Bad Homburg (abv). Mit Fug und Recht konnte man beim zweiten Orchesterkonzert der Saison der Bad Homburger Schlosskonzerte von einem klassischen Konzert sprechen. Drei Komponisten des 18. Jahrhunderts standen auf dem Programm und versprachen nach der Papierform Gewohntes. Aber auch dieses Konzert war voller spannender Momente.
Schon zu Beginn erklang mit der Sinfonie d-Moll op. 15 Nr. 3 von Carl Stamitz, einem Komponisten am Mannheimer Hof, eine Sinfonie, die zwar aus den 60er-Jahren des 18. Jahrhunderts stammt, aber sehr selten im Konzertsaal zu hören ist. Denn Cornelius Frowein, Gründer und Dirigent der „Sinfonietta Köln“, das Orchester an diesem Konzertabend, hat die Partitur eigenhändig aus einer Handschrift editiert und somit für das Publikum zugänglich gemacht. Zupackend gestaltete das Kammerorchester aus Köln die Rahmensätze, die voller „Mannheimer Manieren“ steckten. Vom „Mannheimer Vögelchen“, eine Verzierung in den Geigen, die nach einem „Singvogel-Tirili“ klingt bis zur „Mannheimer Rakete“, virtuosen aufwärtsgerichteten Läufen des ganzen Orchesters, oder der berühmten „Mannheimer Walze“, eine Steigerungsform, in der leise in wenigen Stimmen begonnen wird und immer mehr Instrumente, insbesondere die Bläser, hinzukommen. Staunen und anerkennendes Nicken im Publikum für dieses „neue“ Werk.
Höhepunkt des Abends war Wolfgang Amadeus Mozarts Violinkonzert Nr. 4 KV 218 in D-Dur. Die Solistin an der Violine, Anne Sophie Luong, die gerade ihren 19. Geburtstag gefeiert hat, betrat in einem goldenen Kleid die Bühne in der Schlosskirche. Als Stipendiatin der Stiftung Bad Homburger Schlosskonzerte debütierte die hochbegabte junge Musikerin an diesem Abend mit einem Profiorchester. Präzise und durchaus selbstbewusst kamen die ersten Einsätze, wobei vereinzelt leichte Intonationstrübungen wahrzunehmen waren. Mit zunehmender Konzertdauer verflog die Aufregung, und man merkte, wie sich Spielfreude und die Lust am Musizieren verbreiteten. Spätestens im zweiten Satz wurde deutlich, dass Anne Sophie Luong, die in diesem Jahr ihr Abitur absolvierte und erst vor acht Wochen mit ihrem Studium begann, eine klare Vorstellung hatte, wie Mozart klingen soll. Mit wunderschönem Ton gestaltete sie den ersten Einsatz und verschmolz mit dem Orchester zu einer Einheit, die bis zum Ende des Konzerts bestand haben sollte. Im letzten Satz, einem Rondo, gelangen den Musizierenden die Solo-Tutti-Wechsel wie aus einem Guss. Noch eine virtuose Kadenz der Solistin, ein letztes Wiederkehren des Ritornells und dann es geschafft. Aufbrandender langer Applaus und das glückliche Gesicht einer jungen Musikerin, die ab diesem Moment zum Konzertleben dazugehört, entlassen die begeisterten Konzertgäste in die Pause.
Mit Joseph Haydns „Trauersinfonie“, der Nr. 44, kam der dritte Klassiker nach der Pause zu „Wort“. Vorab, in dieser Sinfonie ist wenig traurig. Interessanterweise komponiert Haydn diesen „Affekt“ in den Tanzsatz, den zweiten mit Menuetto überschriebenen Satz. Zum einen erwecken im alten Stil kontrapunktisch angelegte Melodien diese Anmutung von Traurigkeit und zum anderen die punktierten „Herzschlagrhythmen“, die viele Komponisten verwenden, wenn es dramatisch, düster werden soll. Cornelius Frowein, der sich schon Ende der 1980er-Jahre mit historischer Aufführungspraxis beschäftigt, leitete sein Orchester stilsicher durch die Sinfonie, die, typisch für Haydnsinfonien, zahlreiche überraschende Passagen barg. Den höchst virtuosen letzten Satz bejubelten die Zuhörer und erklatschten sich zwei Zugaben aus einer frühen Sinfonie von Wolfgang Amadeus Mozart.