frauen, und 45 Jugendliche.

Viel lokale Prominenz war unter den etwa sechzig Gästen des Jubiläumsempfangs, darunter Vertreter der namhaften Religionsgemeinschaften und der örtlichen Parteien. Eine große Wanderausstellung über die Geschichte der Ahmadis in Deutschland umrahmte die Feier. Bürgermeister Steffen Bonk und die Sozialdezernentin des Hochtaunuskreises, Kreisbeigeordnete Katrin Hechler, hoben für die Stadt und den Kreis die Bedeutung des Engagements der Ahmadiyyagemeinden für die Integration und Wertschätzung von Angehörigen muslimischer Religionen hervor. Für die evangelische St. Georgsgemeinde Steinbach sprach Pfarrer Herbert Lüdtke, für die katholische St. Bonifatius-Ortsgemeinde Pastoralreferent Christof Reusch und für die jüdische Gemeinde Manfred de Vries. Sie lobten die Bereitschaft der Ahmadiyya-Gemeinde zum Dialog mit allen Religionsgemeinschaften. Aus der Stadtpolitik sprachen Dr. Jörg Odewald für Bündnis 90/Die Grünen, Kai Hilbig für die FDP, Jens Riemer für die SPD und Christian Breitsprecher für die CDU.

Der Vize-Bundesvorsitzender der Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland, Hasanat Ahmad, selbst Steinbacher, bedankte sich für den Zuspruch, besonders für die Bereitschaft der evangelischen und katholischen Gemeinde, ihre Kirchenräume kostenlos als Gebetsstätten zur Verfügung zu stellen, und der Stadt Steinbach für die Überlassung von Bürgerhaus und Altkönig-Sporthalle für diverse Aktivitäten. Er deutete an, dass die Gemeinde froh wäre, in Steinbach eines Tages über eine eigene Moschee zu verfügen und bezog sich dabei auf das Grußwort des Bürgermeisters, der Unterstützung beim Bau einer Moschee für die Ahmadiyya-Gemeinde in Steinbach angedeutet hatte.

Seit Gründung verdrängt und verfolgt

Die sich selbst als Reformgemeinschaft verstehende Ahmadiyya Muslim Jamaat entstand Ende des 19. Jahrhunderts um ihren Gründer Mirza Ghulam Ahmad im indischen Qadian und breitete sich danach zunächst besonders im heutigen Pakistan aus. Neben Koran und anderen Schriften des Islam haben vor allem die Schriften des Gründers, der sich als der verheißene Messias aller großen Religionen verstand, große Bedeutung. An der Spitze steht ein Kalif, der seit 1984 in London residiert. Die Gründung und das schnelle Wachstum von Ahmadiyya waren stets von der Verfolgung und Verdrängung durch andere islamische Gemeinschaften begleitet.

Während der nationalsozialistischen Zeit mussten die Ahmadis ihre Arbeit in Deutschland praktisch einstellen und konnten sie erst danach fortsetzen. Zu den prominenten Mitgliedern der Gemeinde zählen die zwei Alt-68er aus dem Frankfurter Raum, der heutige Bundesvorsitzende Abdullah Uwe Wagishauser aus Groß-Gerau und der 2011 verstorbene Schriftsteller Hadayatullah Paul Gerhard Hübsch, der in Oberursel sein Abitur machte. Diese einflussreichen Persönlichkeiten, trugen maßgeblich dazu bei, dass die Gemeinschaft in Deutschland eine breitere Akzeptanz erfuhr. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Gemeinde durch ihr engagiertes Eintreten für gesellschaftliche Verantwortung auf Grundlage der islamischen Lehren einen bedeutsamen Beitrag zur Integration in Deutschland geleistet.

In Deutschland gehören der Organisation nach eigenen Angaben mehr als 52.000 Muslime an, die in 220 Gemeinden organisiert sind. Zwei davon, in Usingen und Steinbach, gibt es im Hochtaunuskreis, in Usingen auch eine Moschee. In Hessen und Hamburg hat die Religionsgemeinschaft öffentlich-rechtlichen Charakter und ist damit den christlichen Kirchen und jüdischen Gemeinden gleichgestellt.
Nach Angaben des Steinbacher Vorsitzende Navid Ahmed verdanken die Ahmadis ihre Ansiedlung in Steinbach der Toleranz der Stadtgesellschaft und der Kirchen. Unter den öffentlichen Aktivitäten seiner Gemeinde nannte er beispielhaft die Reinigungsaktion am Neujahrstag, das Mitwirken bei Stadtfesten, Teilnahme an Blutspendeaktionen, Obdachlosenspeisung, Teilnahme am interreligiösen Friedensgebet in der Oberurseler Hospitalkirche, aktive Hilfe bei der Flutkatastrophe an der Ahr.

Der Imam und Theologe Sarfraz Khan, zuständig für die AMJ-Gemeinden im Taunus, leitete das stille Gebet als Abschluss des Bühnenprogramms. Der Theologe Habib-ur-Rehman Nasir moderierte die Veranstaltung.

Höhepunkt des Empfangs war der feierliche Anschnitt einer Torte zum 100-jährigen Jubiläum durch einen Teil der anwesenden Prominenz. Beim reichhaltigen Buffet gab es Speisen indisch-pakistanischer Herkunft und zum Nachtisch für alle die Jubiläumstorte.

 

 

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