„Stadtgespräch“ – es werden täglich mehr

Steinbach (csc). Wenn Simone Horn morgens aufwacht, schnappt sie sich als erstes ihr Handy und ruft die Facebook-Seite „Steinbacher Stadtgespräch“ auf. „Ich muss doch nachsehen, was sich dort in den vergangenen Stunden getan hat“, sagt die Gründerin der Facebook-Gruppe und lacht. Danach informiert sie sich in den Medien, was gerade tagesaktuell ist und ob diese Informationen in das Stadtgespräch passen könnten. Wenn ja, macht Simone Horn einen „Post“. Mein Mann Michael liest morgens am Frühstückstisch die Zeitung, ich nutze lieber das Internet“, verrät sie.

Die 45-Jährige hat zwei Töchter – Maria neun Jahre und Sarah 13 Jahre alt. Ihr quasi drittes Kind ist die Plattform „Steinbacher Stadtgespräch“, die Simone Horn vor fünf Jahren ins Leben gerufen hat. „Die Idee zu der Facebook-Seite entstand aus einer ganz anderen Arbeit heraus“, erzählt sie. 2016 rief die Steinbacherin das „FrauenNetzwerk“ ins Leben, eine Whatsapp-Gruppe, in der sich Frauen aus Steinbach über all das austauschen können, was sie interessiert und ihnen am Herzen liegt. „So kam mir der Gedanke, dass es toll wäre, auch eine solche Plattform zu haben, in der es um das Stadtgeschehen gehen könnte“, erinnert sie sich. Flugs durchsuchte sie daraufhin das Internet, wurde jedoch nicht fündig. „Ich bin sozusagen auf eine Lücke gestoßen und weil ich der Meinung war, dass es sowas einfach geben müsste, habe ich die Seite selbst aufgebaut“, erzählt sie. Hilfe hatte sie dabei von zwei Mitstreiterinnen – Melanie Jell und Martina Schwieger. Die beiden sind inzwischen aus dem Projekt ausgestiegen. Dafür unterstützt Benno Listing seit 2017 als Moderator das Projekt. der 42-jährige Steinbacher war, wie er selbst sagt, relativ früh Mitglied der Stadtgespräch-Gruppe. „Ich habe schon damals Leute, die sehr negativ und einseitig kommentiert haben, versucht durch gezielte Fragen dazu zu bewegen auch mal die andere Seite der Medaille anzuschauen“, erinnert er sich. Das fiel Simone Horn irgendwann auf und so kam die Frage, ob er als Moderator beim Steinbacher Stadtgespräch mitwirken möchte nicht überraschend für Benno Listing. In der offenen Gruppe, bei der sich jeder registrieren kann, wird alles thematisiert, was die Mitglieder umtreibt und das soll auch durch Moderation nicht unterbunden werden. „Ich schreite nur ein, wenn extreme Ansichten geäußert werden. Man könnte sagen, ich bin so etwas wie eine diplomatische Institution“, scherzt Listing.

Auf der Seite postet die Freiwillige Feuerwehr regelmäßig Informationen, finden verschwundene Haustiere wieder zurück zu ihren Besitzern und wird auch über das neue Radverkehrskonzept der Stadt gesprochen. Gerade jetzt, während des Ukrainekrieges, dient die Plattform als Informationsquelle dafür, wo und wie man helfen kann. Simone Horn ist es wichtig, dass ihre Mitmenschen sich schnell miteinander vernetzen können. “Allerdings soll das Stadtgespräch ein neutraler Ort bleiben, das heißt kommunalpolitische Slogans haben hier nichts verloren“, findet Simone Horn, die selbst politisch aktiv und seit 2017 Stadtverordnete der FDP ist. Auch hier erfüllt Benno Listing als Moderator eine wichtige Aufgabe. Rund 2700 Mitlieder hat die Gruppe bereits und es werden täglich mehr. Erreicht hat Simone Horn diese beeindruckende Zahl durch reine Mund-zu-Mund-Propaganda. Einige Gruppenmitglieder sind sogar ehemalige Steinbacher, die inzwischen andernorts leben und auf diese Weise weiterhin am Stadtgeschehen teilnehmen können. Aber auch Bürgermeister Steffen Bonk ist beispielsweise Gruppenmitglied.

Wie viele Stunden in der Woche die Angestellte in einem pädagogischen Verlag für die Arbeit als Administratorin investiert, weiß sie selbst nicht zu sagen. „Es kommt schon einiges zusammen, aber es macht mir solchen Spaß, dass es mir nicht wie Arbeit erscheint“, gibt sie zu. Auch Fake-Accounts mit Werbung haben bei Simone Horn keine Chance. „Ich zensiere allerdings nicht viel, weil wir hier die Meinungsfreiheit respektieren“, erklärt die 45-Jährige. Zum Glück müsse sie aber nicht oft einschreiten.

„Die Lieblingsthemen der Nutzer sind Parkplätze, Geschwindkeitskontrollen und damit verbundene Knöllchen und das Thema Müll“, weiß sie. Jedesmal, wenn das Stadtgespräch dazu beitragen konnte, dass ein Problem gelöst oder eine ernste Geschichte gut ausgegangen ist, freut sich die 45-Jährige. Jüngst geschehen, als ein im Bus vergessener Stoffhase wieder zu seiner kleinen Besitzerin zurückfinden konnte. So eine Geschichte scheint banal, aber wer Kinder hat weiß, was ein verlorenes Lieblingskuscheltier für ein Drama auslösen kann.

Sind ein eingespieltes Team: Simone Horn und Benno Listing engagieren sich für die Facebook-Gruppe Steinbacher Stadtgespräch. Foto: Privat



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