Beethovens „Große Fuge“ als Kontrast zu Mozart

Bad Homburg (ks). Das zwischen „energischer Musikalität und sanglicher Melodik“ pendelnde Divertimento D-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart stand am Anfang des 3. Orchesterkonzerts in der Schlosskirche, das vom Folkwang Kammerorchester Essen unter Leitung seines engagierten Dirigenten Johannes Klumpp gestaltet wurde. Wie der Name sagt, sollte das kleine Werk zur Unterhaltung der Gäste beitragen. Eine eher leichtfüßige Kost, bei der die Violinen die Führung übernehmen dürfen, während die dunkleren Stimmen der Bratschen und Celli als Begleitung fungieren. Das kleine Werk endet in einem tänzerischen Finale, das nicht ahnen ließ, was dem Auditorium mit Beethovens „Großer Fuge“ bevorstand.

Ursprünglich als Finalsatz eines Streichquartetts konzipiert, wurde dieser sechste Satz vom Publikum als zu konstruiert und anspruchsvoll abgelehnt. Beethoven machte daraus ein eigenes Werk, eben die „Große Fuge“ mit der Opusnummer 133. Welch ein Kontrast nach Mozart! Und wie gut, dass Johannes Klumpp eine Einführung gab, bei der er die einzelnen Themen summend vorstellte. Er habe sich lange mit dem Werk beschäftigt, sagte er und machte aus seiner Begeisterung keinen Hehl. Er sprach von einer „Urmonade“, die ein ganzes Universum entstehen lasse und bei der die Lust am Tanzen und zu Freudensprünge zu spüren sei. Klumpp räumte aber auch ein, dass man das Werk nicht erfassen könne, wenn man es zum ersten Mal hört. Beethoven „verfremdet“ sich selbst so weit, dass sich sogar ausgewiesene Kenner und Fans verwundert fragen, ob das Werk wirklich von ihm stammt. Es ist so „modern“, als sei ein von zunehmender Taubheit geplagter Komponist seiner Zeit vorausgeeilt, als höre er bereits die Klänge einer neuen Zeit. Nach diesem vom Orchester eindrucksvoll und engagiert dargebotenen Werk war die Pause willkommen, ehe der Abend mit dem Konzert für Klavier und Orchester in G-Dur ausklang.

Hier konnte die junge Pianistin Nadezda Pisareva ihre technische Brillanz und ihr Einfühlungsvermögen beweisen und mit perlenden, geschmeidigen Läufen punkten, denen der Blick kaum folgen konnte. Neu war, dass das Konzert ohne Vorspiel des Orchesters mit einem Solo anfängt. Das hatte es noch nie gegeben.

Sanft und lyrisch

Beethovens Ziel war es, Orchester und Solist nicht nur als gleichberechtigte Partner zu würdigen, sondern zu einer Einheit zu verschmelzen. Das hat auch einen Kollegen wie Robert Schumann beeindruckt, der dieses Werk „Beethovens vielleicht größtes Klavierkonzert“ nannte. Beethoven lässt deutlich erkennen, wie er sich ein „klassisches Instrumentalkonzert“ vorstellt: Das Orchester sorgt für eine energisch-düstere Stimmung in tiefer Lage, während das Klavier sanft und lyrisch dagegen hält. Während die meisten Konzertbesucher im ausverkauften Haus von der Pianistin begeistert waren, konnte sie einige Zuhörerinnen nicht vollends überzeugen. „Uns hat die Wärme gefehlt; der Funke ist nicht übergesprungen“, sagten sie. Aber „allen Menschen wohlgetan ist eine Kunst, die niemand kann“. Der Beifall am Ende war anhaltend lang und herzlich und wurde mit einer Zugabe von Rameau belohnt.

Zu Ehren der Jubiläumssaison 2019/20 hatte Axel Vedder vom Stiftungsrat die Zuhörer begrüßt und seine Würdigung der Stifter und Förderer mit dem Wunsch verbunden, die Konzerte im Schloss auch weiterhin zu unterstützen. Oberbürgermeister Alexander Hetjes bestätigte in seinem Grußwort, dass auch die Stadt künftig ein Scherflein zu diesen frei organisierten Veranstaltungen beitragen werde.



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