Aufbruchstimmung beim Erntedankmarkt

Omas Eierlikör und Wildkräuteröl. Andreas Härtel aus Wehrheim war einer von vielen Händlern, die Selbstgemachtes auf dem Erntedankmarkt anboten. Foto: a.ber

Von Astrid Bergner

Bad Homburg. Farbenfroh, sonnenverwöhnt und gut besucht. Der erste Erntedankmarkt seit Beginn der Pandemie bescherte den Besuchern ein genuss- und abwechslungsreiches Wochenende.

Die einen hatten es sich auf Palletten-Bänken mit einem „Hessisch-HotDog“ bequem gemacht, andere tranken an Stehtischen auf dem Marktplatz selbstgekelterten Apfelsaft, vor dem Kurhaus saßen Familien mit Kind und Kegel auf Bierbänken beim Brunnen und ließen sich Crepes und Schmalzbrote schmecken: Die schöne Herbstsonne tat das ihre, um den Bad Homburger Erntedankmarkt der Aktionsgemeinschaft zu einem Erfolg zu machen. Wenn auch der Verein der Gewerbetreibenden in diesem Jahr wegen der Pandemie-Lage beschlossen hatte, die Anzahl der Marktkstände so zu reduzieren, dass jeder Händler wenigstens an einem der beiden Tage zum Zuge kam, um allzu großes Gedränge entlang der Louisenstraße zu vermeiden, freuten sich doch alle Akteure und Besucher, dass der traditionsreiche Erntedankmarkt stattfinden konnte. Besonders die Kinder liefen eifrig von Stand zu Stand, steckten ihre Nasen in Kistchen mit selbstgemachten Seifen, schnupperten an Duftkugeln und die Wahl zwischen verschiedenen goldigen Filz-Tierchen und Filz-Blumen fiel ihnen schwer – eigentlich wollten sie am liebsten alle kaufen.

Eberhard Schmidt-Gronenberg, Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft und trotz der schwierigen Zeit, die Einzelhändler und Gastronomen während der letzten anderthalb Jahre durchmachen mussten, stets positiv denkend, freute sich über den lebhaften Andrang an den beiden Markttagen und die vielen phantasiereichen und regionalen Produkte, die Händler aus dem ganzen Hochtaunuskreis und von weiter her feilboten. Man hatte sich entschlossen, den Sonntag als verkaufsoffenen Tag auszurufen. „Es gibt jetzt eine Aufbruchsstimmung, weil die Geschäfte sich langsam wieder auf ihr ursprüngliches Niveau zurückentwickeln. Natürlich tragen wir alle weiter an unseren Päckchen, die uns Corona und die Verordnungen der Regierungen auferlegt haben, aber die Tragfähigkeit des Einzelhandels in Bad Homburg ist höher als gedacht“, sagte Schmidt-Gronenberg, der Inhaber eines Bekleidungshauses in der Innenstadt ist. Das Einkaufen in einer Stadt von der Größe Bad Homburgs biete genug Sicherheit; Hygiene-Maßnahmen und die Vernunft der Bürger sorgten dafür, dass der Standort Innenstadt jetzt zum Anziehungspunkt werde. „Eine 3G-Regelung in den Geschäften brauchen wir nicht“, betonte der Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft. Da läge der Ball derzeit nur bei den Gastronomen, die das für sich und ihren Betrieb entscheiden müssten.

Profit im Sonnenschein

Die Restaurants und Cafés entlang der Fußgängerzone jedenfalls profitierten an diesem sonnigen Oktober-Wochenende auch vom Erntedankmarkt: An liebevoll mit Sonnenblumen und Früchten geschmückten Tischen ließen es sich die Homburger und Gäste aus dem ganzen Hochtaunuskreis gut gehen. Wer lieber herumschlenderte, regionale Produkte naschen und probieren wollte, fand ein reiches Angebot: „Veggie, bio, handmade“ hieß es am Stand von Andreas Härtel aus Wehrheim, der einen Shot von Omas Eierlikör, und Quittenbrot über den Ladentisch reichte; so manche Flasche veganen, selbstgemachten Sirups, Wildkräuteröls und Lavendel-Essigs wechselte den Besitzer, Schmalzbrote gab’s auch dazu. Am Bratwurst-Wagen vor dem Kurhaus, wo die Flasche Hand-Desinfektionsmittel und der Ketchup einträchtig nebeneinander standen, bildeten sich Schlangen, während Songs von „Abba“ aus dem Lautsprecher tönten und zwei lustige Musikanten in bunten Kostümen zwischen den Menschen herumkurvten. Den Marktwagen aus dem Vogelsberg umwehte ein würziger Duft von Landbrot aus Natur-Sauerteig und Ahler Worscht. Und während manche Marktbesucher die bunte Keramik aus Tunesien anzog, kauften andere kleine herbstliche Blumensträußchen, frische Spinat-Käse-Bratwurst oder Handkäs-Kringel, die der Odenwälder Bauer mit einem Schild bewarb „Zum Naschen! Achtung! Erhöhte Suchtgefahr!“

Ein Bienenvolk hinter Glas zog Groß und Klein an: Neben dem Stand mit Honigkerzen konnte man den fleißigen Arbeiterinnen zugucken und auf einer Tafel über „die verschiedenen Berufe im Leben einer Honigbiene“ nachlesen. Kunstwerke und Praktisches aus Leder und Papier, gewürfelte und gestreifte Küchentücher im alten Stil und Seife „mit 12 Prozent Überfettung“ – in diesen Zeiten des ständigen Händewaschens sicher nicht verkehrt – fanden ihre Käufer. Und nicht nur der Austausch von Ware und Geld lief gut, sondern auch der menschliche Austausch zwischen Händlern und Besuchern des Erntedankmarkts. So wie etwa am Stand von Imker Ullrich aus Neulussheim, der geduldig über den Beruf des Imkers, den Nachwuchsmangel seiner Branche in Deutschland und den bedauernswerten Zustand vieler Tannenwälder, weswegen er mit seinen Bienenvölkern oft in noch intakte Schonungen im Odenwald und Schwarzwald fahren müsse, um den leckeren Tannenhonig zu gewinnen, informierte Wie die Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld ihren Apfelsaft herstellt? Die Besucher erfuhren viel über heimische Produktion von Lebensmitteln, und mancher ging mit gut gefüllter Einkaufstasche nach Hause.

Sonnenschein, Dank und Lob: Mehr als 200 Menschen feiern den traditionellen Ökumenischen Erntedankgottesdienst am Kurhaus, den Pfarrer Andreas Hannemann von der evangelischen Erlöserkirchengemeinde (Foto) und Pfarrer Werner Meuer von der katholischen Gemeinde St. Marien gemeinsam mit der Aktionsgemeinschaft der Gewerbetreibenden Bad Homburg ausrichten. Foto: a.ber

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