Bad Homburg (fch). Es war spannend, aufregend und hat vor allem Spaß gemacht. Dadurch spielte das Regenwetter in der zweiten Herbstferienwoche für die 50 Mädchen und Jungen keine Rolle. Für Spiel, Spaß und Action sorgte im Rahmen der Ferienspiele ein spannendes Theaterprojekt von „Andersland Humor & More“ aus Büdingen. Hinter dem 1989 gegründeten Theater und der Künstleragentur Andersland stehen Gerdi, Merlin und Didi Iffland. Das Trio entwickelt und realisiert seit vielen Jahren kreative Stücke für die Stadt Bad Homburg.
In diesen Herbstferien standen den Sechs- bis Elfjährigen neben dem Trio noch weitere Profis mit Tipps und Tricks für eine gelungene Aufführung samt Kunstausstellung zur Seite. Es waren zum einen der Theaterpädagoge Oliver Becker. Zum anderen wurde das Quartett von Schauspielerin Ines Wittig, Erzieher Julian Juraschek sowie Bühnenkünstler und Akrobat Leo Rauch unterstützt. Sie hatten sich für ihre jungen Schauspieler und Sänger etwas ganz Besonderes ausgedacht. Basierend auf dem 1973 von Michael Ende geschriebenen und illustrierten Märchen-Roman „Momo oder: Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte“ entwickelten sie ein „Stück ohne Titel“. Das hatte drei Akte. Zudem basierte „jede Szene auf der Eingangsszene, die sich durch den Gebrauch des Zeit-Diebes veränderte“.
Zusätzlichen Pep erhielt die Handlung durch die vielstimmige Interpretation des Liedes „Astronaut“ von Sido und den megastarken Break-Dance-Auftritt eines Jungen. Die kleine Heldin im Theaterstück hieß nicht Momo, sondern Lea. Die Kurstädterin kämpfte nicht gegen ein Heer glatzköpfiger, grauer Herren, welche es auf die kostbare Lebenszeit der Menschen abgesehen haben. Sondern sie besaß als erstes der Kinder ein eigenes Handy. Das erwies sich im Laufe der Handlung als perfekter Zeiträuber. Hatten zuvor noch alle Kinder miteinander gespielt, geredet und anfangs Leas Besitz interessiert bestaunt, so veränderte und verfinsterte sich die Stimmung zusehends. Je mehr Kinder ein Handy erhielten, desto weniger machten sie mit anderen Kindern. Die Gemeinschaft der Kinder verstummte und zerbrach.
Das minimalistische, schwarze Bühnenbild und Papphandys als einzige Requisiten verstärkten die gespenstische Szenerie. Handys und Digitalisierung hatten die Rollen und Aufgaben der „grauen Herrn“ übernommen. Zum ersten Mal setzten die Profis mit den Kindern eine neue Probenform um. „Die Kinder probten nicht mehr in einzelnen Gruppen, sondern zwei Stunden lang gemeinsam auf der Bühne. Das hat super geklappt, alle waren voller Konzentration und Spaß dabei“, schwärmte Oliver Becker.
Eingebunden waren die Proben in einen ganztägigen Ablauf, zu dem ein Waldspaziergang gehörte. „Wir haben den Kindern nach dem gemeinsamen Essen jeden Tag ein Kapitel aus ‚Momo‘ vorgelesen. Im Anschluss gab es zehn Minuten Zeit zum Malen“, berichtete Regisseur Becker. Dabei sollten die Kinder malend und bastelnd die Fragen beantworten „Wie würdest du deine Zeit gestalten, wenn du kein Handy hättest?“ und „Was ist gut am Handy?“ Die Ergebnisse in Form von Figuren und Bildern waren bei der Vernissage aus Anlass der Premiere am Freitag im Peter-Schall-Haus zu sehen. Nicht nur die Kinder, sondern auch die Zuschauer wurden mit dem Theaterstück angeregt, sich Gedanken über das Geschenk „Zeit“ und deren Verwaltung zu machen, die in den Händen jedes Einzelnen liegt.