Digitale Technologie im alten Gemäuer

Das Mehrgenerationen-Projekt Oberhof nimmt Formen an. Hinter der weit geöffneten Tür im Nordflügel öffnet jetzt das Jugendzentrum Ober-Erlenbach direkt neben der „Open Library“. Darüber freuen sich Sozialdezernentin Lucia Lewalter-Schoor (l.), Oberbürgermeister Alexander Hetjes (Mitte) und das JUZ-Team (l.). Kurdirektor Holger Reuter (Mitte, r.) nutzt die Chance, mit Steffi Kürten und Nina Gerlach (r.) das Programm der Jazz-Tage vorzustellen. Foto: Streicher

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. Das Leben im neuen Oberhof nimmt mehr und mehr Strukturen und neue Formen an. Der Traum vom Lebensraum auf der einstigen Staatsdomäne mit denkmalgeschützter Hofanlage im Ortsteil Ober-Erlenbach hat im zehnten Jahr nach dem Ankauf des Geländes durch die Stadt als Projekt weiter Fahrt aufgenommen. Mitte der Woche wurde die neue Stadtteilbücherei vorgestellt, so gut wie fertig ist das Jugendzentrum für den Ortsteil, mit Spannung wird auf die geplante Restauration gewartet.

Es passt zur in all den Jahren stets verfolgten Idee vom Mehrgenerationenprojekt, dass nun die Jugend Einzug hält. Auf drei Ebenen mit Übergang in die benachbarte Zweigstelle der Stadtbibliothek im hübsch sanierten Nordflügel. Die Stadtteilbücherei für alle Generationen verfügt nun über die dreifache Fläche und kann ihre Öffnungszeiten von acht auf 28,5 Stunden sogar um mehr als das Dreifache erweitern. Als „Quantensprung“ empfindet das Oberbürgermeister Alexander Hetjes, denn das „Schmuckkästchen“ bekommt noch ein besonderes Merkmal, dem Zeitgeist entsprechend mit einem englischen Begriff versehen: die 300 Quadratmeter für aktuell 10 227 Medien firmieren nun als „Open Library“, die erste ihrer Art in einer öffentlichen Bibliothek in Hessen. Dazu braucht es digitale Technologie, sie ist reichlich eingebaut im nun gemischten Ensemble, dessen Urmauern aus dem 18. Jahrhundert stammen.

Idee aus Dänemark

Das Jugendzentrum (JUZ) würde keiner besuchen, wenn sie nicht vorhanden wäre, die Open Library braucht sie für die Regelung des Zugangs zur Bibliothek und die Ausleihe. Klaus Strohmenger, der Leiter der Stadtbibliothek, hat die Idee aus Dänemark mitgebracht, um das Konzept in Ober-Erlenbach umzusetzen. „Das passt, in Skandinavien sammelt man im ländlichen Raum bereits seit gut 20 Jahren gute Erfahrungen mit diesem Prinzip“, so Strohmenger, „die dörfliche Umgebung in Erlenbach“ passe dazu. Gemeint ist etwa die soziale Kontrolle im Dorf, denn in die offene Bibliothek kann man mit Ausweis gehen, auch wenn sonst keiner drin ist. Ein Automat im Eingangsbereich nimmt zuvor ausgeliehene Medien zurück, im Obergeschoss finden sich neben Bücherregalen, Medientrögen und einem Online-Katalog auch ein „Selbstverbucher“, mit dem die Nutzer die gewünschten Medien auch ohne die bisher übliche Unterstützung und Hilfe von Irina Resch ausleihen können. Ein bisschen überwacht von Kameras in den Bibliotheksräumen, das soll vor Vandalismus und Diebstahl schützen. Alexander Budjan, Leiter der Hessischen Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken unter dem Dach der Hochschule RheinMain, nennt „Open Library“ ein „herausragendes Projekt“ mit „Leuchtturm-Qualität“ und hofft auf Nachahmer im Hessenland. Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst in Wiesbaden hat die Umsetzung der Idee mit 70 000 Euro gefördert, ihre Bedeutung für das Bundesland Hessen werde damit auch „finanziell augenscheinlich“, so Budjan, der zum Termin am Ort gekommen war. Die Erweiterung der Öffnungszeiten ohne Personalbesetzung soll stufenweise erfolgen, wenn die Technik ordnungsgemäß funktioniert und sich das System auch bei der geneigten Kundschaft eingespielt hat.

Im Jugendzentrum im Seitengebäude sind noch kleinere Arbeiten zu erledigen, es wäre aber bereits nutzbar. Ein feiner Billardtisch und ein Tischkicker stehen bereit, zwei Playstation-Ankerplätze warten auf Zocker, ein Werk- und Bewegungsraum im Obergeschoss könnte genutzt werden. Das neue JUZ kämpft aber noch mit den Einschränkungen der Corona-Pandemie. Geht sie vorbei, soll an das alte zeitliche Konzept mit Öffnungszeiten von 16 bis 20 Uhr angeknüpft werden. Mit offener Jugendarbeit, niederschwelligem Angebot, Aktionen, Ausflügen und Ferienfreizeiten. Für das erste Projekt ist das Modell in Papier bereits vorhanden, Jugendbetreuer Gero Wittig will mit den Jugendlichen dann eine neue Bar fürs neue JUZ bauen. Am Samstag wird ab 10.30 Uhr Eröffnung gefeiert im neuen Oberhof.

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