Steinbach. Unscheinbar sieht er aus, der braune Pappkarton, und doch enthält er ein halbes Jahrhundert Vereinsgeschichte des Steinbacher Carnevals Clubs (SCC) in Bildern. Der Vereinsvorsitzende Thomas Kilb, seine Frau Andrea und Elke Wegner lassen aus Anlass des runden Geburtstags die Jahre noch einmal Revue passieren.
„Schau mal, Elke“, sagt Andrea Kilb und hält Elke Wegner ein leicht vergilbtes Bild hin, und sofort haben alle drei etwas zu erzählen.
An den Namen Kilb und Wegner kommt man beim SCC nicht vorbei. Thomas Kilb ist seit 2016 Vereinsvorsitzender, seine Frau Andrea Schriftführerin im Vorstand. Die gemeinsamen Töchter Marina und Selina brachten als Gardemädchen beim SCC auch die Eltern mit dem Fastnachtsvirus in Berührung. Heute trainiert Selina Kilb die Garden und ist zudem auch Pressewartin des Vereins.
Elke Wegner ist seit 49 Jahren beim SCC aktiv. Eine Freundin habe sie damals als 14-Jährige mit zum Verein genommen, erzählt sie. „Ich bin dann mit zum Training gegangen, und als sich eins der Gardemädchen damals die Hand gebrochen hatte, bin ich eingesprungen“, erinnert sie sich, Inzwischen kümmert sie sich seit 33 Jahren als Schatzmeisterin um die Buchhaltung. Kein einfacher Job, denn ähnlich wie Margret Thatcher damals als englische Premierministerin, muss sie auch öfter mal „Nein“ sagen und eventuell aufkommenden Unmut aushalten. Warum sie nach all den Jahren immer noch dabei ist? Auf diese Frage antwortet sie wie aus der Pistole geschossen: „Weil es beim SCC so familiär ist.“ Den Mitgliedern dieses Gefühl zu geben, ist gar nicht so einfach, denn inzwischen ist der SCC auf rund 130 Mitglieder angewachsen. Fast alle sind Aktive, passive Mitglieder gibt es kaum“, weiß Wegner zu berichten.
Dabei hat alles vor einem halben Jahrhundert klein angefangen. Ein faschingsliebendes Örtchen sei Steinbach schon immer gewesen, steht in der Vereinschronik zu lesen. „Große Maskenbälle und Kappenabende von den verschiedensten Steinbacher Vereinen veranstaltet, waren für die Bürger der damals noch kleinen Ortsgemeinde herrlich vergnügliche Abende in prall gefüllten Räumen. Besonders genannt werden sollten hier die Karnevalsitzungen des Gesangvereins ‚Frohsinn‘ als Vorläufer der heutigen Fremdensitzungen des SCC“, schreibt dort Bernd Schildwächter, der von 1995 bis 2004 Präsident des SCC war. In besagter Chronik steht auch, dass der Vereinsring 1968 bereits einen Versuch unternommen hatte, einen Karnevalverein aus der Taufe zu heben, für das Vorhaben jedoch keine Mehrheit fand. Doch vier Jahre später sollte Manfred Hartmann mehr Erfolg haben, als er gemeinsam mit dem Heddernheimer Karnevalverein „Fidele Nassauer“ eine Fremdensitzung im Bürgerhaus organisierte, die so gut ankam, dass einer Vereinsgründung nun nichts mehr im Wege stand. Am 25. Januar 1974 war es so weit. 80 Mitglieder, davon 20 Musiker im Fanfarenzug und etwa 20 Gardemädchen waren eine solide Basis, auf der der SCC aufbauen konnte. Heute gehören die „Marching Drummers“ und nicht weniger als fünf Tanzgruppen zum SCC, darunter das Männerballett „Dicken Dales“ und die Solistin Julina sowie die aus ehemaligen Tänzerinnen bestehende Gruppe „Last Temptation“, die sich 2021 neu gegründet hat. Außerdem hat der Verein viele prominente Mitglieder wie die ehemaligen Bürgermeister Walter Herbst, Peter Frosch und Stefan Naas.
Besondere Titel hat der SCC in den vergangenen 50 Jahren auch verliehen. Da wären die beiden Ehrenpräsidenten Bernd Schildwächter und Gerd Wegner sowie der Ehrensitzungspräsident Klaus Döge, der auch Gründungsmitglied des Vereins war. Einen besonderen Orden hat der SCC natürlich auch zu vergeben – allerdings ist das bisher nur zweimal geschehen. Es handelt sich um die Auszeichnung „Wappenschildträger am blauen Band der Staabacher Bütt“, ein Sonderorden, der 1998 erstmals an Jürgen Banzer und später an Ernst Welteke verliehen wurde.
Ein schwerer Schicksalsschlag war für den Verein, als es bei der SPD-Weiberfastnacht 2013 zu einem Brand im Bürgerhaus kam, bei dem das Gebäude zerstört wurde. „Wir haben damals all unser Equipment verloren“, so Elke Wegner. Für manchen Verein hätte so ein Ereignis das Aus bedeutet. „Nee, grad net!“, sagt Thomas Kilb fast trotzig. „Wir haben damals alles mobilisiert, uns während der Kampagne engagiert und beispielsweise Spenden für die Menschen gesammelt, die im benachbarten Hochhaus von den Flammen betroffen waren und ebenfalls alles verloren haben“, erinnert er sich. Der SCC erfuhr in dieser schweren Zeit aber auch sehr viel Hilfe von befreundeten Vereinen. Oberursels Bürgermeister Hans-Georg Brum beispielsweise organisierte mit dem Vorsitzenden des Oberurseler Karnevalvereins ‚Frohsinn‘, Stephan Remes, dass die Steinbacher Narren ihre Sitzungen im Frohsinn-Vereinsheim feiern können. „Auch die TuS hat uns unter die Arme gegriffen, genauso wie der Sportpark, und so hatten unsere Garden die Chance, weiter zu trainieren“, so Wegner. „Auch bei der Taunus Cargo in Oberursel, der Familie Becker (KV „The Ravens“) konnten wir in der Halle trainieren. Ohne all das wäre es nicht gegangen“, weiß Kilb.
Eine besondere Herausforderung seien auch die beiden Coronajahre gewesen. „Während dieser Zeit haben wir auch viel gemacht“, so Kilb. Umso mehr freut es die SCC-Familie, dass im vergangenen und diesem Jahr die Anmeldungen bei den kleinen Gardemädchengruppen, den „Fillys“ und „Mini-Fillys“ besonders groß war. Die Zukunft sollte dem SCC also keine Sorgen bereiten. „Ich sehe nur die Finanzen kritisch, denn es kommen, wie bei den meisten Vereinen, finanzielle Herausforderungen auf uns zu“, so Schatzmeisterin Elke Wegner. „Die Gema-Gebühren werden immer teurer, die Tanzkostüme verursachen hohe Kosten mit 250 bis 300 Euro pro Kind, das lässt sich mit Mitgliederbeiträgen nicht auffangen. Auch die Orden, die Saalmiete und die Gagen für die Vortragenden müssen bezahlt werden.“ Der Verein hofft daher darauf, Sponsoren zu finden.
!Seinen runden Geburtstag möchte der Verein gebührend feiern. Die Jubiläumssitzung findet am 27. Januar statt. Darüber hinaus wird es einen Festkommers am 27. April geben, zu dem auch befreundete Vereine ihr Kommen angekündigt haben.