Bad Homburg (jas). Über 15 Monate herrschte in der Kurstadt fast komplettes kulturelles Schweigen. Mit umso größerer Vorfreude und Erleichterung kündigte Oberbürgermeister Alexander Hetjes jetzt das Ende dieser Corona-Durststrecke und die Rückkehr der Poesie auf die städtischen Bühnen mit dem Bad Homburger Poesie- und Literaturfestival im Herbst an. Geboten werde eine „Melange aus den Jahren 2020 und 2021“, ein doppeltes Festival sozusagen mit einer Vielzahl von Top-Stars.
„Danke, dass ihr durchgehalten habt“, rief der Rathauschef nicht nur dem künstlerischen Leiter des Festivals, Bernd Hoffmann, und seinem Kompagnon, Hermjo Klein von der Agentur A. C. T. Artist Agency, sondern auch Kurdirektor Holger Reuter zu. Auch der zeigte sich überglücklich. Seit Monaten arbeite man am kulturellen Re-Start in der Kurstadt, permanent werden Pläne an aktuelle Corona-Vorgaben angepasst, „eine große Kraftanstrengung für das ganze Team“.
„Ich freue mich unglaublich, dass wir wieder loslegen können“, sagte Hermjo Klein bei der Pressekonferenz im Hotel Steigenberger, an der – ebenfalls Corona geschuldet – nur einige wenige Literaturbegeisterte und Pressevertreter teilnehmen konnten. Sein Dank ging vor allem an die Stadt, die trotz der schwierigen Situation stets unterstützte und an den Poesie-Festival-Plänen festhielt. „Ich habe noch nie eine Stadt wie Bad Homburg erlebt, die so engagiert den roten Teppich für Künstler und Kultur auslegt.“ Die Stadt habe ihm immer das Gefühl gegeben, dass „sie bei uns ist. Das hat mir Zuversicht gegeben.“ Dabei hatten die Festival-Macher gerade diese Zuversicht zwischendurch fast verloren: „Wir haben das Festival in den vergangenen Monaten dreimal komplett aufgerissen und wieder verworfen“, erinnerte Hoffmann. Ein dickes Dankeschön schickte Stefan Burger von der Künstleragentur A. C. T. nicht nur an die Künstler, die zum größten Teil an ihren Zusagen für Bad Homburg festhielten, sondern auch an den Sponsoren Taunus Sparkasse und vor allem an das Publikum. „Es wurden nur ganz wenige bereits gekaufte Karten zurückgegeben. Eine tolle Unterstützung für uns!“
Daher steht dem 11. und 12. Bad Homburger Poesie- und Literaturfestival nun nichts mehr im Wege, vorausgesetzt, die Inzidenzzahlen bleiben auf niedrigem Niveau. Hoffmann jedenfalls ist zuversichtlich und gibt sich kämpferisch: „Wir müssen endlich rauskommen aus der Vollkasko-Mentalität.“ Und so hat er sich für den Start seines Festivals am Montag, 4. Oktober, um 20 Uhr im Speicher des Kulturbahnhofs einen ganz besonderen Gast eingeladen. Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke liest aus „Das Gold von Caxamalca“ von Jakob Wassermann. Als „idealen Sprecher“ für die spannende historische Novelle preist Hoffmann Jaenicke an. Karten für den Abend kosten 49 Euro.
Einen Tag darauf, am Dienstag, 5. Oktober, um 19.30 Uhr ist die Fernsehjournalistin Katty Salié zu Gast in Bad Homburg. Für ihr Lese-Debüt hat sie die aufsehenerregende Zukunftsrede ihres im Jahr 2016 verstorbenen Kollegen Roger Willemsen gewählt. Der Eintritt für die Lesung im Festsaal des Hotels Steigenberger kostet 39 Euro. Den charismatischen Vorleser Max Moor, der in Bad Homburg bereits ein Altbekannter ist, kann das Poesiefestival-Publikum am Donnerstag, 7.Oktober, um 19.30 Uhr in der St.-Marien-Kirche erleben. In Giovanni Guareschis „Don Camillo und Peppone“ lässt Moor die streitbaren Protagonisten, den liebenswerten italienischen Dorfpfarrer Don Camillo und seinen Widersacher, den kommunistischen Bürgermeister Peppone, in spannenden Episoden und Dialogen auferstehen. Der Eintritt kostet zwischen zwölf und 44 Euro.
Bereits ausverkauft ist die Lesung, die am Sonntag, 10. Oktober, um 12 Uhr in der Spielbank stattfindet. Der Berliner Schauspieler Peter Kurth liest aus „Das Lächeln am Fuße der Leiter“ von Henry Miller. Dabei schlüpft er in die Rolle des Clowns August, der auf der Suche nach sich selbst und nach dem Sinn des Lebens ist. Musikalisch umrahmt wird die Lesung mit Musette- und Tangoklängen. Eintritt: 44 Euro.
Einem Grusel-Klassiker widmet sich Schauspieler Matthias Matschke am Dienstag, 12. Oktober, um 20 Uhr im Güterbahnhof. Auf dem Programm steht Mary Shelleys vielfach verfilmter Roman „Frankenstein“. Musikerin Vivi Vassileva wird die Lesung auf Marimba und mit Percussion in Szene setzen. Der Eintritt kostet zwischen 35 und 50 Euro.
Als „einen Höhepunkt“ des Festivals kündigt Hoffmann die Lesung mit Benno Fürmann und Sabin Tambrea an. Das Duo liest am Samstag, 16. Oktober, um 20 Uhr im Kurtheater aus „Der große Gatsby“ von F. Scott Fitzgerald – ein Meisterwerk der amerikanischen Moderne. Musikalisch begleitet der britische Sänger Alexander Stewart. Zum ersten Mal überhaupt wird ein Livestream angeboten, um Kultur auch auf der heimischen Couch genießen zu können. „Hier wird es reduzierte Tickets geben. Es ist ein Versuch, ob es ankommt“, sagt Klein. Wer im Kurtheater Platz nimmt, zahlt zwischen 25 und 57 Euro.
Inszeniert mit Scherenschnittbildern wird die Lesung, zu der Andrea Sawatzki und Christian Berkel am Sonntag, 17. Oktober, um 17 Uhr Gäste im Kurtheater begrüßen. Das Ehepaar liest „Die Schöne und das Tier“ und andere Märchen. Ein Quintett des HR-Sinfonieorchesters gibt dazu filmreife Intermezzi. Eintritt: zwischen 50 und 57 Euro. Keine Karten mehr sind für die Lesung mit Marie Bäumer am Sonntag, 24. Oktober, um 19.30 Uhr in der Villa Wertheimber zu haben. Die Schauspielerin liest im eleganten Ambiente der Villa aus Anton Tschechows „Die Dame mit dem Hündchen“. Begleitet wird sie von Harfenistin Anne-Sophie Bertrand. Nur noch Resttickets sind für den Auftritt von Ben Becker am Donnerstag, 4. November, um 19.30 Uhr in der Erlöserkirche zu haben. Mitbringen wird der Berliner die von ihm selbst konzipierte Solo-Performance „Ich, Judas“, die im Berliner Dom vielfach ausverkauft war. Karten für den Abend kosten zwischen 20 und 58 Euro. Für die traditionelle Weihnachtsveranstaltung konnte Hoffmann Michael Mendl gewinnen. Er liest am Samstag, 4. Dezember, um 18 Uhr in der St.-Marien-Kirche aus „Weihnachten bei den Buddenbrooks“ von Thomas Mann sowie Gedichte und Prosa von Rilke und Eichendorff. A-cappella-Gesang wird vom 20-köpfigen Frauenchor der „Pfälzischen Kurrende“ dargeboten. Eintritt: 39 Euro.
Erst im kommenden Jahr wird man Bergdoktor Hans Sigl erleben können. „Wir haben die Veranstaltung retten können“, freut sich Hoffmann, denn Sigl gehört zu den Publikumslieblingen in Bad Homburg. Der Österreicher liest am Freitag, 1. April, um 20 Uhr im Kurtheater aus Thomas Manns „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“. Pianistin Katharina Königsfeld schafft dazu mit ihren Kollegen an Cello und Violine eine schillernde Kino-Atmosphäre. Eintritt: zwischen 25 und 57 Euro.
Einen Ausblick auf das 13. Poesie- und Literaturfestival, das vom 25. Mai bis 16. Juni 2022 stattfinden soll, wirft die bereits fest im Programm verankerte Lesung mit Ulrich Tukur und den „Rhythmus Boys“ mit dem Programm „Rhythmus in Dosen“ am 16. Juni um 20 Uhr im Kurtheater. Tickets für diesen Auftritt sind derzeit noch nicht zu haben.
Wie gewohnt werden alle Lesungen des 11. und 12. Bad Homburger Poesie- und Literaturfestivals von passender Live-Musik begleitet, und die Stars stehen im Anschluss an ihre Lesungen bereit, um Autogramme zu geben. Bereits gekaufte Tickets für die Veranstaltungen des 11. Festivals 2020 behalten ihre Gültigkeit für die Nachholtermine.
Die Karten können aber auch an den Vorverkaufsstellen, an denen sie gekauft wurden, zurückgegeben werden: Tourist Info + Service im Kurhaus, Telefon 06172-1783710, E-Mail: tourist-info[at]kuk.bad-homburg[dot]de, oder Frankfurt Ticket, Telefon 069-1340400 oder im Internet unter www.frankfurt-ticket.de. Schüler und Studenten erhalten fünf Euro Ermäßigung. Für die neuen Veranstaltungen des 12. Festivals 2021 wird es ein reduziertes, coronagerechtes Kartenangebot im Vorverkauf geben.
Bereits ausverkauft sind die Lesungen von Marie Bäumer und Peter Kurth, Restkarten gibt es für den Abend mit Ben Becker. Abgesagt werden müssen die Lesungen mit Nina Hoss und Volker Bruch. Informationen zum Festival sowie zum Kartenvorverkauf gibt es im Internet unter www.bad-homburger-poesie-und-literaturfestival.com.
Er macht den Auftakt: Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke. Foto: privat
Bereits ausverkauft ist die Tschechow-Lesung mit Schauspielerin Marie Bäumer in der Villa Wertheimber.Foto: Sven Simon/Volker Essler
Benno Fürmann liest zusammen mit Sabin Tambrea. Foto: Anja Limbrunner