Renovierte Bücherei ist in guten Händen

In der neuen Leseecke der Kinderbücherei auf den Baumscheiben mit dem Wald im Rücken fühlt sich Nelli wohl. Foto: HB

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Die Stadtbücherei setzt sich gut in Szene. Weiße Fassadenelemente umrahmen die beiden Schaufenster und heben sich im Erdgeschoss ab von der sandsteinfarbenen Backsteinmauer des Hauses Bornhohl 4. Hinter den großflächigen Scheiben stehen die Neuheiten, Titel, die aus Bestsellerlisten der Magazine bekannt sind. Aber auch Bücher mit Ratgeberfunktion, mit Anleitungen etwa zum Zeichnen und Malen. Die Dekoration ist für Nicole Kaluza eine Herzensangelegenheit.

Die Leiterin hat momentan das Stricken thematisiert. Sie stellt Nadel und Garn aus, rückt ein Buch mit dem schönen Titel „Kopfsache“, auf dessen Cover zahlreiche Variationen von Strickmützen zu sehen sind, ins rechte Licht. .Schon beim ersten Blick auf das „Kreativfenster“, wie es die Leiterin liebevoll nennt, und auf die picobello sortierten Regale ist klar: Das Reich der Bücher befindet sich in guten Händen.

Es ist ein Nachmittag nach den Weihnachtsferien. Lotta hat gerade einen Stapel CDs für den Büchereifundus vorbeigebracht. Nicole Kaluza bedankt sich mit einem sympathischen Lächeln, und sie sagt, Spenden seien generell hoch willkommen. Für solche Fälle hat sie eine leckere Belohnung in der Schublade. Die 42-Jährige hat nach der Totalrenovierung die Tür wieder aufsperren dürfen. Der Betrieb läuft natürlich unter Corona-Bedingungen. Es besteht Maskenpflicht, und es wird auf Abstand geachtet. Gedränge gibt es ohnehin nicht, denn im Schnitt besuchen an einem Öffnungstag 17 Personen die Bücherei. Dienstags und freitags sind die beliebtesten Tage, weil das Bücherdepot dann jeweil vier Stunden von 15 bis 19 Uhr geöffnet ist . Zwei Honorarkräfte und zwei Ehrenamtliche sind meist am Samstag von 10 bis 12 Uhr im Einsatz. Montags und donnerstags ist die Tür von 15 bis 17 Uhr offen.

Der positive Gesamteindruck verstärkt sich in der Kinder- und Jugendabteilung. Das ganze Haus – zwei Etagen mit insgesamt 160 Quadratmetern – wurde gestrichen. Bei dieser Gelegenheit ist ein Winkel herausgeputzt worden, eine Ecke, in die man sich gerne zurückzieht, um in die herrlichen Geschichten einzutauchen, die Nicole Kaluza im Angebot hat. Die grüne Wand hinter den drei „Baumscheiben“, auf denen man sitzt, hätte man gar nicht dekorieren müssen. Doch Nicole Kaluz hat sie mit Bäumen beklebt, Schleiereule und Eichhörnchen im Geäst platziert und davor Luchs und Fuchs in Positur gesetzt. In dieser Kulisse fällt das Träumen einfach leichter. Ein offener, rotlackierter Schrank komplettiert die Ecke. Sie findet im ersten Stock in einem roten Sessel ihr Pendant, aus dem man mit gerecktem Hals das Naturmauerwerk der 800 Jahre alten St.-Georgs-Kirche sehen kann. Nicole Kaluza wohnt mit der Familie, zu der die 13 und 15 Jahre alten Kinder gehören, seit 2018 in der Brummermannsiedlung. Vor einem Jahr hat sie Elvira Schwintzer abgelöst, Sie arbeitet 21 Stunden pro Woche in der Bücherei, darüber hinaus in einem integrativen Kindergarten in Frankfurt – sie ist gelernte Kinderkrankenschwester. Ihr Bücherei-Job hat ganz unterschiedliche Facetten. In seltenen Fällen muss Ersatz eingefordert werden, wenn die Ausleihe zerfleddert oder verdreckt ist. Ausleihtermine werden kontrolliert, gegebenfalls Mahnbescheide geschrieben. Der Bestand will aktualisiert sein, wobei ein Händler aus Oberursel mithilft, über den der Einkauf läuft. Dabei spielen die Bestsellerlisten eine Rolle, aber genauso die Wünsche der Kunden. Die zehnjährige Nelli fragt nach den Elena-Bänden sechs und sieben, angesagte Pferdestorys aus der Feder der Bad Sodener Autorin Nele Neuhaus. Nicole Kaluza hat sie längst bestellt und erwartet in Kürze die Auslieferung. 3200 Euro darf sie pro Jahr für Medien ausgeben, mehr sieht der städtische Etat nicht vor. Doch zum Glück gibt es den Ein-Euro-Flohmarkt im Keller, dessen Einahmen in die Büchereikasse wandern. In Coro- nazeiten kommt es Nicole Kaluza bestimmt nicht in den Sinn, im Rathaus wegen einer Budgeterhöhung anzuklopfen.

Die Bücherei präsentiert sich auf zwei Etagen. Unten füllen Kinder- und Jugendbücher die Regale. Die Kundschaft mag Fantasybücher, die neue Erlebniswelten vermitteln. Im ersten Stock bedienen sich die Erwachsenen, bei denen Kriminalromane hoch im Kurs stehen. Im Computer sind 470 Personen mit Büchereiausweis registriert .Die Zahl ist konstant, genauso wie die rund 22 000 Medien, die pro Jahr kostenlos ausgeliehen werden. Lesen hat Zukunft.



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