Steinbach. Auf der größten Baustelle der Stadt liegt auch ihr höchster Arbeitsplatz. Aus der Kanzel 30 Meter über dem Boden sieht der Kranführer, wie das neue Gebäude der „Central Apotheke“ Gestalt annimmt und im Gewerbegebiet „Im Gründchen“ aus der Baugrube emporwächst. Während andernorts durch Corona verursachte Lieferprobleme für Verzögerungen und Kostensteigerungen sorgen, greift an der Bahnstraße bislang ein Rädchen in das andere. Der Umzug vom alten Firmensitz auf der anderen Straßenseite soll bis 2025 komplett vollzogen sein.
Die Baustelle liegt auf dem Präsentierteller. Wer den Europakreisel passiert, der fährt am Filetstück des Gewerbegebiets vorbei. Die Nachbarn heißen „Löwenstein“, „Panacol“ und „Tech5“. Dazu gesellt sich auf einer Fläche von 13 000 Quadratmetern der Pharmazeut Marc Schrott, der sich mit der „Central Apotheke“ 2009 im Gewerbegebiet an der Industriestraße niedergelassen hat und demnächst mit dem Medikamentenvertrieb ein paar Meter weiterziehen wird. In dem Komplex jenseits der Bahnstraße will die Firma Arzneimittel auch produzieren. Die Apotheke bleibt am angestammten Platz.
Der Bauherr setzt auf den Entwurf des Bad Camberger Architekturbüros Hamm und Partner, der auf regenerativer Energieversorgung beruht und den Standort autark machen soll. Projektleiter Christian Balnert ist einmal pro Woche auf der Baustelle. Bislang hat sein Baustellenmanagement gut funktioniert, doch ob Lieferketten und Termine halten, kann bei einem derart komplexen Bauvorhaben niemand wissen. „Bei Dämmstoffen gibt es massive Probleme“, berichtet Balnert. Der Fachmann kennt die Baustelle aus dem Effeff. Er weiß, dass am Ostrand der Wirtschaftsbau entsteht, dessen drei Stockwerke bereits zu einem Drittel fertig sind. Daneben liegt die Bodenplatte der Logistikhalle, auf der Eisenbieger mit Kranunterstützung die Stahlstrippen ziehen. Auch die ersten Stützpfeiler sind bereits zu erkennen. Sie gehören zu einer im Endstadium mehr als 100 Meter langen Halle, mit Hochregalen für 100 000 Produkte, die von hier aus an Kliniken und Altenheime im Umkreis von 100 Kilometern ausgeliefert werden. Dafür steht eine ganze Flotte aus Elektroautos parat, die an hauseigenen Stationen geladen werden.Der erste Abschnitt des Großlagers wird in einem Jahr funktionsfähig sein und der Depotbetrieb per Computer gesteuert werden.
Marc Schrott ist nicht nur ein erfolgreicher Geschäftsmann, sondern auch ein verantwortungsbewusster Familienvater. Er will seinen Kindern eine möglichst intakte Umwelt und ein klimaneutrales Unternehmen hinterlassen. Der Grundstein für sein Vorhaben wird in 140 Metern Tiefe gelegt. Erdwärme wird mit Hilfe von Wärmeleitern durch 52 Bohrlöcher in die Heizungs- und Klimatechnik eingespeist. Christian Balnert geht davon aus, dass die Geothermie den Bedarf decken wird. Den Strom erzeugt ein Solarkraftwerk, dessen Module vor die Fassaden gehängt werden.
Der zweite Bauabschnitt, der das Labor und den Verwaltungsbau samt Tiefgarage einschließt, steht im kommenden Jahr an. Mit der Genehmigungsbehörde im Bad Homburger Landratsamt wird es nach Einschätzung des Architekturbüros voraussichtlich keine Schwierigkeiten geben. Die Prüfung der Erdwärmetechnik dagegen hatte länger als erwartet gedauert.
Zu den Investitionskosten sagt der Bauherr kein Wort. Wenn die Firma jedoch weiter expandiert, dann könnten bis Mitte des Jahrzehnts bis zu 450 Arbeitsplätze entstehen. Das wäre für Steinbach ein weiterer Superlativ, über den sich der Stadtkämmerer in Person von Bürgermeister Steffen Bonk, freuen würde. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer würden etliche Millionen zusätzlich bringen.
Im Vordegrund ist die Bodenplatte der Logistikhalle erkennbar, deren erster Abschnitt bereits in einem Jahr in betrieb gehen soll. Im Hintergrund rechts ist der Wirtschaftsbau zu sehen. Foto: HB
Die Baustelle von der Bahnstraße aus gesehen. Die künftige Logistikhalle wird bereits durch Stützpfeiler markiert. Foto: HB
Schwarze Versorgungstanks am Rande der Baugrube. Foto: HB
